Prozesskostenhilfe

Die Kosten eines Gerichts­pro­zessen können mitunter recht hoch sein und abschre­ckend wirken. Aber auch Personen ohne Einkommen oder mit geringem Einkommen soll es möglich sein, ihre Rechte in einem Prozess vor den Gerichten zu wahren und geltend zu machen. Wer sich also einen Prozess nicht leisten kann, darf die sogenannte Prozess­kos­ten­hilfe beantragen. 

In der ersten Instanz vor dem Arbeits­ge­richt fallen zwar keine Gerichts­kosten an. Zudem gibt es dort auch nicht die Verpflichtung, sich von einem Anwalt vertreten zu lassen. Dennoch ist es sinnvoll, sich von einem Anwalt vertreten zu lassen. Denn es gibt gerade im Arbeits­recht viele Fallstricke und Fristen zu beachten. Auch lassen sich viele Arbeit­geber ihrer­seits durch Anwälte vertreten. Insofern sollte auch der betroffene Arbeit­nehmer „Waffen­gleichheit“ herstellen und sich anwaltlich vertreten lassen können. Damit dies nicht an fehlenden finan­zi­ellen Mitteln scheitert, kann die Prozess­partei eines arbeits­recht­lichen Rechts­streits, die aufgrund ihrer wirtschaft­lichen Lage die Kosten für ein Gerichts­ver­fahren nicht aufbringen kann, auf Antrag Prozess­kos­ten­hilfe bekommen, wenn es hinrei­chende Aussicht auf Erfolg gibt.

 

Wer kann Prozesskostenhilfe beantragen?

Prozess­kos­ten­hilfe oder kurz „PKH“ können natür­liche Personen beantragen, also Kläger und Beklagter. Auf das Arbeits­recht bezogen bedeutet das üblicher­weise: Der Arbeit­nehmer und mögli­cher­weise auch der Arbeit­geber. Es ist auch denkbar, dass Insol­venz­ver­walter PKH beantragen können. Ob Prozess­kos­ten­hilfe bewilligt wird, hängt aber von Voraus­set­zungen ab.

 

Wann steht mir Prozesskostenhilfe zu?

Damit Prozess­kos­ten­hilfe bewilligt wird, muss der Antrag­steller finan­ziell bedürftig sein. Die Prozess­ver­folgung muss hinrei­chend Aussicht auf Erfolg haben und darf nicht mutwillig sein.

Die Zivil­pro­zess­ordnung schreibt dazu:

§ 114 ZPO

(1) Eine Partei, die nach ihren persön­lichen und wirtschaft­lichen Verhält­nissen die Kosten der Prozess­führung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozess­kos­ten­hilfe, wenn die beabsich­tigte Rechts­ver­folgung oder Rechts­ver­tei­digung hinrei­chende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenz­über­schrei­tende Prozess­kos­ten­hilfe innerhalb der Europäi­schen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechts­ver­folgung oder Rechts­ver­tei­digung, wenn eine Partei, die keine Prozess­kos­ten­hilfe beansprucht, bei verstän­diger Würdigung aller Umstände von der Rechts­ver­folgung oder Rechts­ver­tei­digung absehen würde, obwohl eine hinrei­chende Aussicht auf Erfolg besteht.

 

Finanzielle Bedürftigkeit

Finan­ziell bedürftig ist eine Partei des Rechts­streits, wenn sie die Kosten des Prozesses bzw. der Prozess­führung aus finan­zi­ellen Gründen nicht, nur teilweise oder nur in Raten aufbringen kann. Zudem darf keine andere Stelle, beispiels­weise eine Rechts­schutz­ver­si­cherung, verpflichtet sein, die Kosten zu übernehmen.

