Urlaubsanspruch bei Kündigung Was passiert mit dem Resturlaub bei Kündigung des Arbeitsvertrags?

Welche Ansprüche haben Arbeit­nehmer im Hinblick auf ihren Resturlaub nach einer Kündigung? Wie hoch ist der Urlaubs­an­spruch bei Kündigung? Können oder müssen sie den Urlaub vor Ablauf der Kündi­gungs­frist nehmen? Können sie statt­dessen die Auszahlung der ihnen noch zuste­henden Urlaubstage verlangen? Oder verfallen die Urlaubstage sogar mit der Kündigung? Diese und weitere Fragen beant­worten wir in diesem Artikel.

Für den Urlaubs­an­spruch bei Kündigung ist zunächst einmal wichtig zu wissen, wie viele Urlaubstage dem gekün­digten Arbeit­nehmer überhaupt noch zustehen. Dies ergibt sich aus dem Arbeits‐ oder Tarif­vertrag. Gemäß § 3 BUrlG (Bundes­ur­laubs­gesetz) stehen Arbeit­nehmern pro Jahr mindestens 24 Werktage (ausge­nommen also Sonn‐ und Feiertage, aber einschließlich Samstage) zu. Bei einer Fünf‐Tage‐Woche (Montag bis Freitag) ist dies ein gesetz­licher Mindest­ur­laubs­an­spruch von 20 Arbeits­tagen pro Jahr. Diese Zahl darf durch Arbeits‐ und Tarif­vertrag nicht unter­schritten, wohl aber überschritten werden. In den meisten Arbeits­ver­trägen sind mehr Urlaubstage als dieser gesetz­liche Mindest­an­spruch vereinbart.

 

Wie hoch ist der Urlaubsanspruch bei Kündigung?

Wenn Arbeit­nehmer in der zweiten Jahres­hälfte aus dem Unter­nehmen ausscheiden, haben sie Anspruch auf den vollen Jahres­urlaub. Wird die Kündigung in der ersten Jahres­hälfte, d.h. bis zum 30. Juni eines Jahres oder während der ersten sechs Monate im Arbeits­ver­hältnis wirksam, so steht dem Arbeit­nehmer ein Zwölftel des Jahres­urlaub pro Beschäf­ti­gungs­monat zu. Scheidet der Arbeit­nehmer beispiels­weise zum 31. März des Jahres aus dem Unter­nehmen aus, so beträgt der Urlaubs­an­spruch bis dahin drei Zwölftel (= ¼) des Jahres­ur­laubs. Bei einem Urlaubs­an­spruch von 24 Arbeits­tagen im Jahr wären dies 6 Tage.

 

Recht und Pflicht, Urlaub zu nehmen – Ausnahme nur bei dringenden betrieblichen Belangen

Der Arbeit­geber muss dem Arbeit­nehmer bei Kündigung noch bestehende Urlaubstage bis zur Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses gewähren, wenn dieser den Urlaub wünscht.

Nur wenn „dringende betrieb­liche Belange oder Urlaubs­wünsche anderer Arbeit­nehmer, die unter sozialen Gesichts­punkten den Vorrang verdienen, entge­gen­stehen“, kann der Arbeit­geber den Urlaub vor dem Ende des Arbeits­ver­hält­nisses versagen (§ 7 Absatz 1 BUrlG). Die noch offenen Urlaubstage sind dann in Geld auszahlen.

Ein solcher dringender betrieb­licher Grund kann in der notwen­digen Einar­beitung des Nachfolgers in einer besonders wichtigen Position liegen, oder wenn der Urlaubs­wunsch in die Spitzenzeit der Produktion fällt, und die Arbeits­leistung des Arbeit­nehmers unver­zichtbar ist.

Der Arbeit­geber kann nach der Kündigung sogar gegen den Willen des Arbeit­nehmers anordnen, dass dieser seinen Resturlaub nimmt. Der Arbeit­nehmer hat also kein Wahlrecht, ob er seinen Urlaub nimmt oder sich diesen auszahlen lässt.

Der Arbeit­geber muss den Arbeit­nehmer auch darauf hinweisen, wenn die Gefahr des Verfalls des Urlaubes oder die Gefahr der Verjährung des Anspruchs besteht. Er muss den Arbeit­nehmer dazu auffordern, den Urlaub tatsächlich zu nehmen. Wenn der Arbeit­geber diese Mitwir­kungs­pflicht verletzt, kann der Urlaubs­an­spruch nicht verjähren. (Bundes­ar­beits­ge­richt, – 9 AZR 266/20 -)

 

Abgeltung der nicht genommenen Resturlaubstage

Nur wenn es nicht mehr möglich ist, den Urlaub bis zur Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses zu nehmen bzw. der Arbeit­geber dies nicht angeordnet hat, und der Arbeit­nehmer nicht durch eine vertrag­liche Verein­barung auf seinen Urlaub verzichtet, ist der bei Ausscheiden aus dem Unter­nehmen noch bestehende Urlaub in Geld abzugelten. Die Höhe des auszu­zah­lenden Urlaubs­ent­gelts bemisst sich nach § 11 BUrlG. Danach bemisst sich die Abgeltung nach dem durch­schnitt­lichen Arbeits­ver­dienst, welchen der Arbeit­nehmer in den letzten dreizehn Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat. Lohn aus Überstunden ist nicht zu berücksichtigen.

