Die fristlose Kündigung

Wann können Sie fristlos entlassen werden?

Im Arbeits­recht gelten strikte Kündi­gungs­fristen. Innerhalb der Probezeit können Arbeit­nehmer mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Nach Ablauf der Probezeit beträgt die gesetz­liche Kündi­gungs­frist vier Wochen zum Ende eines Kalen­der­monats. Bei Arbeits­ver­hält­nissen zwischen zwei und fünf Jahren gilt eine Kündi­gungs­frist von einem Monat zum Ende eines Kalen­der­monats, bei längeren Arbeits­ver­hält­nissen ab zwei Jahren sind es zwei Monate zum Ende eines Kalen­der­monats. Je länger ein Arbeit­nehmer in einem Betrieb beschäftigt ist, desto länger ist also die Kündi­gungs­frist. Geregelt ist dies in § 622 Absatz 2 BGB (Bürger­liches Gesetzbuch). Danach verlängert sich die Kündi­gungs­frist in sieben Stufen. Bei einer Beschäf­ti­gungszeit ab 20 Jahren beträgt die Kündi­gungs­frist schließlich sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.

Bei von vorne­herein zeitlich befris­teten Arbeits­ver­trägen ist die ordent­liche Kündigung ausgeschlossen.

 

Fristlose Kündigung ist zulässig, wenn Abwarten der Kündigungsfrist unzumutbar ist

Nun gibt es aber Fälle, in denen der Gesetz­geber dem Arbeit­geber das Abwarten dieser Kündi­gungs­fristen nicht zumuten möchte. Gemäß § 626 Absatz 1 BGB kann ein Arbeits­ver­hältnis von jedem Vertragsteil (also sowohl von Arbeit­geber als auch Arbeit­nehmer) „aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündi­gungs­frist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündi­genden unter Berück­sich­tigung aller Umstände des Einzel­falles und unter Abwägung der Inter­essen beider Vertrags­teile die Fortsetzung des Dienst­ver­hält­nisses bis zum Ablauf der Kündi­gungs­frist oder bis zu der verein­barten Beendigung des Dienst­ver­hält­nisses nicht zugemutet werden kann“.

Bei der frist­losen Kündigung durch den Arbeit­geber muss die Fortsetzung des Arbeits­ver­hält­nisses also für den Arbeit­geber unter Berück­sich­tigung der beider­sei­tigen Inter­essen von Arbeit­nehmer und Arbeit­geber unzumutbar sein. Es braucht für die fristlose Kündigung demnach einen besonders wichtigen Grund. Da die fristlose Kündigung für den Arbeit­nehmer sehr gravie­rende Konse­quenzen mit sich bringt (Job‐ und Einkom­mens­verlust, sowie unter Umständen eine Sperre durch das Arbeitsamt, so dass kein Arbeits­lo­sengeld bezahlt wird), sind die Arbeits­ge­richte sehr restriktiv bei der Beurteilung, ob es sich um einen ausrei­chend wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung handelt. Die fristlose Kündigung soll nur in schwer­wie­genden Ausnah­me­si­tua­tionen ausge­sprochen werden können und nur als ultima ratio in Frage kommen. Nämlich wenn dem Arbeit­geber das Abwarten der ordent­lichen Kündi­gungs­frist nicht zugemutet werden kann.

 

Wann ist fristlose Kündigung gerechtfertigt? Die Kündigungsgründe bei der fristlosen Kündigung

Für die fristlose Kündigung bedarf es eines wichtigen Grundes. Der Arbeit­nehmer muss die ihm oblie­genden arbeits­ver­trag­lichen Pflichten schuldhaft (d.h. vorsätzlich oder fahrlässig) in erheb­licher Weise verletzt haben. Es muss sich um eine so schwere Pflicht­ver­letzung handeln, dass das Abwarten der ordent­lichen Kündi­gungs­frist für den Arbeit­geber unzumutbar ist.

