Zeugnis Welche Beurtei­lungen in einem quali­fi­zierten Zeugnis verlangt werden können. 

Am Ende eines Arbeits­ver­hält­nisses steht das Arbeits­zeugnis. Dabei kann die Wahrnehmung der erbrachten Leistungen und Fähig­keiten zwischen Arbeit­gebern und Beschäf­tigten schon mal weit ausein­ander liegen. Aber auch wenn dem Arbeit­geber grund­sätzlich freige­stellt ist, wie er das Zeugnis schreibt, so sind doch einige Regeln zu beachten. Schließlich kann das Zeugnis entscheidend für die beruf­liche Zukunft des Arbeit­nehmers sein. 

 

Einfaches und qualifiziertes Zeugnis

Ein einfaches, schrift­liches Arbeits­zeugnis muss mindestens die Angaben zur Person von Arbeit­geber und Arbeit­nehmer, die genaue Art und Dauer der Tätigkeit, die fachliche und inner­be­trieb­liche Entwicklung und beruf­liche Fortbil­dungs­maß­nahmen, das Ausstel­lungs­datum und eine Unter­schrift des Zeugnis­gebers enthalten. Bei einem quali­fi­zierten Zeugnis müssen darüber hinaus auch noch Angaben und Beschrei­bungen zur Leistung und dem Verhalten des Arbeit­nehmers enthalten sein.

Im Allge­meinen kann der Arbeit­nehmer verlangen, dass ihm statt eines einfachen, ein quali­fi­ziertes Zeugnis erteilt wird. Wird ihm unauf­ge­fordert ein quali­fi­ziertes Zeugnis ausge­stellt, kann er dies zurück­weisen und statt­dessen ein einfachen Zeugnis fordern. Wenn der Arbeit­nehmer aller­dings ein quali­fi­ziertes Zeugnis gefordert hat und nicht mit dem Inhalt zufrieden ist, kann er nicht mehr fordern, doch lieber ein einfaches Zeugnis zu erhalten. Aller­dings kann der Arbeit­nehmer verlangen, dass das Zeugnis berichtigt wird, sofern es inhaltlich zu beanstanden ist.

 

Aufbau eines qualifizierten Zeugnisses

Ein ordent­liches Zeugnis muss indivi­duell geschrieben sein. Schließlich gibt es einen persön­lichen Eindruck über eine ganz bestimmte Person wieder. Daher kann es kein allge­meines Muster für alle Arbeits­zeug­nisse aller Berufs­zweige geben. Ein quali­fi­ziertes Zeugnis sollte aber diesem grund­sätz­licher Aufbau folgen:

  • Überschrift, beispiels­weise „Zeugnis“, „Arbeits­zeugnis” oder „Zwischen­zeugnis”
  • Vollständige Angaben zur Person des Arbeit­nehmers; Unter­neh­mens­be­schreibung, Dauer der Unter­neh­mens­zu­ge­hö­rigkeit, Funkti­ons­be­zeichnung und genaue Aufgabenbeschreibung/Tätigkeitsbeschreibung (die wichtigsten zuerst); Entwicklung im Unternehmen
  • Beurteilung der erbrachten Leistung nach Qualität, Quantität und Einsatzbereitschaft
  • Beurteilung der Führung gegenüber den Vorge­setzten, Mitar­beitern und Kollegen.
  • Schlusssatz mit Angabe des Grundes des Ausscheidens und Dankes‐Bedauerns‐Formel (Nicht unbedingt notwendig)
  • Ort und Zeit der Ausstellung (zeitnah zur Beendigung des Arbeitszeugnisses)
  • Unter­schrift des Arbeit­gebers oder eines konkret weisungs­be­fugten Vertreters.

Zudem sollte das Zeugnis in einem äußerlich einwand­freien Zustand und möglichst auf einem offizi­ellen Firmen­bogen ausge­stellt sein.

 

Wie muss ein qualifiziertes Zeugnis formuliert sein?

Wie das Zeugnis geschrieben wird, obliegt, im Rahmen der Zeugnis­struktur, grund­sätzlich dem Arbeit­geber. Ein Zeugnis soll aber klar verständlich, wahrheits­gemäß und wohlwollend sein. Es muss die Tätig­keiten und Leistungen  des Arbeit­nehmers vollständig wiedergeben.

