Abfindung bei Beendigung des Arbeitsvertrags

Wann haben Arbeit­nehmer bei Beendigung des Arbeits­ver­trags Anspruch auf eine Abfindung und wie hoch ist diese?

Arbeits­ver­hält­nisse können auf unter­schied­liche Weise beendet werden: Befristete Arbeits­ver­träge enden mit Ablauf der verein­barten Laufzeit. Bis dahin können sie nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes außer­or­dentlich gekündigt werden. Unbefristete Arbeits­ver­träge enden hingegen durch einseitige Kündigung oder durch einver­nehm­lichen Aufhe­bungs­vertrag. Für den Arbeit­nehmer stellen sich dabei stets folgende Fragen: Sollte für den Erhalt des Arbeits­platzes gekämpft werden (also keinem Aufhe­bungs­vertrag zugestimmt bzw. Kündi­gungs­schutz­klage gegen die Kündigung erhoben werden), besteht Anspruch auf eine Abfindung und in welcher Höhe kann die Abfindung verlangt werden?

Einen gesetz­lichen Rechts­an­spruch auf eine Abfindung bei Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses sieht das deutsche Arbeits­recht nur in wenigen Ausnah­me­fällen vor. In der Praxis spiele diese kaum eine Rolle. Diese spezi­ellen Ausnah­me­fälle stellen wir weiter unten vor. Ansonsten gilt, dass Arbeit­nehmer von Gesetzes wegen keinen Anspruch auf eine Abfindung haben.

 

Abfindungsanspruch in Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Sozialplan geregelt?

Ein Abfin­dungs­an­spruch für den Fall der Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses kann aber vertraglich zwischen Arbeit­geber und Arbeit­nehmer oder den Tarif­ver­trags­par­teien vereinbart werden. Tatsächlich finden sich in nicht wenigen Arbeits­ver­trägen und Tarif­ver­trägen Abfin­dungs­klauseln. Auch Sozial­pläne, die bei Betriebs­än­de­rungen zwischen Arbeit­geber und Betriebsrat vereinbart werden, enthalten oftmals Abfin­dungs­re­ge­lungen. Besteht eine solche vertrag­liche Regelung, kann sich der betroffene Arbeit­nehmer auf diese berufen. Diesen Abfin­dungs­an­spruch kann man notfalls mit einer Zahlungs­klage vor dem Arbeits­ge­richt durchsetzen.

 

Abfindung auch ohne Rechtsanspruch durchsetzen

In den meisten Fällen fehlt es jedoch an einer solchen Regelung in Arbeits­vertrag, Tarif­vertrag oder Sozialplan. Aber auch dann können Arbeit­nehmer, denen gekündigt wird oder die zum Abschluss eines Aufhe­bungs­ver­trags gedrängt werden, oftmals eine Abfindung durch­setzen. Das ist auch möglich, ohne dass ein Rechts­an­spruch besteht.

Dabei ist die Abfindung Verhand­lungs­sache zwischen Arbeit­geber und Arbeit­nehmer. Ob und in welcher Höhe eine Abfindung bezahlt wird, hängt deshalb in erster Linie von der Verhand­lungs­po­sition des Arbeit­nehmers ab. Diese wiederum ergibt sich aus der Bestands­kraft des Arbeits­ver­trags. Wenn der Arbeit­geber keinen wirksamen Kündi­gungs­grund hat, um einen unbefris­teten Arbeits­vertrag wirksam zu kündigen, befindet sich der Arbeit­nehmer natur­gemäß in einer sehr viel komfor­ta­bleren Situation, als wenn er ohnehin wirksam gekündigt werden kann und die Kündigung nur noch eine Frage des Ablaufs der ordent­lichen Kündi­gungs­frist ist. Will der Arbeit­geber das Arbeits­ver­hältnis mit einem derzeit nicht kündbaren Arbeit­nehmer beenden, so ist er darauf angewiesen, dass der Arbeit­nehmer einer einver­nehm­lichen Aufhebung des Arbeits­ver­trags zustimmt. Im Gegenzug für die freiwillige Beendigung des Arbeits­ver­trags bezahlt der Arbeit­geber einer Abfindung, deren Höhe frei verhan­delbar ist.