 

Pflicht zur vertragsgemäßen Arbeitsleistung

Haupt­pflicht des Arbeit­nehmers gegenüber dem Arbeit­geber ist die pünkt­liche Erbringung der mit dem Arbeits­vertrag verein­barten Arbeit. Wer nicht pünktlich zur Arbeit erscheint oder die Arbeit verweigert, kann deshalb unter bestimmten Voraus­set­zungen fristlos gekündigt werden.

 

Keine Straftaten zulasten des Arbeitgebers

Zu den arbeits­ver­trag­lichen Pflichten des Arbeit­nehmers gehört ferner die Achtung der Rechts­güter des Arbeit­gebers. Der Arbeit­nehmer darf sich nicht rechts­widrig des Eigentums oder des Vermögens des Arbeit­gebers bemäch­tigen. Entspre­chende Straf­taten gegen diese Rechts­güter – wie etwa der Diebstahl und Unter­schlagung von Unter­neh­mens­ei­gentum, Untreue oder Sachbe­schä­di­gungen durch den Arbeit­nehmer – gehören zu den Parade­fällen, in denen eine fristlose Kündigung in der Regel gerecht­fertigt ist.

Bei Diebstahl, Unter­schlagung und Betrug zu Lasten des Arbeit­gebers geht die Recht­spre­chung grund­sätzlich unabhängig vom Wert der entwen­deten Sache bzw. der Vermö­gens­schä­digung davon aus, dass das mit dem Arbeit­geber bestehende Vertrau­ens­ver­hältnis unwie­der­bringlich zerstört wird. Dem Arbeit­geber ist es nicht zuzumuten, mit einem Arbeit­nehmer zusam­men­zu­ar­beiten, der eine solche Straftat gegen ihn begangen hat. Nur im Ausnah­mefall – etwa wenn es um einen absoluten Bagatell­betrag geht und der Arbeit­nehmer sehr lange in dem Betrieb beschäftigt war – kann vor Ausspruch der frist­losen Kündigung eine Abmahnung erfor­derlich sein. Im Normalfall ist aber stets sofort mit der wirksamen frist­losen Kündigung zu rechnen, wenn eine Straftat gegen den Arbeit­geber begangen wird.

Auch wer den Arbeit­geber beleidigt, muss – je nach Umständen des Einzel­falls und danach, welcher Ton im entspre­chenden Unter­nehmen für gewöhnlich gepflegt wird – mit der frist­losen Kündigung rechnen.

 

Beispiele für Kündigungsgründe bei der fristlosen Kündigung

Weitere Bespiele für in der Regel ausrei­chende fristlose Kündi­gungs­gründe sind die unrichtige Angabe von Arbeits­zeiten (Arbeits­zeit­betrug), beharr­liche Arbeits­ver­wei­gerung, die Störung des Betriebs­friedens durch Straf­taten gegenüber Kollegen, sexuelle Beläs­tigung von Kollegen oder auch unter Umständen ausblei­bende Arbeits­leis­tungen über längere Zeiträume aufgrund Krankheit.

Auch wer gegen das ausdrück­liche Verbot des Arbeit­gebers, das am Arbeits­platz Internet zu privaten Zwecken zu nutzen, kann unter Umständen die Kündigung erhalten.

 

Gründe für eine fristlose Kündigung

  • Unent­schul­digtes Fernbleiben vom Arbeitsplatz
  • Unpünkt­liches Erscheinen am Arbeitsplatz
  • Beharr­liche Arbeitsverweigerung
  • Private Inter­net­nutzung entgegen ausdrück­lichen Verbots
  • Straf­taten gegen Rechts­güter des Arbeit­gebers (insbe­sondere Diebstahl und Unter­schlagung von Unter­neh­mens­ei­gentum, Betrug und Untreue zu Lasten des Unternehmens)
  • Belei­digung des Arbeitgebers
  • Unerlaubte Tätigkeit für Konkur­renten des Arbeitgebers
  • Alkohol­miss­brauch, durch den die Arbeits­leistung beein­trächtigt wird (z.B. bei Berufs­kraft­fahrern, Ärzten, Handwerkern)
  • Störung des Betriebs­friedens (z.B. durch Belei­digung von Kollegen, sexuelle Beläs­tigung von Kollegen)
 