Was inhaltlich besonders hervor­ge­hoben bzw. erwähnt wird, entscheidet der Arbeit­geber. Alle berufs­spe­zi­fi­schen Merkmale müssen aber einbe­zogen sein. Anspruch auf ausdrück­liche Hervor­hebung und Beschei­nigung bestimmter Merkmale, hat der Arbeit­nehmer, wenn diese für den Berufs­kreis typisch sind und ein Fehlen dieser das beruf­liche Fortkommen behindern könnten. Berufs­spe­zi­fische Eigen­schaften sind Merkmale, die nach Verkehrs­sitte gerade in dieser Branche und dieser Tätigkeit typisch sind.

 

Habe ich Anspruch auf ein gutes Zeugnis?

Die subjektive Wahrnehmung von Leistungen und Führung kann mitunter stark vonein­ander abweichen. Bei der Frage der Qualität der Leistung geht man zunächst von einem durch­schnitt­lichen Arbeit­nehmer aus. Insofern muss ein Zeugnis grund­sätzlich „befrie­digend“ sein. Möchte der Arbeit­nehmer dagegen ein gutes oder sehr gutes Zeugnis haben, muss er Tatsachen vorbringen, die beweisen, dass die Leistung oder Führung besser als durch­schnittlich waren.

Dabei gilt: Eine Leistung, die vom Arbeit­geber nicht beanstandet worden ist, muss deshalb aber noch nicht als sehr gut bewertet werden.

Ein Zeugnis soll aber auch  nicht schlechter als „befrie­digend“ sein. Möchte der Arbeit­geber ein schlech­teres Zeugnis ausstellen, so liegt es an ihm, zu beweisen, warum die Leistung des Arbeit­nehmers unter­durch­schnittlich war.

 

Wohlwollende Beurteilung

Zeugnisse sollen der persön­lichen und beruf­lichen Entwicklung nicht im Wege stehen. Daher gilt der Grundsatz der wohlwol­lenden Beurteilung nach dem Maßstab eines wohlwol­lenden Arbeit­gebers. Das bedeutet aber nicht, dass ein Zeugnis wohlge­fällig sein muss. Zeugnisse müssen vielmehr auch der Wahrheits­pflicht genüge leisten. Diese erstreckt sich auf alle wichtigen Tatsachen, die für die Gesamt­be­ur­teilung des Arbeit­nehmers von Bedeutung sind. Dabei geht es um alle Infor­ma­tionen, die ein neuer, poten­ti­eller Arbeit­geber benötigt, um sich einen fachlichen und persön­lichen Eindruck des poten­ti­ellen Arbeit­nehmers verschaffen zu können. Die Wahrheit geht dem Wohlwollen zwar vor, soll aber nicht gnadenlos, sondern schonend vermittelt werden.

Weiterhin müssen alle Fähig­keiten, Erfolge, Leistungen und Führungs­be­ur­tei­lungen genannt werden, die ein verstän­diger Leser in einem Zeugnis erwartet. Es darf kein „beredetes Schweigen“ geben, also keine Auslas­sungen, wo der verständige Leser eine positive Hervor­hebung erwartet. Wenn eine Hervor­hebung oder Erwähnung nicht zwingend erwartet wird, entscheidet der Arbeit­geber, ob er diese in das Zeugnis einfließen lässt oder nicht.

 

Die Zeugnissprache

Die Zeugnis­sprache wirkt für den Laien oft sperrig. Mitunter sind Unter­schiede und Abstu­fungen nicht gleich erkennbar. Schon kleine Steige­rungen oder das Fehlen selbiger können eine Note Unter­schied ausmachen. Dennoch müssen die Zeugnisse für den „kundigen Leser“ klar und verständlich formu­liert sein. Es dürfen keine Formu­lie­rungen  enthalten sein, die singgemäß oder branchen­spe­zi­fisch eine andere Aussage treffen, als aus der äußeren Form und Wortlaut ersichtlich ist. Es darf also keinen „Geheimcode“ verwendet werden. 