Maßgeblich sind für die finan­zielle Bedürf­tigkeit die persön­lichen und wirtschaft­lichen Verhält­nisse des Antrag­stellers. Das Gericht wird auf den Antrag das sogenannte „einzu­set­zende Einkommen“ berechnen. Anhand dessen wird entschieden, ob Prozess­kos­ten­hilfe gewährt wird und ob diese gegebe­nen­falls zurück­zu­zahlen ist. Dabei ist das regel­mäßig erzielte Einkommen ebenso relevant, wie das einzu­set­zende Vermögen. Berück­sichtigt wird aber immer nur das Einkommen des Antrag­stellers, nicht das gesamte Famili­en­ein­kommen. Zudem werden noch laufende Kosten und Freibe­träge abgezogen. Prozess­kos­ten­hilfe darf nach § 115 Abs. 4 ZPO nur dann bewilligt werden, wenn die voraus­sicht­lichen Kosten des Rechts­streits 4 Monats­raten des einzu­set­zenden Einkommens übersteigen. Dazu später mehr.

 

Welches monatliche Nettoeinkommen steht zur Verfügung?

Das sind Vergü­tungen für nicht­selb­ständige Arbeit, einschließlich Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld. Ebenso sind Einkünfte aus selbstän­diger Tätigkeit, Pensionen und Renten, ALG 1 und 2, regel­mäßige Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Einkünfte aus Kapital­ver­mögen, Kindergeld, Wohngeld und Unter­halts­zah­lungen zu berücksichtigen.

 

Welches Vermögen wird berücksichtigt?

Das verwertbare Vermögen wird in die Berechnung des einzu­set­zenden Einkommens einbe­zogen. Nach § 115 Abs. 3 ZPO in Verbindung mit § 90 SGB 12 muss das gesamte verwertbare Vermögen für die Prozess­kosten einge­setzt werden, soweit dies zumutbar ist. Das bedeutet Geld‐ und Sachwerte wie beispiels­weise Haus, Auto, Lebens­ver­si­che­rungen, Aktien oder Bauspar­ver­träge. Es wird aber ein Schon­ver­mögen zugestanden. Das sind gemäß der Durch­füh­rungs­ver­ordnung zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB 12 (SGB XII§90DV) Vermögen in Höhe von 10.000 € für jede volljährige allein­ste­hende Person, die nicht einge­setzt werden müssen. Für jede unter­halts­pflichtige Person erhöht sich der Freibetrag noch mal um 500 €.

Wenn Vermö­gens­teile nicht vom Schon­ver­mögen umfasst sind, so kann das Gericht die Verwertung dieser Gegen­stände verlangen, bevor es Verfah­rens­kos­ten­hilfe bewilligt. Ausge­nommen werden können Fahrzeuge, die der beruf­lichen Tätigkeit dienen oder Lebens­ver­si­che­rungen, die der privaten, angemes­senen Alters­vor­sorge dienen.

 

Welche laufenden Kosten werden abgezogen?

Von den Brutto­ein­nahmen werden die zu entrich­tenden Steuern, Pflicht­bei­träge zur Sozial­ver­si­cherung, Beiträge zu sonstigen, gesetzlich vorge­schrie­benen Versi­che­rungen, Miete und Neben­kosten, Fahrt­kosten zur Arbeit und sonstige Werbungs­kosten, Beiträge zur geför­derten Alters­vor­sorge und besondere Belas­tungen abgezogen.