Umsatzverluste des Arbeitgebers aufgrund Corona‐Krise rechtfertigen keine fristlose Kündigung

Die betriebs­be­dingte Kündigung aufgrund Wegfalls des Arbeits­platzes wegen schlechter Geschäfte und Umsatz­rück­gänge ist hingegen kein frist­loser Kündi­gungs­grund. Dies ist in den wirtschaftlich schwie­rigen Zeiten im Zuge der Corona‐Pandemie, in denen viele Unter­nehmen an ihre finan­zi­ellen Grenzen geraten, unbedingt zu beachten. Betriebs­be­dingt können Sie nur ordentlich unter Einhaltung der gesetz­lichen, vertrag­lichen und tarif­ver­trag­lichen Kündi­gungs­fristen gekündigt werden. Im Fall der Insolvenz Ihres Arbeit­gebers können Sie unter Umständen Insol­venzgeld bei der Agentur für Arbeit beantragen.

 

Negative Prognose

Um einen für die fristlose Kündigung ausrei­chenden Kündi­gungs­grund handelt es sich nur dann, wenn das vorge­worfene Verhalten bzw. die vorge­worfene Eigen­schaft voraus­sichtlich auch in Zukunft das Arbeits­ver­hältnis negativ beein­trächtigt. Bei einer Straftat gegen den Arbeit­geber ist in der Regel aufgrund der mit ihr einher­ge­henden Störung des Vertrau­ens­ver­hält­nisses von einer solchen negativen Prognose auszugehen.

 

Verhältnismäßigkeit der Kündigung: Abwägung der Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Der in Rede stehende Kündi­gungs­grund muss verhält­nis­mäßig sein. Unter Berück­sich­tigung der beider­sei­tigen Inter­essen von Arbeit­geber und Arbeit­nehmer muss das Interesse des Arbeit­gebers an der sofor­tigen Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses aufgrund des Kündi­gungs­grundes das Interesse des Arbeit­nehmers an dessen Fortsetzung überwiegen. Dabei sind Gesichts­punkte wie die Dauer des Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nisses (wie lange arbeitet der Arbeit­nehmer bereits in dem Unter­nehmen?), der Grad des Verschuldens des Arbeit­nehmers, der Schaden und die Auswir­kungen auf den Betrieb sowie das Vertrau­ens­ver­hältnis zwischen Arbeit­geber und Arbeit­nehmer zu berück­sich­tigen. Ist dem Arbeit­geber die Fortsetzung des Arbeits­ver­hält­nisses zuzumuten, oder ist die fristlose Kündigung angesichts des pflicht­wid­rigen Verhaltens des Arbeit­nehmers als verhält­nis­mäßig anzusehen?

Die Inter­es­sen­ab­wägung ist sicherlich ein Punkt, über den sich in vielen Fällen trefflich streiten lässt. Sie stellt einen üblichen Vertei­di­gungs­punkt bei der Kündi­gungs­schutz­klage dar.

 

Die fristlose Kündigung als ultima ratio

Es ist ferner zu prüfen, ob die fristlose Kündigung tatsächlich das mildeste Mittel darstellt oder ob ein milderes Mittel zunächst geboten ist. Der Gesetz­geber hat die fristlose Kündigung bewusst als ultima ratio ausgestaltet.

So kann dem Arbeit­geber unter Umständen statt der sofor­tigen Kündigung das Abwarten der Kündi­gungs­frist und somit der Verweis auf die ordent­liche Kündigung zumutbar sein. Mögli­cher­weise kann auch eine Versetzung innerhalb des Unter­nehmens (etwa bei fortge­setzten Strei­tig­keiten unter Kollegen oder Problemen des gekün­digten Arbeit­nehmers mit seinem Vorge­setzten) als milderes Mittel in Frage kommen.