 

Abfindung in Arbeitsverhältnissen, in denen kein Kündigungsschutz gilt

Schlechte Karten hinsichtlich einer Abfindung haben hingegen Arbeit­nehmer in kleinen Unter­nehmen mit bis zu zehn vollzeit­be­schäf­tigten Arbeit­nehmern. In solchen Betrieben kann der Arbeit­geber jederzeit ohne beson­deren Kündi­gungs­grund die ordent­liche Kündigung aussprechen. Ordent­liche Kündigung bedeutet dass die Kündi­gungs­frist gemäß § 622 BGB einge­halten wird. Das Kündi­gungs­schutz­gesetz schützt Arbeit­nehmer kleiner Betriebe nicht vor ordent­lichen Kündi­gungen. Raum für Abfin­dungen gibt es in solchen Betrieben deshalb regel­mäßig nur, soweit die Kündigung sofort, ohne Abwarten der Kündi­gungs­frist, wirksam werden soll. Ansonsten sind Abfin­dungen in kleinen Unter­nehmen eher eine Frage des „Goodwill“ des Arbeitgebers.

 

Abfindung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Betrieben ab 11 Mitarbeitern

Arbeits­ver­hält­nisse in Betrieben ab 11 vollzeit­be­schäf­tigten Arbeit­nehmern genießen hingegen nach Ablauf der Probezeit den Schutz des Kündi­gungs­schutz­ge­setzes. Das heißt, dass eine ordent­liche Kündigung nur bei Vorliegen eines Kündi­gungs­grundes gemäß § 1 KSchG wirksam durch den Arbeit­geber ausge­sprochen werden kann. Kündi­gungs­gründe sind danach die perso­nen­be­dingte Kündigung, die verhal­tens­be­dingte Kündigung und die betriebs­be­dingte Kündigung. Trifft keiner dieser Kündi­gungs­gründe zu, kann das Arbeits­ver­hältnis nicht einseitig durch den Arbeit­geber gekündigt werden. (Das ist anders als bei kleinen Betrieben bis 10 Mitar­beitern, in denen die ordent­liche Kündigung nicht begründet werden muss).

 

Abfindung: Wie viel ist dem Arbeitgeber die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wert?

Will nun der Arbeit­geber den Arbeits­vertrag beenden, obwohl keine ordent­liche oder außer­or­dent­liche Kündigung möglich ist bzw. zur Vermeidung eines Rechts­streits über diese Frage, so hängt alles davon ab, wie viel ihm die Beendigung des Arbeits­ver­trags wert ist.

Die Frage nach einer Abfindung wird dann entweder im Rahmen des Abschlusses eines einver­nehm­lichen Aufhe­bungs­ver­trags zwischen Arbeit­nehmer und Arbeit­geber entschieden. Oder sie wird im Rahmen eines Kündi­gungs­schutz­pro­zesses vor dem Arbeits­ge­richt thema­ti­siert werden.

 

Risiko und Chance des Aufhebungsvertrags

Arbeit­nehmer, denen von Seiten des Arbeit­gebers der Abschluss eines Aufhe­bungs­ver­trags nahe gelegt wird (etwa wenn der Betrieb umstruk­tu­riert wird und auf diese Weise betriebs­be­dingte Kündi­gungen vermieden werden sollen), tun gut daran, die Frage der Abfindung anzusprechen bzw. die Höhe der Abfindung zu verhandeln. Wichtig ist in jedem Fall, einen vom Arbeit­geber vorge­legten Aufhe­bungs­vertrag gründlich zu prüfen und ggf. nachzu­ver­handeln. Unter­schreiben Sie niemals sofort einen vorge­legten Aufhe­bungs­vertrag. Nehmen Sie den Vertrag mit nach Hause und prüfen Sie gründlich, ob der Vertrag die beste Lösung für Sie ist. Lassen Sie sich dabei von einem Rechts­anwalt für Arbeits­recht beraten.

