Jeder freut sich auf den Urlaub. Einfach beim Chef eingereicht und los geht’s? Ganz so einfach ist es nicht immer. Denn der Arbeitgeber muss den Urlaub erst genehmigen. Sonst kann ein Fall der Selbstbeurlaubung vorliegen, der zu einer Kündigung des Arbeitsvertrages führen kann.
table of contents
- Genehmigung des Urlaubs durch den Arbeitgeber
- Hat der Arbeitnehmer ein Recht auf Selbstbeurlaubung?
- Kündigungsgrund Selbstbeurlaubung
- Muss der Arbeitgeber bei einer Selbstbeurlaubung erst abmahnen oder darf er sofort kündigen?
- Vorsicht bei „passgenauer“ Krankmeldung
- Darf ein Arbeitnehmer seinen Urlaub selbst verlängern?
Genehmigung des Urlaubs durch den Arbeitgeber
Eine Selbstbeurlaubung ist nicht rechtmäßig. Urlaub muss vom Arbeitnehmer beantragt und durch den Arbeitgeber genehmigt werden. Wie der Ablauf der Beantragung des Urlaubes über die Genehmigung durch den Arbeitgeber bis zum Urlaubsantritt ist, kann jedes Unternehmen individuell regeln. Der Arbeitgeber hat die Organisationspflicht, rechtzeitig und in absehbarer Zeit über einen Urlaubsantrag zu entscheiden.
Der Arbeitgeber schuldet dem Arbeitnehmer die vertraglich festgelegte Anzahl von Urlaubstagen, zumindest aber den gesetzlichen Mindesturlaub. Den Urlaubszeitpunkt darf der Arbeitgeber aber nicht etwa im billigem Ermessen bestimmen. Vielmehr muss er die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers berücksichtigen. Diese darf der Arbeitgeber nach § 7 Abs. 1 BUrlG nur dann zurückstellen, wenn dringende betriebliche Belange entgegenstehen oder eine Abwägung der sozialen Interessen die Vorrangigkeit anderer Beschäftigter verlangt. Dabei liegt die Beweislast dafür, dass der Urlaub zu Recht verweigert wurde, jedenfalls im Kündigungsschutzprozess beim Arbeitgeber (BAG, Urteil vom 31. Januar 1996 – 2 AZR 282/95).
Dringende betriebliche Belange
Dies sind nicht einfach nur bloße Störungen des Betriebsablaufes. Denn diese liegen regelmäßig bei jedem urlaubsbedingten Ausfall einer Arbeitskraft vor. Sie müssen hingenommen werden und durch entsprechenden Einsatz des übrigen Personals kompensiert werden. Entscheidend ist vielmehr, dass es zu erheblichen Beeinträchtigungen des Betriebsablaufs kommt.
Das könnte z.B. der Fall sein bei
- Unterbesetzung durch sehr hohen Krankenstandes im Betrieb oder einer Abteilung,
- Besonders arbeitsintensiver Zeit (Weihnachtszeit, Schlussverkauf),
- Fristgerechte Erledigung von Aufträgen, die sonst drohen, verloren zu gehen. (Nur, wenn der Arbeitgeber es wirklich nicht anders organisieren konnte.)
Soziale Interessen
Der Arbeitgeber muss bei der Urlaubsgenehmigung auch soziale Gesichtspunkte berücksichtigen und abwägen. Etwa, ob andere Mitarbeiter, die ebenfalls Urlaub beantragt haben und vielleicht an Schulferienzeiten gebunden sind, ob ein anderer Arbeitnehmer aufgrund einer Erkrankung in der Vergangenheit besonders erholungsbedürftig ist oder ob ein anderer Arbeitnehmer, der schon lange keinen Urlaub mehr hatte bzw. schon mehrfach seinen Urlaub verschieben musste. Diese Mitarbeiter könnten dann in diesem Zeitraum Vorrang verdienen.
Hat der Arbeitnehmer ein Recht auf Selbstbeurlaubung?
Nein. Ein Recht des Arbeitnehmers, sich selbst zu beurlauben, ist angesichts des umfassenden Systems gerichtlichen Rechtsschutzes grundsätzlich abzulehnen (BAG, Urteil vom 20. Januar 1994 – 2 AZR 521/93). Tritt der Arbeitnehmer eigenmächtig einen vom Arbeitgeber nicht genehmigten Urlaub an, so verletzt er seine arbeitsvertraglichen Pflichten. Selbst wenn sich so viel Urlaubsanspruch angesammelt hat, dass er nur noch im beantragten Zeitraum genommen werden kann und sogar die Gefahr besteht, dass der Urlaub verfällt, darf der Urlaub nicht ohne Genehmigung durch den Arbeitgeber angetreten werden. Schlimmstenfalls muss der Urlaub in Geld abgegolten werden. Bevor der Urlaub verfällt oder gar verjährt, muss der Arbeitgeber allerdings darauf hinweisen. Möglich ist aber auch eine gerichtliche Geltendmachung des Urlaubsanspruches im Eilverfahren.
