Inhaltsverzeichnis
- Fristlose Kündigung ist zulässig, wenn Abwarten der Kündigungsfrist unzumutbar ist
- Wann ist fristlose Kündigung gerechtfertigt? Die Kündigungsgründe bei der fristlosen Kündigung
- Negative Prognose
- Verhältnismäßigkeit der Kündigung: Abwägung der Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer
- Fristlose Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen nach Pflichtverletzung möglich
- Vorherige Abmahnung
- Fristlose Kündigung ohne Abmahnung bei schwerem Vertrauensbruch
- Braucht Arbeitgeber Beweis für Fehlverhalten des Arbeitnehmers?
- Die Verdachtskündigung – Fristlose Kündigung wegen Verdachts einer Straftat
- Keine Anhörung bei der „normalen“ fristlosen Kündigung erforderlich
- Anhörung des Betriebsrats vor Ausspruch der fristlosen Kündigung
- Widerspruchsrecht des Betriebsrats
- Was tun bei der fristlosen Kündigung? – Die Kündigungsschutzklage
- Weiterbeschäftigungsanspruch oder Abfindungsvergleich
- Verhängt Agentur für Arbeit bei fristloser Kündigung Sperrzeit?
Im Arbeitsrecht gelten strikte Kündigungsfristen. Innerhalb der Probezeit können Arbeitnehmer mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Nach Ablauf der Probezeit beträgt die gesetzliche Kündigungsfrist vier Wochen zum Ende eines Kalendermonats. Bei Arbeitsverhältnissen zwischen zwei und fünf Jahren gilt eine Kündigungsfrist von einem Monat zum Ende eines Kalendermonats, bei längeren Arbeitsverhältnissen ab zwei Jahren sind es zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats. Je länger ein Arbeitnehmer in einem Betrieb beschäftigt ist, desto länger ist also die Kündigungsfrist. Geregelt ist dies in § 622 Absatz 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Danach verlängert sich die Kündigungsfrist in sieben Stufen. Bei einer Beschäftigungszeit ab 20 Jahren beträgt die Kündigungsfrist schließlich sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.
Bei von vorneherein zeitlich befristeten Arbeitsverträgen ist die ordentliche Kündigung ausgeschlossen.
Fristlose Kündigung ist zulässig, wenn Abwarten der Kündigungsfrist unzumutbar ist
Nun gibt es aber Fälle, in denen der Gesetzgeber dem Arbeitgeber das Abwarten dieser Kündigungsfristen nicht zumuten möchte. Gemäß § 626 Absatz 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil (also sowohl von Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer) „aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann“.
Bei der fristlosen Kündigung durch den Arbeitgeber muss die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses also für den Arbeitgeber unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber unzumutbar sein. Es braucht für die fristlose Kündigung demnach einen besonders wichtigen Grund. Da die fristlose Kündigung für den Arbeitnehmer sehr gravierende Konsequenzen mit sich bringt (Job‐ und Einkommensverlust, sowie unter Umständen eine Sperre durch das Arbeitsamt, so dass kein Arbeitslosengeld bezahlt wird), sind die Arbeitsgerichte sehr restriktiv bei der Beurteilung, ob es sich um einen ausreichend wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung handelt. Die fristlose Kündigung soll nur in schwerwiegenden Ausnahmesituationen ausgesprochen werden können und nur als ultima ratio in Frage kommen. Nämlich wenn dem Arbeitgeber das Abwarten der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
Wann ist fristlose Kündigung gerechtfertigt? Die Kündigungsgründe bei der fristlosen Kündigung
Für die fristlose Kündigung bedarf es eines wichtigen Grundes. Der Arbeitnehmer muss die ihm obliegenden arbeitsvertraglichen Pflichten schuldhaft (d.h. vorsätzlich oder fahrlässig) in erheblicher Weise verletzt haben. Es muss sich um eine so schwere Pflichtverletzung handeln, dass das Abwarten der ordentlichen Kündigungsfrist für den Arbeitgeber unzumutbar ist.