Bei den anzurech­nenden Wohnkosten ist zu berück­sich­tigen, dass diese grund­sätzlich pro Person aufge­teilt werden, wenn im Haushalt des Antrag­stellers weitere Personen mit Einkommen leben. Das bedeutet, dass die Wohnkosten dann beispiels­weise nur zur Hälfte für den Antrag­steller berück­sichtigt werden, wenn eine weitere Person mit einem vergleich­baren Einkommen im Haushalt des Antrag­stellers lebt. Wenn aller­dings diese weitere Person ein so geringes Einkommen hat, dass eine Betei­ligung an den Wohnkosten unbillig wäre, kann von dieser Aufteilung pro Person abgewichen werden. Dann würde für den Antrag­steller ein höherer Anteil an den Wohnkosten bei der Berechnung der abzuzie­henden laufenden Kosten berück­sichtigt werden. Liegt das Einkommen der Mitbe­wohner unter dem für sie einschlä­gigen Freibetrag, müssen sie nicht bei den Wohnkosten berück­sichtigt werden. Bei einem Einkommen über dem Freibetrag kann die Anrechnung der Wohnkosten anteilig erfolgen, wenn große Einkom­mens­un­ter­schiede bestehen. So hat es auch das Oberlan­des­ge­richt Braun­schweig als sachge­recht erachtet, dass auch jenseits der Freibe­trags­grenze ein erheb­licher Einkom­mens­un­ter­schied eine Aufteilung im Verhältnis der beider­sei­tigen Einkünfte recht­fer­tigen könne.

(OLG Braun­schweig, Beschluss vom 22. September 2022 – 1 WF 112/22 –)
 

Welche Freibeträge sind anzurechnen?

Welche Freibe­träge anzurechnen sind, wird im Bundes­ge­setz­blatt bekannt gemacht. Aufgrund der Prozess­kos­ten­hil­fe­be­kannt­ma­chung 2024 zu § 115 ZPO (BGBl. 2023 I Nr. 403) werden ab dem 1. Januar 2024 Freibeträge

1. für Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbs­tä­tigkeit erzielen282 Euro
2. für Partei, sowie Ehegatte oder Lebenspartner619 Euro
3. für unter­halts­be­rech­tigte Erwachsene496 Euro
4. für unter­halts­be­rech­tigte Jugend­liche vom Beginn des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres518 Euro
5. für unter­halts­be­rech­tigte Kinder vom Beginn des 7. bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres429 Euro
6. für unter­halts­be­rech­tigte Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres393 Euro

berück­sichtigt.

Für die Landkreise München, Fürsten­feld­bruck und Starnberg, sowie Landes­hau­ot­stadt München gelten höhere Beträge als im übrigen Bundesgebiet. 

 

Beispiel 1

Für eine allein­er­zie­hende, erwerbs­tätige Person mit einem Gehalt von 1406 € netto, Erspar­nissen von 4.000 €, einer Miete von 600 € und einem 12‐jährigen Kind ergäbe sich folgende Berechnung:

Netto­ein­kommen von 1406 €; Kindergeld 250 €

Partei erzielt Einkommen aus Erwerbs­tä­tigkeit 282 €

Partei für sich 619 €

Kind 12 Jahre alt 429 €

Kein verwert­bares Vermögen

Von dem regel­mä­ßigen Einkommen in Höhe von 1656 € werden die laufenden Kosten in Höhe von 600 € und die Freibe­träge in Höhe von 1330 € abgezogen. Der Wert ihres einzu­set­zenden Einkommens liegt also unter den absetz­baren laufenden Kosten sowie den ihr zuste­henden Freibe­trägen. Es ergäbe sich ein einzu­set­zendes Einkommen in Höhe von ‑274 €. Das bedeutet, das wegen des negativen einzu­set­zenden Einkommens die Prozess­kos­ten­hilfe ratenfrei gewährt würde, also quasi kostenlos wäre.

Ist das einzu­set­zende Einkommen positiv, wird die Prozess­kos­ten­hilfe ebenfalls geleistet, muss aber in Monats­raten zurück­ge­zahlt werden. Die Höhe der Monats­raten beträgt die Hälfte des einzu­set­zenden Einkommens.

 

Beispiel 2

Wäre im oben darge­stellten Beispiel ein regel­mä­ßiges Einkommen (inklusive Kindergeld)  von 2000 € zugrunde zu legen, ergäbe dies ein einzu­set­zendes Einkommen von 70 €. Die monat­liche Rate läge damit bei 35 €.