 

Fristlose Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen nach Pflichtverletzung möglich

Der Arbeit­geber muss die fristlose Kündigung innerhalb von zwei Wochen, nachdem er von dem Kündi­gungs­grund (d.h. dem Fehlver­halten des Arbeit­nehmers) Kenntnis erlangt, erklären (§ 626 Absatz 2 BGB). Mit dieser Regelung soll verhindert werden, dass der Arbeit­geber fristlose Kündi­gungs­gründe über längere Zeiträume in petto hält, die er dann zu einem ihm passenden Zeitpunkt aus dem Ärmel zieht. Längeres Abwarten des Arbeit­gebers und damit Dulden des Fehlver­haltens lässt das Eilbe­dürfnis für eine fristlose Kündigung entfallen. Dann ist dem Arbeit­geber das Abwarten der ordent­lichen Kündi­gungs­frist zumutbar. (Weiteres zu Fristen bei der frist­losen Kündigung können Sie hier lesen.)

 

Vorherige Abmahnung

Da es bei der frist­losen Kündigung meist um Pflicht­ver­let­zungen, die der Arbeit­nehmer begangen haben soll, geht, d.h. eine verhal­tens­be­dingte Kündigung ausge­sprochen wird, muss der Arbeit­geber den Arbeit­nehmer zunächst, sofern es sich nicht um einen besonders schwer­wie­genden Fall handelt, abmahnen. Die Abmahnung als milderes Mittel zur frist­losen Kündigung soll dem Arbeit­nehmer bewusst machen, dass er gegen seine arbeits­ver­trag­lichen Pflichten verstößt und dass der Arbeit­geber dies nicht hinzu­nehmen bereit ist. Die Abmahnung ist ein letzter Warnschuss, der dem Arbeit­nehmer verdeut­lichen soll, dass er sein Fehlver­halten sofort beenden muss und andern­falls eine umgehende Kündigung die Folge sein kann.

 

Fristlose Kündigung ohne Abmahnung bei schwerem Vertrauensbruch

Auf eine vorherige Abmahnung kann der Arbeit­geber nur in schwer­wie­genden Ausnah­me­fällen verzichten. Dies ist insbe­sondere bei schwerem Vertrau­ens­bruch durch den Arbeit­nehmer der Fall. Etwa wenn dieser den Arbeit­geber bestiehlt oder dessen Vermögen durch Betrug oder Untreue schädigt. Wenn der Arbeit­nehmer unter keinen Umständen mit der Billigung seines Verhaltens rechnen kann, braucht vor Ausspruch der frist­losen Kündigung nicht erstmals abgemahnt werden.

Beispiele, bei denen ohne vorherige Abmahnung sofort fristlos gekündigt werden kann, sind

  • Schwerer Vertrau­ens­bruch (Diebstahl, Unter­schlagung, Untreue, Betrug)
  • Selbst­be­ur­laubung
  • Vortäu­schen von Arbeitsunfähigkeit
  • Beharr­liche Arbeitsverweigerung
 

Braucht Arbeitgeber Beweis für Fehlverhalten des Arbeitnehmers?

Wenn sich der gekün­digte Arbeit­nehmer mit der Kündi­gungs­schutz­klage vor dem Arbeits­ge­richt gegen die fristlose Kündigung wehrt, muss der Arbeit­geber den Kündi­gungs­grund, auf den er die Kündigung stützt, beweisen. Beweis kann etwa durch Vorlage von Urkunden, Fotos oder Anhörung von Zeugen, die die Pflicht­ver­letzung bestä­tigen können, erbracht werden.

Bestreitet der Arbeit­nehmer die ihm vorge­worfene Pflicht­ver­letzung und kann der Arbeit­geber diese daraufhin nicht beweisen, so wird das Arbeits­ge­richt der Kündi­gungs­schutz­klage statt­geben und den Arbeit­geber zur Weiter­be­schäf­tigung des gekün­digten Arbeit­nehmers verurteilen.