 

Berechnung des Urlaubsentgelts

Zur Berechnung des Urlaubs­ent­gelts, bzw. der Abgeltung, wird zunächst das Quartals­gehalt ermittelt.

Sofern das Gehalt immer gleich bleibt, wird dazu das Brutto­gehalt mit 3 multi­pli­ziert. Alter­nativ wird der Mittelwert aus 3 Brutto­ge­hältern gebildet.

Das Quartals­gehalt wird dann durch 13 Wochen geteilt und so der Wert einer Arbeits­woche ermittelt. Dieser Wert wird dann durch die Anzahl der Arbeitstage geteilt. So erhält man den Wert eines Arbeits­tages bzw. das Urlaubs­entgelt eines Urlaubstages.

 

Abgeltung des Resturlaubs bei fristloser Kündigung

Diese Grund­sätze gelten auch für die außer­or­dent­liche fristlose Kündigung. Da diese nur bei Unzumut­barkeit der Fortsetzung des Arbeits­ver­hält­nisses wirksam ausge­sprochen werden kann, so dass die Kündigung ohnehin sofort ohne jede Frist wirksam werden soll, ist es aller­dings im Fall der frist­losen Kündigung in aller Regel nicht mehr möglich, noch offenen Resturlaub vor der Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses zu nehmen. Bei der frist­losen Kündigung ist deshalb die Abgeltung des offenen Restur­laubs die Regel.

 

Freistellung ist kein Urlaub

Arbeit­geber stellen ihre Arbeit­nehmer nach Ausspruch einer Kündigung oftmals von der weiteren Arbeit frei. Das heißt, dass sie für die Zeit zwischen Kündi­gungs­er­klärung und Ende der Kündi­gungs­frist, zu dem das Arbeits­ver­hältnis aufgrund der Kündigung dann beendet ist, auf die Arbeits­leistung des Arbeit­nehmers verzichten. Dies kann zum einen dem Gebot der Fairness geschuldet sein. Wenn der Arbeit­nehmer schon seinen Job verliert, soll er wenigstens Zeit haben, die Arbeits­lo­sigkeit organi­sa­to­risch vorzu­be­reiten und sich um die Bewerbung für einen neuen Arbeits­platz zu kümmern. Zum anderen wird der Arbeit­geber von einem gekün­digten Arbeit­nehmer vielleicht nicht mehr das volle Maß an Motivation und Loyalität erwarten können, so dass er lieber von vornherein auf das weitere Erscheinen am Arbeits­platz verzichtet. Mit der Freistellung ist der Arbeit­nehmer vom Erscheinen am Arbeits­platz befreit.

Diese Zeit der Freistellung ist für den Arbeit­nehmer aber kein Erholungs­urlaub. Sofern der Arbeit­geber die Freistellung nicht weiter spezi­fi­ziert – etwa indem die Freistellung ausdrücklich unter Anrechnung des konkret benannten Restur­laubs erfolgt – verfällt der Urlaub nicht. Soll der Urlaub mit der Freistellung abgegolten werden, so muss die Freistellung unwider­ruflich erfolgen und das vertrags­gemäße Urlaubs­entgelt ausge­zahlt werden.

Auch bei einer Erkrankung verfällt der noch bestehende Resturlaub nicht, sofern der Arbeit­nehmer sich beim Arbeit­geber krank meldet und eine ärztliche Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­nigung vorlegt.

 

Aufhebungsvertrag vor Unterzeichnung sorgfältig prüfen

Vorsicht ist vor Schrift­stücken geboten, die der Arbeit­geber zur Unter­schrift vorlegt. Legt der Arbeit­geber etwa einen Aufhe­bungs­vertrag vor, so sollte sehr genau geprüft werden, ob die Unter­zeichnung des Vertrags wirklich vorteilhaft ist, oder ob dadurch nicht nur die recht­liche Position des Arbeit­gebers gestärkt wird – etwa indem mit dem Aufhe­bungs­vertrag der Kündi­gungs­schutz ausge­hebelt wird, oder der Arbeit­nehmer auf eine Abfindung oder auch die Auszahlung noch bestehender Urlaubs­an­sprüche verzichtet. Denn Arbeit­nehmern ist es unbenommen, auf ihre gesetz­lichen Rechte freiwillig durch Vertrag mit dem Arbeit­geber zu verzichten. Dieser Fehler sollte Ihnen nicht unterlaufen.

 

Abgeltungsanspruch von Resturlaub im Kündigungsschutzprozess

Auch wenn sich der gekün­digte Arbeit­nehmer mit einer Kündi­gungs­schutz­klage vor dem Arbeits­ge­richt gegen die Kündigung wehrt, ist an noch bestehende Urlaubs­an­sprüche zu denken. Der Abgel­tungs­an­spruch muss ausdrücklich geltend gemacht werden. Auch bei einem Vergleich im Kündi­gungs­schutz­prozess ist an eine Abgeltung des Restur­laubs zu denken – etwa durch entspre­chende Erhöhung der zu verein­ba­renden Abfindung.

Der Abgel­tungs­an­spruch kann übrigens verjähren, wenn er erst drei Jahre nach Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses geltend gemacht wird. 

(Mehr zum Urlaubs­an­spruch können Sie hier lesen.)

SI Rechtsanwaltsgesellschaft mbH