Leitende Angestellte

Wie kann ich mich als leitender Angestellter gegen eine Kündigung wehren?

Welche Rechte haben leitende Angestellte gegenüber ihrem Arbeit­geber? Können sie sich mit einer Kündi­gungs­schutz­klage gegen die Kündigung ihres Arbeits­ver­trags wehren, oder gilt der gesetz­liche Kündi­gungs­schutz nicht für leitende Angestellte? Diesen und weiteren Fragen zur Rechts­stellung leitender Angestellter widmen wir uns in diesem Artikel.

Grund­sätzlich unter­liegen auch Arbeits­ver­hält­nisse mit leitenden Angestellten dem in Deutschland geltenden gesetz­lichen Kündi­gungs­schutz. Das heißt, dass in Betrieben mit in der Regel mehr als 10 Arbeit­nehmern nach Ablauf der Probezeit keine anlasslose Kündigung möglich ist. Vielmehr bedarf es eines gesetz­lichen Kündi­gungs­grunds, den der Arbeit­geber nachweisen muss.

Dies gilt für leitende Angestellte genauso wie für jeden „normalen“ Arbeit­nehmer. Jedoch gelten für leitende Angestellte einige entschei­dende arbeits­recht­liche Beson­der­heiten, die bei Erhebung einer Kündi­gungs­schutz­klage zu beachten sind.

 

Wer ist „Leitender Angestellter“?

Dazu bedarf es zunächst der Klärung der Termi­no­logie: Wann ist ein Arbeit­nehmer überhaupt ein „leitender Angestellter“ im Sinne des Arbeits­rechts? Denn nur weil im Arbeits­vertrag die Formu­lierung „Leitender Angestellter“ steht und der betref­fende Arbeit­nehmer sich diese einschließlich der damit (hoffentlich) einher­ge­henden finan­zi­ellen Vorzüge und Dienst­wagen mit Stolz zu eigen gemacht hat, heißt dies nicht, dass es sich bei dem Arbeits­platz auch um eine leitende Angestell­ten­po­sition im Sinne des Kündi­gungs­schutz­rechts handelt.

 

Leitende Angestellte haben selbständige Personalverantwortung

Gemäß § 14 Absatz 2 KSchG (Kündi­gungs­schutz­gesetz) ist „leitender Angestellter“ nur, wer eine ähnliche Funktion wie ein Geschäfts­führer oder Betriebs­leiter ausübt und „zur selbstän­digen Einstellung oder Entlassung von Arbeit­nehmern berechtigt“ ist. Ohne diese eigen­ständige Perso­nal­ver­ant­wortung liegt keine leitende Angestell­ten­po­sition im Sinne des Kündi­gungs­schutz­ge­setzes vor. Dann gelten von vornherein die exakt gleichen Regeln wie für jeden „normalen“ Arbeit­nehmer. Es lohnt sich deshalb, zunächst kritisch zu prüfen, ob man überhaupt als soeben gekün­digter vermeintlich „leitender Angestellter“ tatsächlich ein solcher ist. Auf viele Positionen, die betriebs­intern mit dieser Bezeichnung geschmückt werden, trifft dies demnach nämlich rechtlich gar nicht zu (z.B. Abtei­lungs­leiter in einem Versi­che­rungs­konzern oder einer Bank ohne eigene Personalverantwortung).

Stellt sich bei der Prüfung heraus, dass es sich tatsächlich um eine leitende Angestell­ten­po­sition im Sinne des Kündi­gungs­schutz­ge­setzes handelt, so bleibt festzu­halten, dass auch leitende Angestellte nicht einfach von heute auf morgen gekündigt werden können. Sofern kein außer­or­dent­licher Kündi­gungs­grund vorliegt, ist keine fristlose Kündigung möglich.