 

Vorteil

Die Zustimmung zum Aufhe­bungs­vertrag kann durchaus von Vorteil für Sie sein. Wenn Sie beispiels­weise bei Ihrem derzei­tigen Arbeit­geber sowieso keine sichere Zukunft mehr sehen, etwa weil das Unter­nehmen umstruk­tu­riert und Ihre Arbeits­platz über kurz oder lang ohnehin wegfällt. Dann kann es ratsam sein, sich frühzeitig um eine beruf­liche Neuaus­richtung außerhalb des Unter­nehmens zu kümmern. Wenn der Arbeits­platz­verlust mit einer ausrei­chenden Abfindung abgefedert wird, kann die Verein­barung eines Aufhe­bungs­ver­trags einen guten Ausweg darstellen. Dies wird aber insbe­sondere von der Abfin­dungshöhe abhängen. Rechnen Sie alle Varianten durch.

 

Risiko

Nicht immer aber ist eine angedrohte Kündigung die schlechtere Alter­native. Denn gegen einen freiwillig unter­schrie­benen Aufhe­bungs­vertrag können Arbeit­nehmer nicht mehr rechtlich vorgehen. Ob es einen wirksamen Kündi­gungs­grund gegeben hätte, der den Arbeit­geber zur Kündigung berechtigt hätte, wird dann nicht mehr geprüft. In manchen Fällen kann es deshalb ratsam sein, dem angebo­tenen Aufhe­bungs­vertrag nicht zuzustimmen und es statt­dessen auf die vom Arbeit­geber angedrohte Kündigung ankommen zu lassen. Denn gegen die Kündigung können Sie sich rechtlich zur Wehr setzen. Binnen drei Wochen nach Zustellung der Kündi­gungs­er­klärung können Sie Kündi­gungs­schutz­klage vor dem Arbeits­ge­richt erheben. Dann prüft das Gericht, ob die Kündigung wirksam ist, oder ob das Arbeits­ver­hältnis  unver­ändert fortbe­steht. Ist die vom Arbeit­geber freiwillig angebotene Abfindung nicht angemessen, so kann auf diesen Weg im Rahmen der Kündi­gungs­schutz­klage mögli­cher­weise eine höhere Abfindung durch­ge­setzt werden.

 

An Sperrfrist für Arbeitslosengeld denken

Neben der Abwägung, ob sich die freiwillige Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses im Gegenzug für die vom Arbeit­geber angebotene Abfindung lohnt und besser ist, als an dem Arbeits­platz festzu­halten, ist vor Unter­zeichnung eines Aufhe­bungs­ver­trags auch an die Sperr­frist von bis zu 12 Wochen für das Arbeits­lo­sengeld zu denken. Die Arbeits­agentur verhängt eine solche Sperr­frist, wenn der Arbeit­nehmer ohne wichtigen Grund kündigt oder verhal­tens­be­dingt gekündigt wird und damit die Arbeits­lo­sigkeit durch sein Verhalten selbst herbei­ge­führt hat. Die finan­zi­ellen Verluste, die mit einer solchen Sperrung des Arbeits­lo­sen­geldes in den ersten drei Monaten der Arbeits­lo­sigkeit verbunden sind, sollte die Abfindung also mindestens kompen­sieren. Eine Abfindung, die die Höhe des Arbeits­lo­sen­geldes für drei Monate unter­schreitet, ist deshalb bei Aufhe­bungs­ver­trägen in der Regel von vorne­herein inakzep­tabel, sofern nicht besondere Umstände hinzu­kommen, die diese geringe Höhe rechtfertigen.

 

Abfindung bei Kündigung – Wie man als Arbeitnehmer mit der Kündigungsschutzklage zu einer Abfindung kommen kann

Wenn der Arbeit­geber Ihnen kündigt, stehen Sie vor vollendeten Tatsachen. Der Arbeits­vertrag ist beendet – ob Sie wollen oder nicht. Jedoch können Sie sich gegen die Kündigung vor Gericht zur Wehr setzen. Nach Erhalt der Kündi­gungs­er­klärung haben Sie drei Wochen Zeit, um eine Kündi­gungs­schutz­klage vor dem Arbeits­ge­richt  zu erheben. Dieses entscheidet dann, ob die Kündigung wirksam ist, oder ob die vom Arbeit­geber benannten Kündi­gungs­gründe nicht ausreichen und das Arbeits­ver­hältnis unver­ändert fortbesteht.

