Es ist schon ziemlich fies: Man ist im Urlaub und will sich erholen und zu Hause kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis während der Abwesenheit des Arbeitnehmers. Darf der das? Kurze Antwort: ja. Eine Kündigung ist nicht nur deswegen unwirksam, weil sie dem Arbeitnehmer zugeht, während er im Urlaub und nicht anwesend ist. Selbst wenn der Arbeitgeber weiß, dass der Arbeitnehmer urlaubsbedingt abwesend ist und die Kündigung exakt so platziert, dass sie während der Abwesenheit zugeht, ist die Kündigung auch im Urlaub grundsätzlich rechtmäßig zugegangen. Übrigens kann auch ein Arbeitnehmer seinerseits aus seinem Urlaub heraus das Arbeitsverhältnis kündigen.
Unabhängig davon, ob eine Kündigung einen zulässigen Kündigungsgrund hat und gegebenenfalls andere Formalien eingehalten wurden, ist eine Kündigung rechtmäßig, wenn sie ordnungsgemäß beim Empfänger zugegangen ist und dann innerhalb von 3 Wochen keine Kündigungsschutzklage eingereicht wird.
Zugang
Eine Kündigung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Das bedeutet, sie wird dann wirksam, wenn sie dem Empfänger, hier dem Arbeitnehmer, zugeht.
Ob ein Kündigungsschreiben zugegangen ist, hängt davon ab, ob die Willenserklärung in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt ist. Der Empfänger der Willenserklärung, hier also der Arbeitnehmer, muss die Möglichkeit haben, unter normalen Umständen von der Erklärung Kenntnis nehmen zu können. Dann ist es unerheblich, ob die Kündigungserklärung tatsächlich zur Kenntnis genommen wird.
Die Arbeitsgerichte gehen in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein Schriftstück zugegangen ist, wenn es in den Briefkasten des Empfängers geworfen wird.
(Zur Zustellung durch ein Einwurfeinschreiben können Sie hier Näheres lesen.)
Das ist sogar dann der Fall, wenn der Arbeitgeber um die urlaubsbedingte Ortsabwesenheit des Arbeitnehmers weiß.
Das gleiche gilt übrigens auch dann, wenn der Arbeitnehmer eine Haftstrafe verbüßt.
Frist für die Kündigungsschutzklage
Ist ein Kündigungsschreiben zugegangen, kann der Arbeitnehmer dagegen Kündigungsschutzklage einreichen, sofern das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist. (Näheres zur Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes können Sie hier lesen.)
Dafür gibt es aber eine Frist. Nach § 4 KSchG muss eine Kündigungsschutzklage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung beim Arbeitsgericht eingegangen sein. Die Klage kann man entweder selbst schreiben – wovon wir nur eindringlich abraten können – oder einen Anwalt beauftragen. Eine weitere Option ist es, zur Rechtsantragsstelle des Arbeitsgerichts zu gehen und die Klage dort von den Mitarbeitern zu Protokoll nehmen lassen.
Wenn ein Arbeitnehmer während seiner urlaubsbedingten Abwesenheit die Kündigung zugestellt bekommt, kann es also passieren, dass die dreiwöchige Kündigungsfrist bei seiner Rückkehr bereits abgelaufen ist.
Nachträgliche Zulassung
Wenn die Klagefrist abgelaufen ist, wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass die Kündigung rechtmäßig ist, egal wie viele Fehler gemacht wurden. Aber es gibt möglicherweise noch eine Handlungsmöglichkeit. In Ausnahmefällen lässt ein Gericht eine verspätete Kündigungsschutzklage zu.
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 KSchG ist eine Kündigungsschutzklage nur dann nachträglich zuzulassen, wenn dem Arbeitnehmer nach Lage der Umstände, trotz aller zumutbaren Sorgfalt verhindert war, die Klage rechtzeitig beim Arbeitsgericht einzulegen. Der Arbeitnehmer muss glaubhaft darlegen und belegen können, warum er unverschuldet daran gehindert war, die Kündigungsschutzklage rechtzeitig einzulegen. Gleichzeitig muss auch die Kündigungsschutzklage eingereicht werden.
Wenn der Arbeitnehmer nichtsahnend in den Urlaub gefahren ist und bei seiner Rückkehr erst von der Kündigung tatsächlich Kenntnis erlangt, nehmen Arbeitsgerichten oft an, dass die Fristversäumnis unverschuldet ist.
Den Arbeitnehmer trifft bei normaler Urlaubsabwesenheit keine Verpflichtung, für die Nachsendung von in der Urlaubszeit eingeworfenen Schreiben zu sorgen.
Wer eine ständige Wohnung hat und diese nur vorübergehend – z.B. wie hier während einer Urlaubsreise – nicht benutzt, braucht für die Zeit seiner Abwesenheit keine besonderen Vorkehrungen hinsichtlich möglicher Zustellungen zu treffen.
„Landesarbeitsgericht Nürnberg, Beschluss vom 23. August 2005 – 6 Ta 136/05 –
Jedenfalls dann, wenn die Abwesenheit nicht länger als 6 Wochen ist.