 

Gesetzlicher Kündigungsschutz gilt auch für leitende Angestellte

Eine ordent­liche Kündigung unter­liegt weitgehend den gleichen Kündi­gungs­vor­aus­set­zungen wie die Kündigung anderer Arbeit­nehmer. Sind in dem betref­fenden Unter­nehmen in der Regel mehr als 10 Arbeit­nehmer beschäftigt, so gilt der Kündi­gungs­schutz des § 1 KSchG. In kleineren Betrieben bis 10 Arbeit­nehmern ist die ordent­liche Kündigung des Arbeits­ver­hält­nisses – d.h. die Kündigung innerhalb der ordent­lichen Kündi­gungs­fristen – weitgehend ohne beson­deren Kündi­gungs­grund möglich. Dies gilt dann auch für den leitenden Angestellten.

In Betrieben mit mehr als 10 angestellten Arbeit­nehmern bedarf es für die rechtmäße ordent­liche Kündigung des leitenden Angestellten eines Kündi­gungs­grunds. Die Kündigung muss sozial gerecht­fertigt sein. Dies ist gemäß § 1 Absatz 2 KSchG nicht der Fall, wenn sie „nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeit­nehmers liegen, oder durch dringende betrieb­liche Erfor­der­nisse, die einer Weiter­be­schäf­tigung des Arbeit­nehmers in diesem Betrieb entge­gen­stehen, bedingt ist“. Es muss sich also um eine gerecht­fer­tigte perso­nen­be­dingte, verhal­tens­be­dingte oder betriebs­be­dingte Kündigung des leitenden Angestellten handeln.

 

Arbeitgeber muss auch leitenden Angestellten gegenüber Kündigungsgrund nachweisen

Für das Vorliegen des Kündi­gungs­grunds, auf den sich der Arbeit­geber beruft, trägt dieser die Darlegungs‐ und Beweislast. Grund­sätzlich gelten die gleichen Regeln wie für alle Arbeit­nehmer auch. Jedoch unter­liegen insbe­sondere die perso­nen­be­dingte und die verhal­tens­be­dingte Kündigung leitender Angestellter gewissen Beson­der­heiten. Denn nach der arbeits­ge­richt­lichen Recht­spre­chungs­praxis unter­liegen die personen‐ und verhal­tens­be­dingte Kündigung leitender Angestellter weniger strikten Voraus­set­zungen, als dies bei „normalen“ Arbeit­nehmern der Fall ist.

Dies wird mit der beson­deren Stellung leitender Angestellter und ihrem beson­deren Nähe‐ und Vertrau­ens­ver­hältnis zum Arbeit­geber begründet. Leitende Angestellte reprä­sen­tieren das Unter­nehmen, weshalb sie besonders strengen Verhal­tens­pflichten unter­liegen. So können Handlungen leitender Angestellter im privaten Bereich unter Umständen eine perso­nen­be­dingte Kündigung recht­fer­tigen, wenn dadurch das Ansehen des Arbeit­gebers geschädigt wird. Dies kann beispiels­weise bei Verkehrs­de­likten wie dem Autofahren unter Alkohol­ein­fluss oder einer allge­meinen Alkoho­lis­mus­pro­ble­matik der Fall sein, auch wenn dies in keinem direkten Zusam­menhang zur Arbeit steht. Dabei wird dem Umstand Rechnung getragen, dass leitende Angestellte eine besondere Verant­wortung für das Unter­nehmen tragen und der wirtschaft­liche Bestand des Unter­nehmens in beson­derer Weise von den Geschicken ihrer leitenden Angestellten abhängt.

 

Leitende Angestellte werden nicht vom Betriebsrat vertreten

Eine weitere kündi­gungs­schutz­recht­liche Beson­derheit leitender Angestellter besteht in dem Umstand, dass diese nicht vom Betriebsrat vertreten werden. Anders als andere Arbeit­nehmer haben leitende Angestellte nicht das Recht, gemäß § 3 KSchG Einspruch gegen eine Kündigung beim Betriebsrat einzu­legen, wenn sie diese für sozial ungerecht­fertigt halten.

