Die Abmahnung Was tun bei einer Abmahnung durch den Arbeitgeber?

Eine Abmahnung am Arbeits­platz ist immer ernst zu nehmen. Denn mit ihr macht der Arbeit­geber deutlich, dass er mit dem Arbeits­ver­hältnis nicht zufrieden ist, ihn etwas an dem abgemahnten Arbeit­nehmer stört und er eine Änderung erwartet. Zudem kann eine Abmahnung der Vorbe­reitung einer späteren Kündigung, die sich auf einen personen‐ oder verhal­tens­be­dingten Kündi­gungs­grund stützt, dienen. Selbst wenn der Arbeit­geber zum Zeitpunkt der Abmahnung noch gar nicht vorhat, Ihnen zu kündigen, kann eine Abmahnung eine wichtige Rolle in einem späteren Rechts­streit um die Recht­mä­ßigkeit einer Kündigung spielen.

 

Was ist eine Abmahnung?

Ob es sich bei einer bestimmten Äußerung des Arbeit­gebers um eine Abmahnung handelt, ist manchmal gar nicht so einfach festzu­stellen. Denn sie unter­liegt keinen strengen Formvor­schriften. Sie kann sogar mündlich erteilt werden. Aller­dings trägt der Arbeit­geber in einem späteren Kündi­gungs­schutz­prozess die volle Beweislast. Er muss beweisen, dass die Abmahnung erteilt wurde, der Arbeit­nehmer die Erklärung empfangen hat und welchen Inhalt sie hatte. Allein aus diesem Grund werden Abmah­nungen in der Regel schriftlich erteilt. Auf diesem Wege soll auch sicher­ge­stellt werden, dass der Arbeit­nehmer die Abmahnung ernst nimmt. 

 

Hinweis und Warnung

Mit einer Abmahnung wird der Verstoß des Arbeit­nehmers gegen eine arbeits­ver­trag­liche Pflicht abgemahnt. Zusätzlich wird angedroht, dass bei erneuter Pflicht­ver­letzung das Arbeits­ver­hältnis gekündigt wird. Ohne eine ausdrück­liche Mahnung, dass bei Wieder­holung des beanstan­deten Verhaltens mit der Kündigung bzw. „arbeits­recht­lichen Konse­quenzten” zu rechnen ist, handelt es sich um keine Abmahnung, mit der eine Kündigung vorbe­reitet werden kann. Eine schrift­liche Abmahnung wird deshalb in der Regel recht einfach als Abmahnung zu erkennen sein.

Das Bundes­ar­beits­ge­richt lässt es auch ausreichen, wenn in der Abmahnung „arbeits­recht­liche Konse­quenzen“ angedroht werden.

Eine ausdrück­liche Kündi­gungs­an­drohung ist dafür nicht erfor­derlich. Es ist ausrei­chend, wenn der Arbeit­nehmer erkennen kann, der Arbeit­geber werde im Wieder­ho­lungsfall mögli­cher­weise auch mit einer Kündigung reagieren.

(BAG, Urteil vom 19. April 2012 – 2 AZR 258/11 –)

Anders verhält es sich bei der mündlichen Abmahnung. Diese ist von Rügen, Ermah­nungen, Ratschlägen oder einer bloßen Kritik durch den Arbeit­geber abzugrenzen.

 

Wer darf den Arbeitnehmer abmahnen?

Eine Abmahnung kann auf Arbeit­ge­ber­seite jeder erteilen, der berechtigt ist, dem Arbeit­nehmer Weisungen zu erteilen. Sie braucht also nicht vom Unter­neh­menschef oder Perso­nal­leiter selbst, sondern kann von jedem weisungs­be­rech­tigten Vorge­setzten ausge­sprochen werden.

 

Abmahngründe – Wann ist eine Abmahnung berechtigt?