Pflicht zur vertragsgemäßen Arbeitsleistung
Hauptpflicht des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber ist die pünktliche Erbringung der mit dem Arbeitsvertrag vereinbarten Arbeit. Wer nicht pünktlich zur Arbeit erscheint oder die Arbeit verweigert, kann deshalb unter bestimmten Voraussetzungen fristlos gekündigt werden.
Keine Straftaten zulasten des Arbeitgebers
Zu den arbeitsvertraglichen Pflichten des Arbeitnehmers gehört ferner die Achtung der Rechtsgüter des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer darf sich nicht rechtswidrig des Eigentums oder des Vermögens des Arbeitgebers bemächtigen. Entsprechende Straftaten gegen diese Rechtsgüter – wie etwa der Diebstahl und Unterschlagung von Unternehmenseigentum, Untreue oder Sachbeschädigungen durch den Arbeitnehmer – gehören zu den Paradefällen, in denen eine fristlose Kündigung in der Regel gerechtfertigt ist.
Bei Diebstahl, Unterschlagung und Betrug zu Lasten des Arbeitgebers geht die Rechtsprechung grundsätzlich unabhängig vom Wert der entwendeten Sache bzw. der Vermögensschädigung davon aus, dass das mit dem Arbeitgeber bestehende Vertrauensverhältnis unwiederbringlich zerstört wird. Dem Arbeitgeber ist es nicht zuzumuten, mit einem Arbeitnehmer zusammenzuarbeiten, der eine solche Straftat gegen ihn begangen hat. Nur im Ausnahmefall – etwa wenn es um einen absoluten Bagatellbetrag geht und der Arbeitnehmer sehr lange in dem Betrieb beschäftigt war – kann vor Ausspruch der fristlosen Kündigung eine Abmahnung erforderlich sein. Im Normalfall ist aber stets sofort mit der wirksamen fristlosen Kündigung zu rechnen, wenn eine Straftat gegen den Arbeitgeber begangen wird.
Auch wer den Arbeitgeber beleidigt, muss – je nach Umständen des Einzelfalls und danach, welcher Ton im entsprechenden Unternehmen für gewöhnlich gepflegt wird – mit der fristlosen Kündigung rechnen.
Beispiele für Kündigungsgründe bei der fristlosen Kündigung
Weitere Bespiele für in der Regel ausreichende fristlose Kündigungsgründe sind die unrichtige Angabe von Arbeitszeiten (Arbeitszeitbetrug), beharrliche Arbeitsverweigerung, die Störung des Betriebsfriedens durch Straftaten gegenüber Kollegen, sexuelle Belästigung von Kollegen oder auch unter Umständen ausbleibende Arbeitsleistungen über längere Zeiträume aufgrund Krankheit.
Auch wer gegen das ausdrückliche Verbot des Arbeitgebers, das am Arbeitsplatz Internet zu privaten Zwecken zu nutzen, kann unter Umständen die Kündigung erhalten.
Gründe für eine fristlose Kündigung
- Unentschuldigtes Fernbleiben vom Arbeitsplatz
- Unpünktliches Erscheinen am Arbeitsplatz
- Beharrliche Arbeitsverweigerung
- Private Internetnutzung entgegen ausdrücklichen Verbots
- Straftaten gegen Rechtsgüter des Arbeitgebers (insbesondere Diebstahl und Unterschlagung von Unternehmenseigentum, Betrug und Untreue zu Lasten des Unternehmens)
- Beleidigung des Arbeitgebers
- Unerlaubte Tätigkeit für Konkurrenten des Arbeitgebers
- Alkoholmissbrauch, durch den die Arbeitsleistung beeinträchtigt wird (z.B. bei Berufskraftfahrern, Ärzten, Handwerkern)
- Störung des Betriebsfriedens (z.B. durch Beleidigung von Kollegen, sexuelle Belästigung von Kollegen)
Umsatzverluste des Arbeitgebers aufgrund Corona‐Krise rechtfertigen keine fristlose Kündigung
Die betriebsbedingte Kündigung aufgrund Wegfalls des Arbeitsplatzes wegen schlechter Geschäfte und Umsatzrückgänge ist hingegen kein fristloser Kündigungsgrund. Dies ist in den wirtschaftlich schwierigen Zeiten im Zuge der Corona‐Pandemie, in denen viele Unternehmen an ihre finanziellen Grenzen geraten, unbedingt zu beachten. Betriebsbedingt können Sie nur ordentlich unter Einhaltung der gesetzlichen, vertraglichen und tarifvertraglichen Kündigungsfristen gekündigt werden. Im Fall der Insolvenz Ihres Arbeitgebers können Sie unter Umständen Insolvenzgeld bei der Agentur für Arbeit beantragen.