 

Die Verdachtskündigung – Fristlose Kündigung wegen Verdachts einer Straftat

Von diesem Grundsatz der Beweis­pflicht macht die Recht­spre­chung bei der sogenannten Verdachts­kün­digung eine Ausnahme.

Bei der Verdachts­kün­digung kann der Arbeit­geber den Arbeit­nehmer bereits bei Verdacht einer schwer­wie­genden Pflicht­ver­letzung fristlos kündigen, ohne diese Pflicht­ver­letzung voll beweisen zu müssen. Nicht ausrei­chend ist aller­dings die bloße Vermutung, dass der Arbeit­nehmer eine entspre­chende Pflicht­ver­letzung begangen haben kann.

Erfor­derlich ist vielmehr der dringende Tatver­dacht auf Grundlage objektiv nachweis­barer Tatsachen. Der Verdacht muss so naheliegend und sicher sein, dass es für den Arbeit­geber keinen begrün­deten Zweifel an der Verant­wort­lichkeit des Arbeit­nehmers gibt – auch wenn dafür letztlich kein Vollbeweis vor Gericht erbracht werden kann. Gemäß Recht­spre­chung des Bundes­ar­beits­ge­richts muss eine große Wahrschein­lichkeit dafür bestehen, dass der dringende Verdacht der Begehung einer Straftat zutrifft. Die Umstände, die ihn begründen, dürfen nach allge­meiner Lebens­er­fahrung nicht ebenso gut durch ein alter­na­tives Geschehen zu erklären sein. „Bloße, auf mehr oder weniger haltbare Vermu­tungen gestützte Verdäch­ti­gungen reichen nicht aus“ (Bundes­ar­beits­ge­richt, Urteil vom 02.03.2017, Az. 2 AZR 698/15).

Die vorge­worfene Pflicht­ver­letzung muss so gravierend sein, dass die Weiter­be­schäf­tigung des Arbeit­nehmers für den Arbeit­geber absolut unzumutbar ist. Dies ist insbe­sondere bei Verdacht der Begehung von gegen das Unter­nehmen gerich­teten Straf­taten der Fall. Wenn beispiels­weise aus der Laden­kasse mehrfach Bargeld verschwindet, kann dies die fristlose Verdachts­kün­digung des verant­wort­lichen Kassierers rechtfertigen.

 

Arbeitgeber muss Arbeitnehmer vor Verdachtskündigung anhören

Anders als bei der „normalen“ Kündigung, bei der der Arbeit­geber die vorge­worfene Pflicht­ver­letzung des Arbeit­nehmers voll beweisen muss, ist bei der Verdachts­kün­digung eine Anhörung des Arbeit­nehmers erfor­derlich. Erst nach Anhörung und Gelegenheit zur Stellung­nahme kann der Arbeit­geber den Arbeit­nehmer fristlos aufgrund seines Verdachts kündigen. Die Anhörung ist Teil der erfor­der­lichen Aufklärung des Sachver­halts durch den Arbeit­geber. Wenn dieser die Anschul­digung schon nicht gerichtsfest beweisen muss, so muss er den Sachverhalt zumindest ordentlich und unter Einbe­ziehung aller Seiten aufklären. Der Arbeit­nehmer soll Gelegenheit haben, seine Sicht der Dinge darzu­legen und ihn entlas­tende Tatsachen mitzuteilen.

 

Keine Anhörung bei der „normalen“ fristlosen Kündigung erforderlich

Abgesehen von der Verdachts­kün­digung braucht der Arbeit­geber den Arbeit­nehmer vor Ausspruch der frist­losen Kündigung nicht anzuhören. Er braucht von sich aus noch nicht einmal die Kündi­gungs­gründe mitzu­teilen. Erst auf ausdrück­liches Verlangen des Arbeit­nehmers hin muss der Arbeit­geber den Kündi­gungs­grund „unver­züglich schriftlich mitteilen“ (§ 626 Absatz 2 Satz 3 BGB).

