Wirksame ordentliche Kündigung nach Bedrohung durch Fotomontage

Wirksame ordentliche Kündigung nach Bedrohung durch Fotomontage

29. November 2024 Allgemein 0

Die ordent­liche Kündigung des Arbeits­ver­hält­nisses eines Straßen­bahn­fahrers, der in einer privaten Facebook‐Gruppe einen von ihm verfassten Beitrag mit einer bedroh­lichen Fotomontage versehen hatte, war wirksam. So entschied das Arbeits­ge­richt Berlin. In der veröf­fent­lichten Fotomontage sei eine Bedrohung von Kollegen, die sich bei der Gewerk­schaft ver.di engagieren zu erkennen. Zugleich liege darin eine konkrete und nachhaltige Störung des Betriebsfriedens.

[Arbeits­ge­richt Berlin, Urteil vom 7. Oktober 2024, Akten­zeichen 59 Ca 8733/24 + 59 Ca 11420/24]
 

Der Sachverhalt

Der Arbeit­nehmer war bei der bundesweit größten Betrei­berin Öffent­lichen Perso­nen­nah­ver­kehrs als Straßen­bahn­fahrer beschäftigt. Er war Adminis­trator einer privaten Facebook‐Gruppe, die sich nach ihrer Bezeichnung an Fahrper­sonal der Arbeit­ge­berin richtete und zum Zeitpunkt des Rechts­streits circa 1000 Mitglieder umfasste.

Im Mai 2024 veröf­fent­lichte er dort einen an die Mitglieder der ver.di-Tarifkommission gerich­teten Kommentar zum Ergebnis einer ver.di-Mitgliederbefragung und schloss diesen mit einer Fotomontage ab. Auf dieser war ein auf dem Boden kniender Mann abgebildet, auf dessen Kopf der Lauf einer Pistole gerichtet ist. Neben der Person befand sich der Schriftzug von ver.di.

Die Fotomontage war mit dem Titel „VER.DI HÖRT DEN WARNSCHUSS NICHT!“ versehen. Auch das Logo der Arbeit­ge­berin war auf der Fotomontage abgebildet. Über diesen Beitrag beschwerten sich sieben Beschäf­tigte der Arbeit­ge­berin, die zugleich Gewerk­schafts­funk­tionäre sind und sich durch den Beitrag bedroht fühlten.

Nach Anhörung des Fahrers und des Perso­nalrats sprach die Arbeit­ge­berin eine fristlose und eine ordent­liche Kündigung des Arbeits­ver­hält­nisses aus. Dagegen legte der Straßen­bahn­fahrer Kündi­gungs­schutz­klage ein.

 

Die Entscheidung

Das Arbeits­ge­richt hat die hilfs­weise frist­gemäße Kündigung für wirksam erachtet. Mit der veröf­fent­lichten Fotomontage habe der Arbeit­nehmer Beschäf­tigte seiner Arbeit­ge­berin konkret bedroht. Darin liege zugleich eine erheb­liche Störung des Betriebsfriedens.

Zwar sei die Chatgruppe privat erstellt, richte sich jedoch ausdrücklich an Fahrper­sonal der Arbeit­ge­berin und verfüge mit rund 1000 Mitgliedern nicht mehr über einen überschau­baren Adressatenkreis.

Der Beitrag sei auch auf eine Außen­wirkung angelegt gewesen. Die Fotomontage sei als Drohung an Beschäf­tigte, die sich für ver.di aktiv einsetzten, zu verstehen. Anhand der Beschwerden zeige sich, dass die Fotomontage  auch so verstanden worden ist. Dies ergebe sich vor allem aus der Zielrichtung des Pisto­len­laufs auf den Kopf des abgebil­deten Mannes. Die Meinungs­freiheit decke eine solche konkrete Bedrohung nicht mehr.

In der Bedrohung durch die Veröf­fent­li­chung der Fotomontage liege eine arbeits­ver­trag­liche Neben­pflicht­ver­letzung, von der klar erkennbar sei, dass sie von der Arbeit­ge­berin nicht hinge­nommen werde. Daher sei auch eine Abmahnung nicht erfor­derlich gewesen.

Aller­dings ging das Arbeits­ge­richt im Rahmen der vorzu­neh­menden Inter­es­sens­ab­wägung zugunsten des Arbeit­nehmers davon aus, dass eine Fortsetzung des Arbeits­ver­hält­nisses bis zum Ablauf der ordent­lichen Kündi­gungs­frist der Arbeit­ge­berin noch zuzumuten sei. Da der entlassene Arbeit­nehmer allein­er­zie­hender Vater dreier Kinder sei, benötige er einen größeren zeitlichen Vorlauf um eine neue, hiermit vereinbare Arbeits­stelle zu finden. Aller­dings würde dies ebenso wenig wie auch seine 15jährige Betriebs­zu­ge­hö­rigkeit die Inter­essen der Arbeit­ge­berin in Bezug auf die ordent­liche Kündigung überwiegen.

Denn die Arbeit­ge­berin müsse für den Schutz ihrer Beschäf­tigten sowohl bei der Ausübung deren arbeits­ver­traglich geschul­deter Tätig­keiten wie auch bei der Wahrnehmung ihrer Rechte aus Artikel 9 Grund­gesetz sorgen.

Gegen das Urteil können beide Parteien Berufung beim Landes­ar­beits­ge­richt Berlin‐Brandenburg einlegen.

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