Seit Januar 2024 gilt zudem, dass bei einem einzu­set­zenden Einkommen, von mehr als 600 € die Monatsrate 

300 € + dem Teil des einzu­set­zenden Einkommens, dass 600 € übersteigt

beträgt.

Mit anderen Worten: hat ein Antrag­steller mehr als 600 € einzu­set­zendes Einkommen, bleiben ihm davon 300 €. Alles, was darüber hinaus geht, muss als monat­liche Rate zur Rückzahlung der Prozess­kosten aufge­wendet werden. 

Liegen die voraus­sicht­lichen Prozess­kosten über dem Wert von 4 Monats­raten, so wird Prozess­kos­ten­hilfe nach § 115 Abs. 4 ZPO nicht bewilligt.

Die finan­zielle Bedürf­tigkeit liegt auch dann nicht vor, wenn eine Rechts­schutz­ver­si­cherung die Kosten übernehmen würde. Teilweise werden Prozess­kosten auch von Gewerk­schaften übernommen. Auch wenn aufgrund gesetz­licher Unter­halts­ver­pflich­tungen jemand anderes (z.B. Ehegatten oder Eltern) für die Prozess­kosten aufkommen muss, besteht keine finan­zielle Bedürftigkeit.

 

Hinreichende Erfolgsaussicht

Weitere Voraus­setzung für die Bewil­ligung von Prozess­kos­ten­hilfe ist die sogenannte hinrei­chende Aussicht auf Erfolg. Diese liegt vor, wenn der Prozess nicht von vornherein mit Sicherheit verloren werden würde. Das Gericht wird also eine vorläufige Prognose darüber anstellen, wie die Chancen stehen, den Prozess zu gewinnen. Es passiert relativ selten, dass ein Gericht es für nahezu ausge­schlossen hält, dass ein Prozess gewonnen werden kann. Wenn eine einge­nommene Rechts­po­sition ernsthaft in Betracht gezogen werden kann und grund­sätzlich beweisbar ist, dürfte hinrei­chende Aussicht auf Erfolg bestehen.

 

Fehlende Mutwilligkeit

Ob Mutwil­ligkeit vorliegt, wird anhand der Kontroll­frage bewertet, wie eine Prozess­partei handeln würde, die finan­ziell in der Lage wäre, den Prozess auf eigene Kosten zu führen. Würde diese von dem Prozess Abstand nehmen,  läge Mutwil­ligkeit vor.

 

Wo und wie kann Prozesskostenhilfe beantragt werden?

Beantragt wird die Prozess­kos­ten­hilfe beim zustän­digen Prozess­ge­richt der Haupt­sache. Im Arbeits­recht ist das Arbeits­ge­richt der jewei­ligen Instanz zuständig. Prozess­kos­ten­hilfe wird immer nur für die jeweilige Instanz und nur für die beantragten Streit­ge­gen­stände (die Punkte um die es geht) gewährt. Wird eine Klage beispiels­weise erweitert oder wird das Verfahren beim Landes­ar­beits­ge­richt weiter­ge­führt, muss ein neuer Antrag auf Prozess­kos­ten­hilfe gestellt werden. 

Den Antrag kann die Prozess­partei selbst oder Ihr Anwalt stellen. Die Partei muss den Antrag und die Erklärung über die persön­lichen und Wirtschaft­lichen Verhält­nisse aber persönlich unter­schreiben. Das Formular zur die Erklärung über die persön­lichen und Wirtschaft­lichen Verhält­nisse muss richtig ausge­füllt und dem Arbeits­ge­richt (recht­zeitig) zugesandt werden. Es muss dazu das offizielle Formular verwendet werden, dass von vielen Gerichten im Internet zum Download bereit­ge­hal­tenen wird.

 

Was muss ich nachweisen?