Eine Abmahnung kann ausge­sprochen werden, wenn der Arbeit­nehmer gegen eine arbeits­ver­trag­liche Pflicht verstößt. So muss beispiels­weise bei Zuspät­kommen mit einer Abmahnung gerechnet werden, wenn Pausen überzogen werden oder gegen den Arbeits­schutz verstoßen wird. Ebenso, wenn Kollegen oder Kunden unange­messen behandelt werden oder wenn eine schlechte Arbeits­leistung erbracht wird. Auch wenn der Arbeit­nehmer unent­schuldigt nicht zur Arbeit erscheint oder bei Krankheit zu Hause bleibt, ohne eine Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­nigung vorzu­legen, kann abgemahnt werden. Wegen eines perso­nen­be­dingten Pflich­ten­ver­stoßes kann beispiels­weise abgemahnt werden, wenn der Arbeit­nehmer aufgrund einer sehr lange andau­ernden Erkrankung oder wegen vieler Kurzerkran­kungen der Arbeit fern bleibt. Zusätzlich muss auch in Zukunft zu erwarten sein, dass der Arbeit­nehmer seine Arbeits­leis­tungen krank­heits­be­dingt nicht mehr erbringen kann.

 

Folgen der Abmahnung: Rechtfertigung der verhaltens‐ oder personenbedingten Kündigung

Die unmit­telbare Funktion der Abmahnung ist die Rüge eines bestimmten Verstoßes des Arbeit­nehmers gegen seine arbeits­ver­trag­lichen Pflichten, verbunden mit der Warnung, dass im Wieder­ho­lungsfall mit der Kündigung zu rechnen ist.

Mit der Abmahnung wird das Fehlver­halten dokumen­tiert und zur Perso­nalakte genommen. Kommt es in Zukunft trotz der Drohung mit der Kündigung zu einem erneuten Verstoß, der bereits mit der Abmahnung gerügt wurde, so kann der Arbeit­nehmer unter Berufung auf den fortge­setzten Pflich­ten­verstoß mögli­cher­weise gekündigt werden. Denn die verhaltens‑, sowie perso­nen­be­dingte Kündigung bedarf in der Regel der vorhe­rigen Abmahnung des vorge­wor­fenen Pflich­ten­ver­stoßes. Einer vorhe­rigen Abmahnung bedarf es nur dann ausnahms­weise nicht, wenn diese keinen Erfolg verspricht. Oder wenn die Pflicht­ver­letzung des Arbeit­nehmers so erheblich ist, dass dieser von vornherein nicht von einer Hinnahme des Fehlver­haltens durch den Arbeit­geber ausgehen konnte. Dies ist etwa bei einem schweren Vertrau­ens­bruch wie einer gegen das Unter­nehmen gerich­teten Straftat (Diebstahl, Unter­schlagung, Betrug) der Fall.

Kommt es nach der Abmahnung zu einer erneuten Pflicht­ver­letzung, kann eine Kündigung gerecht­fertigt sein. Es muss sich aller­dings um dieselbe Art der Pflicht­ver­letzung handeln. Wurde beispiels­weise wegen Zuspät­kommens abgemahnt, recht­fertigt dies keine spätere Kündigung wegen schlechter Arbeitsleistungen.

 

Wie soll man als Arbeitnehmer auf eine Abmahnung reagieren?

Bei Erhalt einer Abmahnung ist zunächst einmal Ruhe zu bewahren. In keinem Fall sollte der Vorge­setzte, der abgemahnt hat, sofort zur Rede gestellt werden, da dies die Gefahr unbedachter Äußerungen mit sich bringt. Insbe­sondere eine (unbeab­sich­tigte) Bestä­tigung der Vorwürfe, aber auch belei­di­gende Äußerungen gegenüber dem Arbeit­geber, die ihrer­seits das Arbeits­ver­hältnis zusätzlich belasten bzw. einen eigen­stän­digen Kündi­gungs­grund schaffen, sind unter allen Umständen zu vermeiden.

Vom Arbeit­geber vorbe­reitete, schrift­liche Erklä­rungen sollten keines­falls blind unter­schrieben werden. Es darf allen­falls der Empfang des Abmahn­schreibens, unter keinen Umständen aber die Anerkenntnis der Abmahn­gründe selbst, bestätigt werden.