Gemäß §§ 5 Absatz 3, 102 BetrVG (Betriebs­ver­fas­sungs­gesetz) braucht der Arbeit­geber den Betriebsrat auch nicht im Vorfeld der Kündigung eines leitenden Angestellten anzuhören.

 

Kündigungsschutzklage erheben: Klagefrist beträgt 3 Wochen

Genauso wie „normale Arbeit­nehmer“ haben auch leitende Angestellte die Möglichkeit, sich gegen die Kündigung ihres Arbeits­ver­hält­nisses rechtlich zur Wehr zu setzen. Auch sie können innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Kündi­gungs­schutz­klage vor dem Arbeits­ge­richt erheben. Diese Drei‐Wochen‐Frist darf nicht verpasst werden, da nach ihrem Ablauf in der Regel keine Möglichkeit mehr besteht, gegen die Kündigung vorzu­gehen. Auch inhaltlich eigentlich unwirksame Kündi­gungen werden nach diesem Frist­ablauf (bis auf wenige auch danach noch angreifbare Mängel) bestandskräftig.

 

Arbeitgeber kann vor dem Arbeitsgericht Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit leitendem Angestellten stellen

Der wichtigste kündi­gungs­schutz­recht­liche Unter­schied leitender Angestellter gegenüber „normalen“ Angestellten zeigt sich bei der Ausge­staltung des Kündi­gungs­schutz­pro­zesses. Wer sich als leitender Angestellter gegen eine Kündigung zur Wehr setzen will, muss – genauso wie ein „normaler“ Angestellter – innerhalb von drei Wochen nach Zustellung der Kündigung Kündi­gungs­schutz­klage vor dem Arbeits­ge­richt erheben. In der Kündi­gungs­schutz­klage wird beantragt, die Unwirk­samkeit der Kündigung (aus formellen oder inhalt­lichen Gründen) festzu­stellen und den Arbeit­geber zu verpflichten, den Angestellten zu unver­än­derten Bedin­gungen weiterzubeschäftigen.

Bei leitenden Angestellten hat der Arbeit­geber jedoch innerhalb des Kündi­gungs­schutz­pro­zesses die Möglichkeit, gemäß §§ 9 Absatz 1, 14 Absatz 2 KSchG zu beantragen, dass das Gericht das Arbeits­ver­hältnis wegen Unzumut­barkeit der Fortsetzung auflöst und den Arbeit­geber zur Zahlung einer angemes­senen Abfindung zu verur­teilen. Das heißt, dass leitende Angestellte das (zumindest formal) eigent­liche Klageziel, das Arbeit­nehmer mit der Kündi­gungs­schutz­klage verfolgen – nämlich die Fortsetzung des Arbeits­ver­hält­nisses – gegen den Willen des Arbeit­gebers gar nicht erreichen können. Wenn der Arbeit­geber einen leitenden Angestellten entlassen will, so kann er dieses Ziel also tatsächlich jederzeit erreichen. 

 

Abfindung im Falle der Auflösung

Aller­dings muss er, wenn der leitende Angestellte Kündi­gungs­schutz­klage erhebt, dies im Fall eines unzurei­chenden Kündi­gungs­grunds mit einer Abfindung bezahlen. Leitende Angestellte müssen sich also bewusst sein, dass sie im Kündi­gungs­schutz­prozess um eine Abfindung kämpfen, und es in der Regel nicht um die Fortsetzung des Arbeits­ver­hält­nisses geht. Denn dieses kann nur im beidsei­tigen Einver­nehmen zwischen leitendem Angestellten und Arbeit­geber fortge­setzt werden. Aufgrund der für den Betrieb heraus­ra­genden Stellung des leitenden Angestellten kann der Arbeit­geber gesetzlich nicht dazu verpflichtet werden, gegen seinen Willen einen leitenden Angestellten in seinem Betrieb zu dulden und damit das Unter­nehmen auf Gedeih und Verderb den Geschicken des ungewollten leitenden Angestellten auszusetzen.