Die Angaben, die im Antrag bzw. der Erklärung über die persön­lichen und wirtschaft­lichen Verhält­nisse müssen nachge­wiesen werden. Dies kann etwa durch Einrei­chung von Gehalts­ab­rech­nungen, Steuer­be­scheiden, Konto­aus­zügen, Bescheide zum Arbeits­lo­sengeld,  Mietver­trägen, Neben­kos­ten­ab­rech­nungen etc. erfolgen.

 

Wann Muss Prozesskostenhilfe beantragt werden?

Ein Antrag auf Prozess­kos­ten­hilfe kann auch noch während des Gerichts­ver­fahrens gestellt werden. Ist das Verfahren abgeschlossen, ist das nicht mehr möglich.

 

Was wird bezahlt?

Wenn Prozess­kos­ten­hilfe bewilligt wird, muss der Antrag­steller zunächst keine Gerichts­kosten bezahlen. (Gerichts­kosten fallen im Arbeits­ge­richt in der ersten Instanz ohnehin nur bei Unter­liegen an. Wird ein Vergleich geschlossen, fallen keine Gerichts­kosten an.) Anwalts­ge­bühren müssen dann nicht bezahlt werden, wenn beim Antrag, auch die Beiordnung des namentlich bezeich­neten Rechts­an­waltes beantragt wurde. Der Anwalt bekommt seine Gebühren dann vom Staat. Der Antrag­steller muss auch keine Kosten für Sachver­ständige oder Zeugen­aus­lagen übernehmen. Auch notwendige Reise­kosten der Prozess­partei und ihres Anwalts oder Vergleichs­ge­bühren für einen außer­ge­richt­lichen Vergleich werden übernommen.

Aller­dings kann es, je nach Einkommens‐ und Vermö­genslage, sein, dass die Prozess­kos­ten­hilfe in Raten zurück­ge­zahlt werden muss.

 
gegnerische Kosten

Auch wenn der Prozess in der ersten Instanz vor dem Arbeits­ge­richt verloren geht, müssen die Kosten für den gegne­ri­schen Anwalt nicht übernommen werden. Geht der Prozess aber in der zweiten Instanz (Landes­ar­beits­ge­richt) verloren und muss der Antrag­steller die Kosten des Rechts­streits tragen, müssen auch die Kosten des gegne­ri­schen Anwalts selbst getragen werden. Sie sind nicht von der Prozess­kos­ten­hilfe erfasst.

 

Wie viel muss ich zurückzahlen?

Wie oben in der Beispiels­rechnung aufge­zeigt, kann es sein, dass, nach Abzug aller laufenden Kosten und Freibe­träge ein negatives einzu­set­zendes Einkommen errechnet wird. Dann muss nichts zurück­ge­zahlt werden. Die Prozess­kos­ten­hilfe ist dann „ratenfrei“. Wird aller­dings ein positives einzu­set­zendes Einkommen über 19 € errechnet, müssen die Kosten, die durch die Prozess­kos­ten­hilfe übernommen wurden, zinslos in Raten zurück­ge­zahlt werden. Die Monats­raten setzt das Gericht fest. Die Höhe der Monats­raten beträgt die Hälfte des einzu­set­zenden Einkommens und sind abzurunden. Würde die Monatsrate aller­dings geringer als 10 € sein, wird keine Monatsrate festge­setzt. Wenn das einzu­set­zende Einkommen höher als 600 € ist, liegt die Monatsrate bei 300 € zuzüglich des Teils des einzu­set­zenden Einkommens, dass 600 € übersteigt. (§115 Abs. 2 Satz 3 ZPO)

Es werden höchsten 48 Raten angesetzt, so dass nach vier Jahren keine weiteren Raten mehr bezahlt zu werden brauchen – auch wenn die Prozess­kos­ten­hilfe bis dahin noch nicht vollständig zurück­ge­zahlt ist.