Im Rahmen dieser Kündi­gungs­schutz­klage haben Arbeit­geber und Arbeit­nehmer Gelegenheit, sich auf eine einver­nehm­liche Lösung zu verstän­digen, um die Strei­tigkeit zu beenden. Das Gericht wirkt regel­mäßig auf einen Vergleich hin. Dieser sieht regel­mäßig so aus, dass das Arbeits­ver­hältnis für beendet erklärt wird (wobei der Zeitpunkt der Beendigung frei verhandelt werden kann), der Arbeit­nehmer im Gegenzug für den Verlust seines Arbeits­platzes aber eine Abfindung erhält. Eine solche Regelung soll Rechts­frieden herstellen und sowohl Arbeit­geber als auch Arbeit­nehmer zum einen von der Ungewissheit über den Bestand des Arbeits­ver­hält­nisses befreien. Zum anderen soll aber auch ein ohnehin gestörtes Arbeits­ver­hältnis, in dem die eine Partei nicht mehr mit der anderen zusam­men­ar­beiten möchte, aufgelöst werden.

Der Arbeit­geber wird von der weiteren Bindung an einen ungeliebten Mitar­beiter befreit. Und auch für den Arbeit­nehmer kann die Loslösung von einem Unter­nehmen, das nichts mehr mit ihm zu tun haben möchte und in dem somit ohnehin keine glänzende beruf­liche Zukunft mehr zu finden ist, von Vorteil sein. Der Arbeit­nehmer ist dann aber mit einer angemes­senen Abfindung zu entschädigen.

Auch bei den Vergleichs­ver­hand­lungen vor Gericht im Rahmen des Kündi­gungs­schutz­pro­zesses ist die Abfin­dungshöhe Verhand­lungs­sache zwischen Arbeit­geber und Arbeit­nehmer bzw. deren Anwälten. Je besser die Rechts­po­sition des Arbeit­nehmers, desto eher lässt sich eine hohe Abfindung durch­setzen. Die Erfolgs­aus­sicht der Kündi­gungs­schutz­klage bestimmt die Verhand­lungs­macht des Arbeit­nehmers bei der Abfindungsverhandlung.

 

Gericht kann zur Abfindungszahlung verurteilen, wenn Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar

Können sich die Parteien nicht auf eine Abfindung einigen, kann das Arbeits­ge­richt den Arbeit­geber im Kündi­gungs­schutz­prozess unter Umständen von Gesetzes wegen zur Zahlung einer Abfindung verur­teilen. Dies ist in §§ 9, 10 KSchG geregelt. Diese Vorschrift betrifft den Fall, dass das Arbeits­ge­richt im Zuge des Kündi­gungs­schutz­ver­fahrens feststellt, dass die Kündigung unwirksam ist und somit durch die Kündi­gungs­er­klärung nicht aufgelöst wurde. Stellt das Gericht ferner fest, dass dem Arbeit­nehmer die Fortsetzung des Arbeits­ver­hält­nisses nicht zumutbar ist, so löst es dieses auf Antrag des Arbeit­nehmers auf und verur­teilt den Arbeit­geber zur Zahlung einer angemes­senen Abfindung. Gleiches gilt auf Antrag des Arbeit­gebers, „wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebs­zwecken dienliche weitere Zusam­men­arbeit zwischen Arbeit­geber und Arbeit­nehmer nicht erwarten lassen“.

 

Gesetzlicher Anspruch auf Abfindung gemäß § 1 a Kündigungsschutzgesetz

Einem Arbeit­nehmer kann ein gesetz­licher Abfin­dungs­an­spruch im Falle einer betriebs­be­dingten Kündigung zustehen sofern er auf diese Kündigung hin keine frist­ge­rechte Kündi­gungs­schutz­klage erhebt. Voraus­setzung dafür ist,

  • dass der Betrieb mindestens 11 vollzeit­be­schäf­tigten Arbeit­nehmer beschäftigt
  • die Kündigung auf dringende betrieb­liche Erfor­der­nisse gestützt ist 
  • und der Arbeit­geber in der Kündi­gungs­er­klärung darauf hinweist, dass der Arbeit­nehmer bei Verstrei­chen­lassen der Klage­frist die Abfindung beanspruchen kann.

Die Abfindung beträgt ein halbes Monats­gehalt pro Beschäf­ti­gungsjahr im Arbeits­ver­hältnis (§ 1 a Absatz 3 KSchG).