Negative Prognose
Um einen für die fristlose Kündigung ausreichenden Kündigungsgrund handelt es sich nur dann, wenn das vorgeworfene Verhalten bzw. die vorgeworfene Eigenschaft voraussichtlich auch in Zukunft das Arbeitsverhältnis negativ beeinträchtigt. Bei einer Straftat gegen den Arbeitgeber ist in der Regel aufgrund der mit ihr einhergehenden Störung des Vertrauensverhältnisses von einer solchen negativen Prognose auszugehen.
Verhältnismäßigkeit der Kündigung: Abwägung der Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Der in Rede stehende Kündigungsgrund muss verhältnismäßig sein. Unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer muss das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund des Kündigungsgrundes das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortsetzung überwiegen. Dabei sind Gesichtspunkte wie die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses (wie lange arbeitet der Arbeitnehmer bereits in dem Unternehmen?), der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, der Schaden und die Auswirkungen auf den Betrieb sowie das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Ist dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zuzumuten, oder ist die fristlose Kündigung angesichts des pflichtwidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers als verhältnismäßig anzusehen?
Die Interessenabwägung ist sicherlich ein Punkt, über den sich in vielen Fällen trefflich streiten lässt. Sie stellt einen üblichen Verteidigungspunkt bei der Kündigungsschutzklage dar.
Die fristlose Kündigung als ultima ratio
Es ist ferner zu prüfen, ob die fristlose Kündigung tatsächlich das mildeste Mittel darstellt oder ob ein milderes Mittel zunächst geboten ist. Der Gesetzgeber hat die fristlose Kündigung bewusst als ultima ratio ausgestaltet.
So kann dem Arbeitgeber unter Umständen statt der sofortigen Kündigung das Abwarten der Kündigungsfrist und somit der Verweis auf die ordentliche Kündigung zumutbar sein. Möglicherweise kann auch eine Versetzung innerhalb des Unternehmens (etwa bei fortgesetzten Streitigkeiten unter Kollegen oder Problemen des gekündigten Arbeitnehmers mit seinem Vorgesetzten) als milderes Mittel in Frage kommen.
Fristlose Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen nach Pflichtverletzung möglich
Der Arbeitgeber muss die fristlose Kündigung innerhalb von zwei Wochen, nachdem er von dem Kündigungsgrund (d.h. dem Fehlverhalten des Arbeitnehmers) Kenntnis erlangt, erklären (§ 626 Absatz 2 BGB). Mit dieser Regelung soll verhindert werden, dass der Arbeitgeber fristlose Kündigungsgründe über längere Zeiträume in petto hält, die er dann zu einem ihm passenden Zeitpunkt aus dem Ärmel zieht. Längeres Abwarten des Arbeitgebers und damit Dulden des Fehlverhaltens lässt das Eilbedürfnis für eine fristlose Kündigung entfallen. Dann ist dem Arbeitgeber das Abwarten der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar. (Weiteres zu Fristen bei der fristlosen Kündigung können Sie hier lesen.)