 

Anhörung des Betriebsrats vor Ausspruch der fristlosen Kündigung

Gibt es in dem Unter­nehmen einen Betriebsrat, muss dieser zwingend vor jeder Kündigung angehört werden. Gemäß § 102 Absatz 1 Betriebs­ver­fas­sungs­gesetz (BetrVG) muss der Arbeit­geber dem Betriebsrat die Kündi­gungs­gründe mitteilen. Eine Kündigung ohne vorherige Anhörung des Betriebsrats ist unwirksam.

Betriebsrat und Arbeit­geber können darüber hinaus verein­baren, dass der Betriebsrat Kündi­gungen zustimmen muss und dass bei Streit darüber, ob ein Mitar­beiter gekündigt werden soll oder nicht, die entspre­chende Einigungs­stelle entscheidet.

 

Widerspruchsrecht des Betriebsrats

Unter bestimmten Voraus­set­zungen hat der Betriebsrat die Möglichkeit, einer Kündigung zu wider­sprechen. Dies ist insbe­sondere bei einer fehler­haften Sozial­auswahl der Fall. Der Wider­spruch des Betriebsrats hat zur Folge, dass der gekün­digte Arbeit­nehmer bei Erhebung der Kündi­gungs­schutz­klage bis zum rechts­kräf­tigen Abschluss des Kündi­gungs­schutz­ver­fahrens vor dem Arbeits­ge­richt Anspruch auf Weiter­be­schäf­tigung im Unter­nehmen zu unver­än­derten Arbeits­be­din­gungen hat. Sollte sich das Kündi­gungs­schutz­ver­fahren vor dem Arbeits­ge­richt länger hinziehen, so hat der gekün­digte Arbeit­nehmer während dieser Zeit weiterhin Job und Gehalt.

 

Was tun bei der fristlosen Kündigung? – Die Kündigungsschutzklage

Wenn Sie sich gegen eine fristlose Kündigung Ihres Arbeits­ver­hält­nisses wehren möchten, so müssen Sie innerhalb von 3 Wochen nach Zustellung der Kündi­gungs­er­klärung eine Kündi­gungs­schutz­klage vor dem örtlich zustän­digen Arbeits­ge­richt erheben. Die Einhaltung dieser 3‑Wochen‐Frist ist ganz wichtig. Nach ihrem Ablauf haben Sie in der Regel keine recht­liche Handhabe mehr, um sich gegen die Kündigung zu vertei­digen. Die Kündigung wird dann bestands­kräftig, auch wenn die Kündi­gungs­gründe mögli­cher­weise ursprünglich gar nicht für eine Kündigung ausge­reicht hätten oder der Arbeit­geber sie gar nicht hätte beweisen können.

Es lohnt sich in vielen Fällen, mit der Kündi­gungs­schutz­klage gegen eine Kündigung vorzu­gehen. Denn so klar, wie der Arbeit­geber tut, ist die Sach‐ und Rechtslage meist nicht. Trifft der Sachverhalt so, wie ihn der Arbeit­geber vorträgt, wirklich zu, oder handelt es sich um eine einseitige Sicht der Dinge? Ist der Kündi­gungs­grund überhaupt so schwer­wiegend, dass gleich eine fristlose Kündigung gerecht­fertigt ist? Denken Sie daran, dass die fristlose Kündigung gesetzlich als ultima ratio gedacht ist. Vielleicht wäre eine vorherige Abmahnung erfor­derlich gewesen.

Bei der frist­losen Kündigung geht es meist um Auslegungs‐ und Abwägungs­fragen. Das Arbeits­ge­richt wird vielleicht eine andere Inter­es­sen­ab­wägung vornehmen als der Arbeit­geber. Mögli­cher­weise kommt es anders als dieser, nicht zum Ergebnis, dass die Weiter­be­schäf­tigung bzw. zumindest das Abwarten der ordent­lichen Kündi­gungs­frist für den Arbeit­geber unzumutbar ist.