Dieser gesetz­liche Rechts­an­spruch greift nur, wenn der Arbeit­geber in seiner schrift­lichen Kündi­gungs­er­klärung auf den Abfin­dungs­an­spruch nach § 1a KSchG hinweist. Daher liegt das Entstehen des Anspruchs in der Hand des Arbeit­gebers. Lässt er den Hinweis in der Kündigung weg, entsteht der Rechts­an­spruch gar nicht erst.

 

Abfindung als Nachteilsausgleich gemäß § 113 BetrVG

Einen weiteren gesetz­lichen Abfin­dungs­an­spruch sieht § 113 BetrVG (Betriebs­ver­fas­sungs­gesetz) für den Fall vor, dass der Arbeit­geber ohne zwingenden Grund von einem Inter­es­sen­aus­gleich über die geplante Betriebs­än­derung abweicht. In diesem Fall können betroffene Arbeit­nehmer vor dem Arbeits­ge­richt Klage auf Verur­teilung des Arbeit­gebers zur Zahlung einer Abfindung erheben.

 

Die Abfindungshöhe – Faustregel: Halbes Monatsgehalt pro Jahr der Betriebszugehörigkeit

Eine gesetz­liche Vorgabe für die Höhe der Abfindung gibt es nur für den Fall des § 1 a Abs. 3 KSchG. Danach erhält der Arbeit­nehmer für jedes Jahr seiner Betriebs­zu­ge­hö­rigkeit eine Abfindung in Höhe eines halben Monats­ver­dienstes. Monats­ver­dienst sind gemäß § 10 Absatz 3 KSchG das Geld und die Sachbezüge, die „dem Arbeit­nehmer bei der für ihn maßge­benden regel­mä­ßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeits­ver­hältnis endet“, zustehen.

Bei einem beispiels­weise seit drei Jahren bestehenden Arbeits­ver­hältnis mit einem Brutto­mo­nats­gehalt von zuletzt 2.500 Euro erhält der Arbeit­nehmer also gemäß § 1 a Absatz 3 KSchG eine gesetz­liche Abfindung in Höhe von 3.750 Euro (3 x 0,5 x 2.500 Euro).

Wie oben ausge­führt, ist der gesetz­liche Abfin­dungs­an­spruch gemäß § 1 a KSchG jedoch davon abhängig, dass der Arbeit­geber in dem Kündi­gungs­schreiben auf den Anspruch hinweist. Es liegt also im Ermessen des Arbeit­gebers, ob er den Weg für einen Anspruch auf die gesetz­liche Abfindung nach § 1 a KSchG überhaupt frei macht. Weist er in der Kündi­gungs­er­klärung nicht auf den Abfin­dungs­an­spruch hin, sind Abfindung und ihre Höhe reine Verhand­lungs­sache. Es kann sowohl eine niedrigere als auch eine höhere als die gesetz­liche Abfin­dungshöhe vereinbart werden. Oder auch, wenn die betriebs­be­dingte Kündigung wirksam ist, gar keine Abfindung bezahlt werden.

 

Alles eine Frage der Verhandlungsmacht: Abfindungshöhe ist frei verhandelbar

Überhaupt ist alles außerhalb des eher seltenen und vom Willen des Arbeit­gebers abhän­gigen Abfin­dungs­falls des § 1 a KSchG sowie der Fälle, in denen das Arbeits­ge­richt die Abfin­dungshöhe bestimmt, Verhand­lungs­sache. Aller­dings wird in der Praxis häufig ein halbes Monats­gehalt pro Jahr der Betriebs­zu­ge­hö­rigkeit als Ausgangs­punkt für die Abfin­dungs­ver­hand­lungen genommen. Schlägt das Arbeits­ge­richt in der Gütever­handlung des Kündi­gungs­schutz­pro­zesses einen Abfin­dungs­ver­gleich vor, so schlägt es oftmals eine Abfindung in dieser Höhe vor. Das Gericht überlässt es den Prozess­par­teien, diesen Vorschlag zu verhandeln.

Wie gesagt: Der Abfin­dungs­vor­schlag des Gerichts auf Grundlage dieser Faust­formel (Beschäf­ti­gungs­jahre x 0,5 x Brutto­mo­nats­gehalt) ist nicht bindend. Die Abfin­dungshöhe ist grund­sätzlich freie Verhand­lungs­sache. Arbeit­nehmer und Arbeit­geber können sich auf jede beliebige Abfindung verstän­digen, über die sie eine Einigung erzielen können.