Vorherige Abmahnung
Da es bei der fristlosen Kündigung meist um Pflichtverletzungen, die der Arbeitnehmer begangen haben soll, geht, d.h. eine verhaltensbedingte Kündigung ausgesprochen wird, muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zunächst, sofern es sich nicht um einen besonders schwerwiegenden Fall handelt, abmahnen. Die Abmahnung als milderes Mittel zur fristlosen Kündigung soll dem Arbeitnehmer bewusst machen, dass er gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstößt und dass der Arbeitgeber dies nicht hinzunehmen bereit ist. Die Abmahnung ist ein letzter Warnschuss, der dem Arbeitnehmer verdeutlichen soll, dass er sein Fehlverhalten sofort beenden muss und andernfalls eine umgehende Kündigung die Folge sein kann.
Fristlose Kündigung ohne Abmahnung bei schwerem Vertrauensbruch
Auf eine vorherige Abmahnung kann der Arbeitgeber nur in schwerwiegenden Ausnahmefällen verzichten. Dies ist insbesondere bei schwerem Vertrauensbruch durch den Arbeitnehmer der Fall. Etwa wenn dieser den Arbeitgeber bestiehlt oder dessen Vermögen durch Betrug oder Untreue schädigt. Wenn der Arbeitnehmer unter keinen Umständen mit der Billigung seines Verhaltens rechnen kann, braucht vor Ausspruch der fristlosen Kündigung nicht erstmals abgemahnt werden.
Beispiele, bei denen ohne vorherige Abmahnung sofort fristlos gekündigt werden kann, sind
- Schwerer Vertrauensbruch (Diebstahl, Unterschlagung, Untreue, Betrug)
- Selbstbeurlaubung
- Vortäuschen von Arbeitsunfähigkeit
- Beharrliche Arbeitsverweigerung
Braucht Arbeitgeber Beweis für Fehlverhalten des Arbeitnehmers?
Wenn sich der gekündigte Arbeitnehmer mit der Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht gegen die fristlose Kündigung wehrt, muss der Arbeitgeber den Kündigungsgrund, auf den er die Kündigung stützt, beweisen. Beweis kann etwa durch Vorlage von Urkunden, Fotos oder Anhörung von Zeugen, die die Pflichtverletzung bestätigen können, erbracht werden.
Bestreitet der Arbeitnehmer die ihm vorgeworfene Pflichtverletzung und kann der Arbeitgeber diese daraufhin nicht beweisen, so wird das Arbeitsgericht der Kündigungsschutzklage stattgeben und den Arbeitgeber zur Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers verurteilen.
Die Verdachtskündigung – Fristlose Kündigung wegen Verdachts einer Straftat
Von diesem Grundsatz der Beweispflicht macht die Rechtsprechung bei der sogenannten Verdachtskündigung eine Ausnahme.
Bei der Verdachtskündigung kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bereits bei Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung fristlos kündigen, ohne diese Pflichtverletzung voll beweisen zu müssen. Nicht ausreichend ist allerdings die bloße Vermutung, dass der Arbeitnehmer eine entsprechende Pflichtverletzung begangen haben kann.
Erforderlich ist vielmehr der dringende Tatverdacht auf Grundlage objektiv nachweisbarer Tatsachen. Der Verdacht muss so naheliegend und sicher sein, dass es für den Arbeitgeber keinen begründeten Zweifel an der Verantwortlichkeit des Arbeitnehmers gibt – auch wenn dafür letztlich kein Vollbeweis vor Gericht erbracht werden kann. Gemäß Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass der dringende Verdacht der Begehung einer Straftat zutrifft. Die Umstände, die ihn begründen, dürfen nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ebenso gut durch ein alternatives Geschehen zu erklären sein. „Bloße, auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützte Verdächtigungen reichen nicht aus“ (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 02.03.2017, Az. 2 AZR 698/15).
Die vorgeworfene Pflichtverletzung muss so gravierend sein, dass die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber absolut unzumutbar ist. Dies ist insbesondere bei Verdacht der Begehung von gegen das Unternehmen gerichteten Straftaten der Fall. Wenn beispielsweise aus der Ladenkasse mehrfach Bargeld verschwindet, kann dies die fristlose Verdachtskündigung des verantwortlichen Kassierers rechtfertigen.