Lassen Sie sich von Ihrem Anwalt für Arbeits­recht zu den Erfolgs­aus­sichten einer Kündi­gungs­schutz­klage beraten. Diese sind mögli­cher­weise sehr viel besser, als Sie denken.

 

Weiterbeschäftigungsanspruch oder Abfindungsvergleich

Mit der Kündi­gungs­schutz­klage wird beantragt festzu­stellen, dass die fristlose Kündigung unwirksam ist und dass der Arbeit­geber verur­teilt werden soll, den Arbeit­nehmer weiter zu beschäftigen.

Sollte sich im Laufe des Verfahrens heraus­stellen, dass die Weiter­be­schäf­tigung für beide Seiten nicht die beste Lösung ist, so kann vor Gericht ein Abfin­dungs­ver­gleich geschlossen werden. Dabei einigen sich Arbeit­nehmer und Arbeit­geber darauf, dass das Arbeits­ver­hältnis beendet ist, wobei das Datum der Beendigung Verhand­lungs­sache ist. Im Gegenzug dafür, dass der Arbeit­nehmer die Beendigung akzep­tiert, wird die Bezahlung einer Abfindung durch den Arbeit­geber vereinbart. Die Abfin­dungshöhe ist ebenfalls freie Verhand­lungs­sache. Als Faust­regel, an der Sie sich orien­tieren können, hat sich ein halbes Monats­gehalt pro Beschäf­ti­gungsjahr heraus­ge­bildet. Waren Sie also beispiels­weise drei Jahre zu einem Brutto­mo­nats­gehalt von 2.000 Euro in einem Unter­nehmen beschäftigt, beträgt die realis­tisch zu erwar­tende Abfindung 3.000 Euro (3 x 1.000 Euro).

 

Verhängt Agentur für Arbeit bei fristloser Kündigung Sperrzeit?

Die Kündi­gungs­schutz­klage ist auch im Hinblick auf von der Agentur für Arbeit eventuell verhängte Sperr­zeiten anzuraten.

Denn wer aufgrund eines vorwerf­baren Verhaltens fristlos gekündigt wird, muss mit der Verhängung einer Sperrzeit durch die Agentur für Arbeit hinsichtlich des Arbeits­lo­sen­geldes rechnen. Hat ein Arbeit­nehmer nämlich seine fristlose Kündigung verschuldet, so kann das Arbeits­lo­sengeld für drei Monate gesperrt werden.

Die fristlose Kündigung trifft Arbeit­nehmer deshalb besonders hart: Neben dem Arbeitsplatz‐ und damit einher­ge­henden Gehalts­verlust von heute auf morgen haben fristlos gekün­digte Arbeit­nehmer meist innerhalb der ersten drei Monate nach der Kündigung noch nicht einmal Anspruch auf Arbeits­lo­sengeld. Sie haben drei Monate lang also gar kein Einkommen, sofern sie nicht sofort einen neuen Job finden.

Nicht zuletzt aufgrund dieser beson­deren Härte sind die gesetz­lichen Voraus­set­zungen an die fristlose Kündigung so streng. Lassen Sie sich deshalb von Ihrem Anwalt für Arbeits­recht beraten, ob die fristlose Kündigung wirksam ist, oder ob Sie sich mit einer Kündi­gungs­schutz­klage gegen die Kündigung wehren können.

Eine Kündigung muss man nicht kampflos hinnehmen!

Gegen eine Kündigung kann man sich in vielen Fällen wehren!

Eine entspre­chende Kündi­gungs­schutz­klage muss aber innerhalb von drei Wochen beim Arbeits­ge­richt eingehen. Eine Frist­ver­län­gerung ist nur in ganz seltenen Fällen möglich.

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