 

Rekonstruieren Sie den Sachverhalt 

Da mit der Abmahnung, sofern sie der Vorbe­reitung einer Kündigung dient, eine konkrete Pflicht­ver­letzung gerügt wird, wird diese konkret benannt werden. Um einer fehler­haften Sachver­halts­dar­stellung durch den Arbeit­geber entge­gen­zu­treten, sollten Sie den abgemahnten Sachverhalt gründlich rekon­stru­ieren. Damit können Sie Ihre mögli­cher­weise abwei­chende Sicht der Dinge darlegen.

 

sichern Sie entlastende Beweise

Sichern Sie alle Beweise, die Ihre Sicht der Dinge stützen. Dies können Zeugen­aus­sagen oder Schrift­stücke sein, mit denen sich nachweisen lässt, dass Sie die vorge­worfene Pflicht­ver­letzung nicht so, wie vom Arbeit­geber behauptet, begangen haben. Können Kollegen oder andere Personen Ihre Version des Sachver­halts bestä­tigen, sollten Sie diese ansprechen und sie bitten, ihre Wahrneh­mungen zu dokumen­tieren. Kommt es in Zukunft zu einem Prozess vor dem Arbeits­ge­richt, können sich die Zeugen mit Hilfe ihrer Notiz besser an die Ereig­nisse erinnern. Denn das mit der Zeit verblas­sende Erinne­rungs­ver­mögen ist der große Schwach­punkt von Zeugen­aus­sagen. Sichern Sie deshalb alle Beweis­mittel, um Ihre Position in einem eventu­ellen Kündi­gungs­schutz­ver­fahren mit Erfolg darlegen zu können.

 

Anspruch auf Gegendarstellung in Personalakte

Wenn die Abmahnung – was regel­mäßig der Fall ist – in Ihre Perso­nalakte aufge­nommen wird, haben Sie Anspruch darauf, dass eine von Ihnen verfasste Gegen­dar­stellung ebenfalls zur Perso­nalakte genommen wird.

Mit der Einrei­chung einer solchen Gegen­dar­stellung können Sie dem Arbeit­geber Ihre Sicht der Dinge darlegen. Eventuell können Sie falschen Sachver­halts­an­gaben des Arbeit­gebers entge­gen­treten. Kommt es zu einem Gerichts­ver­fahren, in dem sich der Arbeit­geber auf das abgemahnte Fehlver­halten beruft – etwa um eine Kündigung des Arbeits­ver­hält­nisses zu recht­fer­tigen – so muss dieser das Fehlver­halten nachweisen.

Die Gegen­dar­stellung ist ein vergleichs­weise mildes Mittel, mit dem das Arbeits­ver­hältnis nicht weiter belastet werden dürfte. Ein solches Vorgehen kann unter Umständen ausreichen, wenn die Hoffnung besteht, dass das Arbeits­ver­hältnis grund­sätzlich noch gekittet werden kann. Eine zusätz­liche (gericht­liche) Ausein­an­der­setzung kann dann kontra­pro­duktiv sein.

 

Das persönliche Gespräch mit dem Vorgesetzten suchen

Zusätzlich zur Gegen­dar­stellung kann auch das persön­liche Gespräch mit dem Vorge­setzten gesucht werden, um zu besprechen, wie in Zukunft das Arbeits­ver­hältnis verbessert werden kann. Dies kann insbe­sondere während der Probezeit oder in kleinen Betrieben bis zu zehn Mitar­beitern, in denen kein Kündi­gungs­schutz nach dem Kündi­gungs­schutz­gesetz gilt, ratsam sein. Gerade dort, wo das Arbeits­ver­hältnis durch das tägliche Mitein­ander der Kollegen, wie es gerade in kleinen Betrieben üblich ist, geprägt ist, kann das persön­liche Gespräch ein wichtiger Schritt sein, um das angekratzte Vertrau­ens­ver­hältnis zum Unter­neh­menschef und den Kollegen wieder­her­zu­stellen. Auch wenn die Abmahnung berechtigt ist, d.h. der Arbeit­geber die vorge­worfene Pflicht­ver­letzung zur Recht bemängelt und den Sacherhalt auch nachweisen kann, kann das persön­liche Gespräch die beste Möglichkeit sein, um das Arbeits­ver­hältnis zu retten. Dieses Gespräch sollte aber wohlüberlegt und vorbe­reitet sein. Es sollte keines­falls in der ersten Hitze des Gefechts nach Erhalt der Abmahnung geführt werden.