 

Verbesserung oder Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse

Wenn Prozess­kos­ten­hilfe bewilligt wurde, ist der Antrag­steller nach § 120 a ZPO verpflichtet, jede wesent­liche Verän­derung der persön­lichen und wirtschaft­lichen Verhält­nisse, die für die Bewil­ligung relevant waren, dem Gericht unver­züglich mitzu­teilen. Bei wirtschaft­licher Verbes­serung können das beispiels­weise dauer­hafte Gehalts­er­hö­hungen oder der Wegfall abzugs­fä­higer Belas­tungen, wie Unter­halts­zah­lungen, sein. Auch wenn etwas durch das Gerichts­ver­fahren erlangt wird, also beispiels­weise eine Abfindung, muss dies angegeben und gegebe­nen­falls zur Finan­zierung der Prozess­kosten einge­setzt werden.

Dadurch könnte sich ein positives einzu­set­zendes Einkommen ergeben und nachträglich eine Rückzah­lungsrate durch das Gericht festge­setzt werden. Aller­dings gibt es das bereits erwähnte Schon­ver­mögen von 10.000 €. Daneben verbleibt, laut Bundes­ar­beits­ge­richt (3 AZB 12/05), im Regelfall von Abfin­dungen noch ein zusätz­licher Betrag für typische, durch den Arbeits­platz­verlust hervor­ge­rufene Kosten, wie beispiels­weise Bewer­bungs­kosten, Fahrten, Schulungen und Umzug. Zumindest dann, wenn noch keine neue Arbeits­stelle unmit­telbar in Aussicht steht. Wie hoch dieser Betrag sein soll, ist umstritten und wird von den Gerichten im Einzelfall entschieden. (Beispiels­weise 2600,- €, so Landes­ar­beits­ge­richt Nürnberg, Beschluss vom 16. April 2019 – 2 Ta 31/19 –)

Verschlechtert sich die wirtschaft­liche Lage des Antrag­stellers hingegen, etwa durch aufge­brauchtes Vermögen, ist dies ebenfalls zu berück­sich­tigen und kann gegebe­nen­falls zum Wegfall der Raten­zahlung führen.

Die Mittei­lungs­pflicht, dem Gericht Verbes­serung oder Verschlech­terung der wirtschaft­lichen Verhält­nisse mitzu­teilen, geht über das gericht­liche Verfahren hinaus und endet nach 4 Jahren ab Beendigung des Verfahrens.

 

Aufhebung der Bewilligung

Die Pflicht, dem Gericht diese wirtschaft­lichen Verän­de­rungen mitzu­teilen, sollte unbedingt ernst genommen werden. Denn wenn diese Angaben unter­bleiben oder absichtlich falsch gemacht werden, kann das Gericht die Bewil­ligung der Prozess­kos­ten­hilfe nach § 120a ZPO aufheben. Dies hätte zur Folge, dass die gesamten, bislang ausge­legten, Kosten des Rechts­streits auf einmal vom Antrag­steller zu zahlen sind. 

 
Tipp:

Wenn sich Ihre wirtschaft­liche Lage ändert, sollten Sie dies dem Gericht so schnell wie möglich mitteilen.

Rechts­anwaltJan Böhm
 

Fazit

Können sich Personen einen Rechts­streit finan­ziell nicht leisten, kann es Prozess­kos­ten­hilfe geben, wenn niemand anderes die Kosten tragen muss, hinrei­chend Aussicht auf Erfolg besteht und die Rechts­ver­folgung nicht mutwillig ist. Der Staat legt dann die Kosten aus.

Die finan­zielle Bedürf­tigkeit richtet sich nach dem Einkommen und dem einzu­set­zenden Vermögen. Es gibt Freibeträge.

Ist das einzu­set­zendes Einkommen negativ, muss die Prozess­kos­ten­hilfe nicht zurück­ge­zahlt werden. Ansonsten gibt es eine Raten­zahlung zur Rückzahlung für maximal 48 Monate. Verän­de­rungen der wirtschaft­lichen Lage des Antrag­stellers werden 4 Jahre lang nachträglich berücksichtigt.

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