Arbeitgeber muss Arbeitnehmer vor Verdachtskündigung anhören
Anders als bei der „normalen“ Kündigung, bei der der Arbeitgeber die vorgeworfene Pflichtverletzung des Arbeitnehmers voll beweisen muss, ist bei der Verdachtskündigung eine Anhörung des Arbeitnehmers erforderlich. Erst nach Anhörung und Gelegenheit zur Stellungnahme kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer fristlos aufgrund seines Verdachts kündigen. Die Anhörung ist Teil der erforderlichen Aufklärung des Sachverhalts durch den Arbeitgeber. Wenn dieser die Anschuldigung schon nicht gerichtsfest beweisen muss, so muss er den Sachverhalt zumindest ordentlich und unter Einbeziehung aller Seiten aufklären. Der Arbeitnehmer soll Gelegenheit haben, seine Sicht der Dinge darzulegen und ihn entlastende Tatsachen mitzuteilen.
Keine Anhörung bei der „normalen“ fristlosen Kündigung erforderlich
Abgesehen von der Verdachtskündigung braucht der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vor Ausspruch der fristlosen Kündigung nicht anzuhören. Er braucht von sich aus noch nicht einmal die Kündigungsgründe mitzuteilen. Erst auf ausdrückliches Verlangen des Arbeitnehmers hin muss der Arbeitgeber den Kündigungsgrund „unverzüglich schriftlich mitteilen“ (§ 626 Absatz 2 Satz 3 BGB).
Anhörung des Betriebsrats vor Ausspruch der fristlosen Kündigung
Gibt es in dem Unternehmen einen Betriebsrat, muss dieser zwingend vor jeder Kündigung angehört werden. Gemäß § 102 Absatz 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Kündigungsgründe mitteilen. Eine Kündigung ohne vorherige Anhörung des Betriebsrats ist unwirksam.
Betriebsrat und Arbeitgeber können darüber hinaus vereinbaren, dass der Betriebsrat Kündigungen zustimmen muss und dass bei Streit darüber, ob ein Mitarbeiter gekündigt werden soll oder nicht, die entsprechende Einigungsstelle entscheidet.
Widerspruchsrecht des Betriebsrats
Unter bestimmten Voraussetzungen hat der Betriebsrat die Möglichkeit, einer Kündigung zu widersprechen. Dies ist insbesondere bei einer fehlerhaften Sozialauswahl der Fall. Der Widerspruch des Betriebsrats hat zur Folge, dass der gekündigte Arbeitnehmer bei Erhebung der Kündigungsschutzklage bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens vor dem Arbeitsgericht Anspruch auf Weiterbeschäftigung im Unternehmen zu unveränderten Arbeitsbedingungen hat. Sollte sich das Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht länger hinziehen, so hat der gekündigte Arbeitnehmer während dieser Zeit weiterhin Job und Gehalt.
Was tun bei der fristlosen Kündigung? – Die Kündigungsschutzklage
Wenn Sie sich gegen eine fristlose Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses wehren möchten, so müssen Sie innerhalb von 3 Wochen nach Zustellung der Kündigungserklärung eine Kündigungsschutzklage vor dem örtlich zuständigen Arbeitsgericht erheben. Die Einhaltung dieser 3‑Wochen‐Frist ist ganz wichtig. Nach ihrem Ablauf haben Sie in der Regel keine rechtliche Handhabe mehr, um sich gegen die Kündigung zu verteidigen. Die Kündigung wird dann bestandskräftig, auch wenn die Kündigungsgründe möglicherweise ursprünglich gar nicht für eine Kündigung ausgereicht hätten oder der Arbeitgeber sie gar nicht hätte beweisen können.
Es lohnt sich in vielen Fällen, mit der Kündigungsschutzklage gegen eine Kündigung vorzugehen. Denn so klar, wie der Arbeitgeber tut, ist die Sach‐ und Rechtslage meist nicht. Trifft der Sachverhalt so, wie ihn der Arbeitgeber vorträgt, wirklich zu, oder handelt es sich um eine einseitige Sicht der Dinge? Ist der Kündigungsgrund überhaupt so schwerwiegend, dass gleich eine fristlose Kündigung gerechtfertigt ist? Denken Sie daran, dass die fristlose Kündigung gesetzlich als ultima ratio gedacht ist. Vielleicht wäre eine vorherige Abmahnung erforderlich gewesen.