 

Beispiele

Je nach Sachver­halts­kon­stel­lation kann der Arbeit­nehmer oder der Arbeit­geber finan­ziell besser fahren, indem er erheblich von der Faust­formel abweicht. Nehmen wir beispiels­weise an, eine sehr lange Betriebs­zu­ge­hö­rigkeit würde nach der Faust­formel zu einer hohen Abfindung führen. Der Arbeit­nehmer wurde aber aufgrund Fehlver­haltens bei Ausübung seiner Arbeits­tä­tigkeit verhal­tens­be­dingt gekündigt. Wenn die Bestä­tigung der Wirksamkeit der Kündigung durch das Arbeits­ge­richt wahrscheinlich ist, wird der Arbeit­geber einer Abfindung auf Grundlage der Faust­formel kaum zustimmen. Er wird vielmehr nach unten abweichen wollen.

Anderer­seits wird im Fall einer kurzen Beschäf­ti­gungs­dauer der Arbeit­nehmer, der gute Chancen auf Erfolg seiner Kündi­gungs­schutz­klage sieht, gut daran tun, eine möglichst hohe Abfindung zu erzielen, die weit über die Berechnung nach der Faust­formel hinausgeht. In einem solchen Fall besteht auf Seiten des Arbeit­gebers ein recht hohes wirtschaft­liches Risiko. Denn wenn keine Verein­barung gefunden wird, könnte das Gericht das Fortbe­stehen des Arbeits­ver­hält­nisses feststellen. Dann müsste das Unter­nehmen das seit der Kündigung nicht mehr ausge­zahlte Gehalt des Arbeit­nehmers nachzahlen. Es müsste den Arbeit­nehmer auch in Zukunft beschäf­tigen – bei ungewisser Aussicht, ihn in Zukunft kündigen zu können.

Beide Beispiele zeigen einmal mehr, dass die Abfin­dungshöhe in hohem Maß von den Erfolgs­aus­sichten der Kündi­gungs­schutz­klage abhängt.

 

Steuern und Sozialabgaben: Wie werden Abfindungen versteuert?

Der Arbeit­nehmer sollte bei der Verhandlung der Abfin­dungshöhe auch beachten, dass die Abfindung brutto ausge­zahlt wird. Einkünfte aus einer Abfin­dungs­zahlung unter­fallen der Steuer­pflicht. Dabei werden Abfin­dungen nach der sogenannten „Ein‐Fünftel‐Regelung“ – einer steuer­lichen Begüns­tigung für außer­or­dent­liche Einkünfte – besteuert. Danach wird die Abfindung zwar voll in dem Jahr, in dem sie ausge­zahlt wird, versteuert. Aller­dings wird der Steuersatz so berechnet, als ob die Abfindung über fünf Jahre ausge­zahlt worden wäre. Der Steuersatz des Arbeit­nehmers erhöht sich also nur um ein Fünftel der Abfin­dungs­summe, obwohl die volle Abfin­dungs­summe versteuert wird.

Sozial­ab­gaben müssen für die Abfindung nicht bezahlt werden. Dies ist für den Arbeit­geber ein sehr relevanter Faktor, der bei der Verhandlung über die Abfin­dungshöhe zu bedenken ist. Hat die Kündi­gungs­schutz­klage gute Aussicht auf Erfolg und droht dem Arbeit­geber die Verpflichtung, den Arbeit­nehmer weiter zu beschäf­tigen, so muss das Gehalt nebst der fälligen arbeit­ge­ber­an­tei­ligen Sozial­ab­gaben weiter­ge­zahlt werden. Eine Abfindung, auf die keine weiteren Sozial­ab­gaben bezahlt werden müssen, kann demge­genüber für den Arbeit­geber sehr viel günstiger sein.

Eine Kündigung muss man nicht kampflos hinnehmen!

Gegen eine Kündigung kann man sich in vielen Fällen wehren!

Eine entspre­chende Kündi­gungs­schutz­klage muss aber innerhalb von drei Wochen beim Arbeits­ge­richt eingehen. Eine Frist­ver­län­gerung ist nur in ganz seltenen Fällen möglich.

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