Teilweise wird sogar vertreten, dass ein Versäumen der Frist unverschuldet sein kann, wenn der Arbeitgeber die Kündigung bereits in Aussicht gestellt hat und dies vor dem Arbeitsgericht nachweisen kann. Dies dürfte aber stark vom Einzelfall abhängen.
Das Fristversäumnis kann aber verschuldet sein, wenn der Arbeitnehmer sich sehr lange – länger als 6 Wochen – nicht an seiner Wohnanschrift, beispielsweise im Ausland aufhält. Dann muss der Arbeitnehmer durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass er zeitnah von einem Kündigungsschreiben Kenntnis erlangen kann. Trägt er dafür nicht Sorge, würde eine nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes abgelehnt werden.
Zur Frage des Verschuldens ist auch darauf abzustellen, ob die Drei‐Wochen‐Frist bereits abgelaufen ist, wenn der Arbeitnehmer aus seinem Urlaub zurückkommt oder ob er noch einige Tage Zeit hat, die Klage einzureichen.
Drei‐Wochen‐Frist abgelaufen
Ist die Drei‐Wochen‐Frist bereits abgelaufen, muss der Arbeitnehmer umgehend, so schnell wie möglich, allerspätestens innerhalb von zwei Wochen, einen Antrag auf nachträgliche Zulassung und die Kündigungsschutzklage einreichen. Dazu muss dann dargelegt werden, warum die Kündigungsschutzklage nicht rechtzeitig eingelegt werden konnte und warum das unverschuldet war. Der Arbeitnehmer muss dazu vortragen, in welchem Zeitraum er sich im Urlaub befand, wann er zurückkehrte und wann er das Kündigungsschreiben vorgefunden hat.
Die Zweiwochenfrist beginnt zu laufen, wenn das Hindernis, welches die Einreichung der Klage bewirkt, behoben ist. Das Hindernis ist dann behoben, wenn der Antragsteller weiß oder jedenfalls wissen muss, dass die Klage nicht rechtzeitig erhoben worden ist, also die Klagefrist verpasst wurde. Also dann, wenn der Arbeitnehmer aus dem Urlaub zurückkehrt und seinen Briefkasten leert.
Drei‐Wochen‐Frist läuft noch
Ist die Drei‐Wochen‐Frist noch nicht abgelaufen, sollte man schnell handeln. Es muss so schnell wie möglich die Kündigungsschutzlage eingereicht werden. Allerdings räumen viele Arbeitsgerichte dem Arbeitnehmer einige Tage Bedenkzeit ein, ob er Kündigungsschutzklage erheben möchte. Wenn er dadurch die Drei‐Wochen‐Frist verpassen sollte, lassen viele Gerichte in dieser Fallkonstellation die Kündigungsschutzklage noch nachträglich zu.
Wie viel Bedenkzeit sie dabei einräumen ist sehr unterschiedlich. So hat das Landesarbeitsgericht München beispielsweise 3 Tage Bedenkzeit zugestanden.
Das Sächsische Landesarbeitsgericht hat jedenfalls eine Überlegungsfrist von einem Tag als zu kurz eingestuft.
Absolut darauf verlassen, dass ein Gericht diese Bedenkzeit einräumt, sollte man sich aber nicht, sondern lieber alles versuchen, die Drei‐Wochen‐Frist einzuhalten.
Praxistipp
Die Drei‐Wochen‐Frist zum Einlegen der Kündigungsschutzklage sollte man immer im Hinterkopf behalten. Insofern ist es ratsam, sofern man längere Zeit in den Urlaub fährt und möglicherweise mit einer Kündigung rechnet, eine Vertrauensperson zu beauftragen, jede Woche regelmäßig den Briefkasten zu leeren, gegebenenfalls Post vom Arbeitgeber zu öffnen und sich dann umgehend benachrichtigen zu lassen. Insbesondere dann, wenn man argwöhnt, dass der Chef einem vielleicht kündigen will. Erlangt man tatsächlich Kenntnis davon, dass einem eine Kündigung zugestellt wurde, ist es ratsam, sich nicht darauf verlassen, dass ein Versäumen der Drei‐Wochen‐Frist von den Arbeitsgerichten als unverschuldet angesehen wird. Vielmehr wäre es sinnvoll, fernmündlich oder per E‑Mail einen Rechtsanwalt mit der Einlegung einer Kündigungsschutzklage zu beauftragen, sofern dies im Rahmen der technischen Möglichkeiten liegt. Andernfalls sollte man sicherheitshalber nachweisen können, warum es nicht möglich war, jemanden mit dem Einlegen einer Kündigungsschutzklage zu beauftragen.
You don’t have to accept a termination without a fight!
In many cases you can defend yourself against being dismissed!
However, a corresponding action for protection against dismissal must be submitted to the labor court within three weeks. An extension of the deadline is only possible in very rare cases.
Book a free, non‐binding initial consultation now!