Bei der fristlosen Kündigung geht es meist um Auslegungs‐ und Abwägungsfragen. Das Arbeitsgericht wird vielleicht eine andere Interessenabwägung vornehmen als der Arbeitgeber. Möglicherweise kommt es anders als dieser, nicht zum Ergebnis, dass die Weiterbeschäftigung bzw. zumindest das Abwarten der ordentlichen Kündigungsfrist für den Arbeitgeber unzumutbar ist.
Lassen Sie sich von Ihrem Anwalt für Arbeitsrecht zu den Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage beraten. Diese sind möglicherweise sehr viel besser, als Sie denken.
Weiterbeschäftigungsanspruch oder Abfindungsvergleich
Mit der Kündigungsschutzklage wird beantragt festzustellen, dass die fristlose Kündigung unwirksam ist und dass der Arbeitgeber verurteilt werden soll, den Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen.
Sollte sich im Laufe des Verfahrens herausstellen, dass die Weiterbeschäftigung für beide Seiten nicht die beste Lösung ist, so kann vor Gericht ein Abfindungsvergleich geschlossen werden. Dabei einigen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber darauf, dass das Arbeitsverhältnis beendet ist, wobei das Datum der Beendigung Verhandlungssache ist. Im Gegenzug dafür, dass der Arbeitnehmer die Beendigung akzeptiert, wird die Bezahlung einer Abfindung durch den Arbeitgeber vereinbart. Die Abfindungshöhe ist ebenfalls freie Verhandlungssache. Als Faustregel, an der Sie sich orientieren können, hat sich ein halbes Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr herausgebildet. Waren Sie also beispielsweise drei Jahre zu einem Bruttomonatsgehalt von 2.000 Euro in einem Unternehmen beschäftigt, beträgt die realistisch zu erwartende Abfindung 3.000 Euro (3 x 1.000 Euro).
Verhängt Agentur für Arbeit bei fristloser Kündigung Sperrzeit?
Die Kündigungsschutzklage ist auch im Hinblick auf von der Agentur für Arbeit eventuell verhängte Sperrzeiten anzuraten.
Denn wer aufgrund eines vorwerfbaren Verhaltens fristlos gekündigt wird, muss mit der Verhängung einer Sperrzeit durch die Agentur für Arbeit hinsichtlich des Arbeitslosengeldes rechnen. Hat ein Arbeitnehmer nämlich seine fristlose Kündigung verschuldet, so kann das Arbeitslosengeld für drei Monate gesperrt werden.
Die fristlose Kündigung trifft Arbeitnehmer deshalb besonders hart: Neben dem Arbeitsplatz‐ und damit einhergehenden Gehaltsverlust von heute auf morgen haben fristlos gekündigte Arbeitnehmer meist innerhalb der ersten drei Monate nach der Kündigung noch nicht einmal Anspruch auf Arbeitslosengeld. Sie haben drei Monate lang also gar kein Einkommen, sofern sie nicht sofort einen neuen Job finden.
Nicht zuletzt aufgrund dieser besonderen Härte sind die gesetzlichen Voraussetzungen an die fristlose Kündigung so streng. Lassen Sie sich deshalb von Ihrem Anwalt für Arbeitsrecht beraten, ob die fristlose Kündigung wirksam ist, oder ob Sie sich mit einer Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung wehren können.
Eine Kündigung muss man nicht kampflos hinnehmen!
Gegen eine Kündigung kann man sich in vielen Fällen wehren!
Eine entsprechende Kündigungsschutzklage muss aber innerhalb von drei Wochen beim Arbeitsgericht eingehen. Eine Fristverlängerung ist nur in ganz seltenen Fällen möglich.
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