Kündigungsgrund Selbstbeurlaubung
Selbst wenn der Arbeitgeber dem Urlaubswunsch des Beschäftigten unberechtigter Weise nicht nachkommt, hat der Arbeitnehmer kein Recht zur Selbstbeurlaubung. Wenn der Urlaub nicht vom Arbeitgeber genehmigt wird und der Arbeitnehmer daraufhin nicht zur Arbeit erscheint, kann dies eine Kündigung oder gar eine fristlose Kündigung aus verhaltensbedingtem Grund rechtfertigen. Denn arbeitsrechtlich gesehen, entfernt sich der Arbeitnehmer damit unerlaubt von seinem Arbeitsplatz. Dies kann eine schwere Pflichtverletzung des Arbeitnehmers darstellen. Das hängt von Gewicht und Auswirkung des eigenmächtigen Fernbleibens, sowie Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers ab. Dann muss abgewogen werden, ob eine fristlose Kündigung verhältnismäßig ist. In diesem Rahmen der Interessenabwägung ist miteinzubeziehen, ob die Selbstbeurlaubung auf eine unberechtigte Urlaubsverweigerung erfolgte (Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 28. Juni 2013 – 4 Sa 8/13). Ebenso ist zu berücksichtigen, ob die Prozesse und Systeme zur Urlaubsbeantragung und ‑genehmigung zu undurchsichtig oder fehlerhaft bzw. keine Regelungen vorhanden sind. Auch dann könnte eine fristlose Kündigung unverhältnismäßig sein.
Muss der Arbeitgeber bei einer Selbstbeurlaubung erst abmahnen oder darf er sofort kündigen?
Grundsätzlich hat eine Abmahnung des Sinn und Zweck, den Arbeitnehmer auf sein Fehlverhalten aufmerksam zu machen, so dass dieser sein Verhalten für die Zukunft ändern kann. Kam es beim eigenmächtigen Urlaubsantritt schlicht zu einem Missverständnis, liegt mitunter nur ein leichter Pflichtenverstoß des Arbeitnehmers vor und es wäre verhältnismäßig, zunächst einmal abzumahnen, bevor gleich das schärfste Schwert der fristlosen Kündigung bemüht wird. Eine fristlose Kündigung soll stets nur das letzte Mittel sein, wenn alle anderen möglichen und angemessenen milderen Mittel erschöpft sind und das in der bisherigen Form belastete Arbeitsverhältnis aufgrund der eingetretenen Vertragsstörung in der Zukunft nicht mehr fortgesetzt werden kann.
Meistens geht dem Urlaubsantritt jedoch eine Kommunikation zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber voraus. Wenn der Arbeitgeber darin zum Ausdruck bringt, dass der Urlaub nicht genehmigt ist bzw. der Arbeitnehmer das Handeln oder Nichthandeln des Arbeitgebers so verstehen muss und dennoch seinen Urlaub antritt, so handelt der Arbeitnehmer direkt gegen eine Anweisung des Arbeitgebers. Das wird dann schon als beharrliche Arbeitsverweigerung angesehen. Es liegt dann eine schwere Pflichtenverletzung des Arbeitnehmers vor und es bedarf keiner vorherigen Abmahnung durch den Arbeitgeber, um fristlos kündigen zu können.
Insofern kommt es immer auf den Einzelfall an, ob nach Selbstbeurlaubung eine Abmahnung nötig bzw. möglich ist.
Neben der Verhältnismäßigkeit muss eine fristlose Kündigung natürlich auch schriftlich, innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis des Verstoßes erfolgen und gegebenenfalls der Betriebsrat beteiligt werden.
Vorsicht bei „passgenauer“ Krankmeldung
Es kommt vor, dass nach einem abgelehnten Urlaubsantrag von Seiten des Arbeitnehmers eine Krankmeldung und Krankschreibung erfolgt, die – möglicherweise zufällig – genau den Zeitraum des ursprünglich gewünschten Urlaubszeitraumes umfasst. Das ruft bei Arbeitgebern und Arbeitsgerichten Zweifel an der tatsächlichen Arbeitsunfähigkeit hervor. Kann der Arbeitgeber dann den Beweis führen, dass keine Arbeitsunfähigkeit bestand, liegt eine Selbstbeurlaubung vor. Allerdings muss der Arbeitgeber den Beweis auch erbringen, etwa durch Benennung und Befragung des behandelnden Arztes als Zeugen. Sonst fehlt es an einem wichtigen Grund zur Kündigung. (So auch hier ArbG Gera, Urteil vom 5. April 2023 – 1 Ca 1333/22 –)
Darf ein Arbeitnehmer seinen Urlaub selbst verlängern?
Nein! Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist die eigenmächtige Urlaubsüberschreitung wie ein eigenmächtiger Urlaubsantritt zu beurteilen.
Im Urlaub krank geworden?
Wer im Urlaub krank wird, sollte dies sofort dem Arbeitgeber mitteilen und sich von einem Arzt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung holen. Die Tage der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit werden nicht als Urlaubstage angerechnet. Allerdings darf der Arbeitnehmer nicht einfach die krankheitsbedingt ausgefallenen Urlaubstage im Anschluss an den genehmigten Urlaub anhängen. Vielmehr muss der Arbeitnehmer auch diese Urlaubstage beim Arbeitgeber beantragen. Sonst liegt auch hier eine pflichtwidrige Selbstbeurlaubung vor.
Fazit
Ein Recht zur Selbstbeurlaubung, hat der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht. Hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keinen Urlaub erteilt, so verletzt dieser seine Arbeitspflicht, wenn er eigenmächtig den Urlaub antritt (Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 28. Juni 2013 – 4 Sa 8/13). Insofern ist es besser, im Zweifel lieber beim Chef nachzufragen, ob der Urlaub genehmigt ist.
You don’t have to accept a termination without a fight!
In many cases you can defend yourself against being dismissed!
However, a corresponding action for protection against dismissal must be submitted to the labor court within three weeks. An extension of the deadline is only possible in very rare cases.
Book a free, non‐binding initial consultation now!