 

Beschwerde beim Betriebsrat einreichen

Gibt es einen Betriebsrat, so kann dieser über die Abmahnung in Kenntnis gesetzt werden. Sie haben als Arbeit­nehmer gemäß § 85 Absatz 1 BetrVG (Betriebs­ver­fas­sungs­gesetz) einen Anspruch auf Beschwerde beim Betriebsrat. Dieser kann bei der Vermittlung mit dem Arbeit­geber weiter­helfen. Hält der Betriebsrat die Beschwerde für berechtigt, so muss er beim Arbeit­geber auf Abhilfe hinwirken.

 

Klage auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte

Das schärfste Schwert des Arbeit­nehmers, um gegen eine Abmahnung vorzu­gehen, ist die Klage auf Rücknahme der Abmahnung vor dem Arbeits­ge­richt. Dort können Sie die Entfernung einer unberech­tigten Abmahnung aus der Perso­nalakte verlangen. Dann muss der Arbeit­geber nachweisen, dass die Abmahnung berechtigt ist. Er muss also darlegen und beweisen, dass der Arbeit­nehmer die konkret vorge­worfene Pflicht­ver­letzung begangen hat. Die Erhebung einer solche Klage sollte aber wohl überlegt sein. Sie sollte nur unter­nommen werden, wenn das Arbeits­ver­hältnis ohnehin schwer gestört ist. Denn mit der Einleitung eines solchen strei­tigen Klage­ver­fahrens wird den Parteien vor Augen geführt, dass sie nicht auf einer Seite stehen, sondern diver­gie­rende Partei­in­ter­essen vertreten, die vor Gericht ausge­fochten werden. In der persön­lichen Wahrnehmung von Arbeit­geber und Arbeit­nehmer kann dies die Fronten verhärten und die Sicht­weise auf die andere Seite nicht als Kollege, sondern als Gegner zementieren.

 

Fazit

Egal, ob Sie gegen die Abmahnung vorgehen wollen, ob Sie das persön­liche Gespräch mit dem Arbeit­geber suchen oder sich sogar vor dem Arbeits­ge­richt gegen die Abmahnung wehren: In jedem Fall sollten Sie die zu Ihren Gunsten vorlie­genden Beweise sichern, mit denen sich die Vorwürfe des Arbeit­gebers entkräften lassen. Anschließen ist zu überlegen, ob und wie Sie gegen die Abmahnung vorgehen. Manchmal kann es sogar ratsam sein, gar nichts weiter zu unter­nehmen, sondern die Abmahnung zunächst auf sich beruhen zu lassen. Denn kommt es zu einer auf das abgemahnte Fehlver­halten gestützten Kündigung, so muss der Arbeit­geber, wenn Sie die Vorwürfe bestreiten, diese konkret darlegen und beweisen. Eine (unberech­tigte) Abmahnung entbindet den Arbeit­geber nicht von dieser Darlegungs‐ und Beweislast. Eine Vertei­digung gegen die in der Abmahnung aufge­führten Vorwürfe ist also auch später noch möglich.

Eine Kündigung muss man nicht kampflos hinnehmen!

Gegen eine Kündigung kann man sich in vielen Fällen wehren!

Eine entspre­chende Kündi­gungs­schutz­klage muss aber innerhalb von drei Wochen beim Arbeits­ge­richt eingehen. Eine Frist­ver­län­gerung ist nur in ganz seltenen Fällen möglich.

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