 

Alternative Aufhebungsvertrag: Leitenden Angestellten droht in der Regel keine Sperrzeit

Wie beschrieben können leitende Angestellte, im Gegensatz zu einfachen Arbeit­nehmern, nach einer Kündigung die Fortsetzung ihres Arbeits­ver­hält­nisses nicht im Wege der Kündi­gungs­schutz­klage gegen den Willen des Arbeit­gebers durch­setzen. Sie kämpfen vor dem Arbeits­ge­richt vielmehr um die Festsetzung einer Abfindung. Daher droht ihnen bei Verein­barung eines Aufhe­bungs­ver­trags mit dem Arbeit­geber regel­mäßig keine Sperrzeit bei der Bundes­agentur für Arbeit hinsichtlich des Bezugs von Arbeits­lo­sengeld I. Bei schweren Störungen des Arbeits­ver­hält­nisses ist die Verein­barung eines Aufhe­bungs­ver­trags mit dem Arbeit­geber deshalb durchaus erwägenswert. Dies kann für beide Seiten die bessere Alter­native der streit­be­haf­teten Kündigung und dem Rechts­streit um eine Abfindung vor dem Arbeits­ge­richt im Rahmen einer Kündi­gungs­schutz­klage sein.

 

Geschäftsführer aufgepasst: Kein Kündigungsschutz für GmbH‐Geschäftsführer

Leitende Angestellte nehmen in dem Unter­nehmen, in dem sie arbeiten, gegenüber einfachen Arbeit­nehmern eine heraus­ra­gende Stellung ein. Dies sollte sich auf der einen Seite an ihrem entspre­chend hohen Gehalt zeigen. Auf der anderen Seite führt ihre Sonder­stellung kündi­gungs­schutz­rechtlich zu einer zumindest formalen Schlech­ter­stellung. Denn das Arbeits­ge­richt kann den Arbeit­geber gegen dessen Willen nicht zur Weiter­be­schäf­tigung des leitenden Angestellten verur­teilen. In der Praxis dürfte dies übrigens kaum als tatsäch­liche Schlech­ter­stellung empfunden werden. Denn Kündi­gungs­schutz­pro­zesse gehen auch für einfache Arbeit­nehmer oftmals mit einer Abfindung im Gegenzug zur Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses aus.

Eine echte Sonder­rolle nehmen demge­genüber GmbH‐Geschäftsführer ein. So hat der Bundes­ge­richtshof mit Urteil vom 21.09.2017 (Az. 2 AZR 865/16) entschieden, dass GmbH‐Geschäftsführer keinen Kündi­gungs­schutz nach dem Kündi­gungs­schutz­gesetz genießen. Dies gilt zumindest, soweit sie zum Zeitpunkt, in dem sie die Kündi­gungs­er­klärung erhalten, noch die organ­schaft­liche Stellung eines Geschäfts­führers bekleiden. Geschäfts­führer können sich demnach nicht im Wege der Kündi­gungs­schutz­klage vor dem Arbeits­ge­richt gegen eine Kündigung wehren. Sie können weder die Fortsetzung des Arbeits­ver­hält­nisses noch die Festsetzung einer Abfin­dungs­zahlung einklagen. Geschäfts­führer sind demnach in beson­derer Weise auf die vorteil­hafte Verhandlung ihres Arbeits­ver­trags angewiesen, in dem die Verein­barung einer Abfindung für den Fall der Kündigung nicht fehlen sollte.

Eine Kündigung muss man nicht kampflos hinnehmen!
Rechts­anwaltJan Böhm

Gegen eine Kündigung kann man sich in vielen Fällen wehren!

Eine entspre­chende Kündi­gungs­schutz­klage muss aber innerhalb von drei Wochen beim Arbeits­ge­richt eingehen. Eine Frist­ver­län­gerung ist nur in ganz seltenen Fällen möglich.

Buchen Sie jetzt eine kostenlose, unver­bind­liche Erstberatung!

SI Rechtsanwaltsgesellschaft mbH