Wirksame ordentliche Kündigung nach Bedrohung durch Fotomontage
Die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Straßenbahnfahrers, der in einer privaten Facebook‐Gruppe einen von ihm verfassten Beitrag mit einer bedrohlichen Fotomontage versehen hatte, war wirksam. So entschied das Arbeitsgericht Berlin. In der veröffentlichten Fotomontage sei eine Bedrohung von Kollegen, die sich bei der Gewerkschaft ver.di engagieren zu erkennen. Zugleich liege darin eine konkrete und nachhaltige Störung des Betriebsfriedens.
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Der Sachverhalt
Der Arbeitnehmer war bei der bundesweit größten Betreiberin Öffentlichen Personennahverkehrs als Straßenbahnfahrer beschäftigt. Er war Administrator einer privaten Facebook‐Gruppe, die sich nach ihrer Bezeichnung an Fahrpersonal der Arbeitgeberin richtete und zum Zeitpunkt des Rechtsstreits circa 1000 Mitglieder umfasste.
Im Mai 2024 veröffentlichte er dort einen an die Mitglieder der ver.di-Tarifkommission gerichteten Kommentar zum Ergebnis einer ver.di-Mitgliederbefragung und schloss diesen mit einer Fotomontage ab. Auf dieser war ein auf dem Boden kniender Mann abgebildet, auf dessen Kopf der Lauf einer Pistole gerichtet ist. Neben der Person befand sich der Schriftzug von ver.di.
Die Fotomontage war mit dem Titel „VER.DI HÖRT DEN WARNSCHUSS NICHT!“ versehen. Auch das Logo der Arbeitgeberin war auf der Fotomontage abgebildet. Über diesen Beitrag beschwerten sich sieben Beschäftigte der Arbeitgeberin, die zugleich Gewerkschaftsfunktionäre sind und sich durch den Beitrag bedroht fühlten.
Nach Anhörung des Fahrers und des Personalrats sprach die Arbeitgeberin eine fristlose und eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus. Dagegen legte der Straßenbahnfahrer Kündigungsschutzklage ein.
Die Entscheidung
Das Arbeitsgericht hat die hilfsweise fristgemäße Kündigung für wirksam erachtet. Mit der veröffentlichten Fotomontage habe der Arbeitnehmer Beschäftigte seiner Arbeitgeberin konkret bedroht. Darin liege zugleich eine erhebliche Störung des Betriebsfriedens.
Zwar sei die Chatgruppe privat erstellt, richte sich jedoch ausdrücklich an Fahrpersonal der Arbeitgeberin und verfüge mit rund 1000 Mitgliedern nicht mehr über einen überschaubaren Adressatenkreis.
Der Beitrag sei auch auf eine Außenwirkung angelegt gewesen. Die Fotomontage sei als Drohung an Beschäftigte, die sich für ver.di aktiv einsetzten, zu verstehen. Anhand der Beschwerden zeige sich, dass die Fotomontage auch so verstanden worden ist. Dies ergebe sich vor allem aus der Zielrichtung des Pistolenlaufs auf den Kopf des abgebildeten Mannes. Die Meinungsfreiheit decke eine solche konkrete Bedrohung nicht mehr.
In der Bedrohung durch die Veröffentlichung der Fotomontage liege eine arbeitsvertragliche Nebenpflichtverletzung, von der klar erkennbar sei, dass sie von der Arbeitgeberin nicht hingenommen werde. Daher sei auch eine Abmahnung nicht erforderlich gewesen.
Allerdings ging das Arbeitsgericht im Rahmen der vorzunehmenden Interessensabwägung zugunsten des Arbeitnehmers davon aus, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist der Arbeitgeberin noch zuzumuten sei. Da der entlassene Arbeitnehmer alleinerziehender Vater dreier Kinder sei, benötige er einen größeren zeitlichen Vorlauf um eine neue, hiermit vereinbare Arbeitsstelle zu finden. Allerdings würde dies ebenso wenig wie auch seine 15jährige Betriebszugehörigkeit die Interessen der Arbeitgeberin in Bezug auf die ordentliche Kündigung überwiegen.
Denn die Arbeitgeberin müsse für den Schutz ihrer Beschäftigten sowohl bei der Ausübung deren arbeitsvertraglich geschuldeter Tätigkeiten wie auch bei der Wahrnehmung ihrer Rechte aus Artikel 9 Grundgesetz sorgen.
Gegen das Urteil können beide Parteien Berufung beim Landesarbeitsgericht Berlin‐Brandenburg einlegen.