Eine durch­schnitt­liche Leistung wird erst mal positiv beschrieben. Bessere als durch­schnitt­liche Leistungen werden sprachlich durch verstär­kende Formu­lie­rungen, beispiels­weise „stets“, „vollsten“ oder „jederzeit“ beschrieben. Je mehr dieser Verstär­kungs­formen für die einzelne Leistung verwendet werden, desto besser ist die Leistung. Als „Faust­formel“ kann man sagen: 1 Verstärkung = befrie­digend; 2 Verstärkung = gut; 3 Verstärkung = sehr gut. Absolut starr ist dieses System aber nicht, zumal nicht jeder Zeugnis­schreiber sich mit den exakt abgestuften Formu­lie­rungen auskennt.

Einschrän­kungen oder Relati­vie­rungen in den Formu­lie­rungen weisen dementspre­chend auf eine unter­durch­schnitt­liche Leistung hin. „Versucht“, „Im Großen und Ganzen“ oder „bemüht“ weisen auf eine nicht so gute Beurteilung hin.

 

Die Leistungsbeurteilung

Im Zeugnis­ab­schnitt der Leistungs­be­ur­teilung werden im einzelnen folgende Unter­punkte bewertet:

  1. Arbeits­be­reit­schaft: Motivation, Fleiß, Arbeits­wille, Eigen­in­itiative und Selbständigkeit.
  2. Arbeits­be­fä­higung: Fachkennt­nisse, Auffas­sungsgabe, absol­vierte Weiter­bil­dungen, Ausdrucks­ver­mögen, Belastbarkeit.
  3. Berufs­be­zogene Kompetenzen.
  4. Arbeits­weise: Arbeitsgüte, Zuver­läs­sigkeit, Verhand­lungs­ge­schick, Arbeitstempo.
  5. Arbeits­er­folge: Arbeits­menge, Arbeits­er­geb­nisse, Auswir­kungen auf den Betriebserfolg.
  6. Zusam­men­fas­sende Gesamt­be­ur­teilung der Leistung.
 

Beispiele für Formulierungen der Arbeitsleistung

Formu­lierungNote
Stets/Jederzeit zu unserer vollsten Zufrie­denheit; in jeder Hinsicht außer­or­dentlich zufriedenstellendsehr gut
Zur vollsten Zufrie­denheit; stets/ jederzeit zur vollen Zufrie­denheit; voll und ganz zufriedenstellend gut, überdurch­schnitt­liche Leistungen
Stets zu unserer Zufrie­denheit; zu unserer vollen Zufriedenheitbefrie­digend
Zu unserer Zufriedenheitunter­durch­schnittlich aber ausreichend 
Im  Großen und Ganzen zufrie­den­stellend; insgesamt zu unserer Zufriedenheit mangelhaft
Er war bemüht, die ihm gestellten Aufgaben zu erfüllen; …zu unserer Zufrie­denheit zu erledigen versucht ungenügend
 

Die Führungsbeurteilung

Im Führungs­ab­schnitt des Zeugnisses werden Soft Skills und das Verhalten im Betrieb und gegenüber Außen­ste­henden sowie das Einfügen in die betrieb­liche Ordnung, Freund­lichkeit, Koope­ration, Aufge­schlos­senheit oder Kritik­fä­higkeit bewertet.

 

Beispielsformulierungen für die Führung

Gebräuch­liche Formu­lie­rungen für die Führung sind:

Formu­lierungNote
stets vorbildlich               sehr gute Führung
vorbildlichgute Führung
stets einwandfrei/korrektbefrie­di­gende Führung
ohne Tadelausrei­chende Führung
gab zu keiner Klage Anlassmangel­hafte Führung
Über … ist uns Nachtei­liges nicht bekannt gewordenunzurei­chende Führung
 

Gesamtbeurteilung

Abschließend ist nochmal eine Gesamt­be­ur­teilung abzugeben. Diese soll den Charakter der im bishe­rigen Verlauf des Zeugnisses abgege­benen Bewer­tungen wieder­spiegeln. Ein sinnhafter Wider­spruch zwischen Leistungs­be­ur­teilung, Führungs­be­ur­teilung und Gesamt­be­ur­teilung kann auf den verstän­digen Leser negativ wirken. Wenn also eine Leistung „stets zur vollsten Zufrie­denheit“ bewertet wurde, sollte auch die Gesamt­be­ur­teilung ein „sehr gut“ ausdrücken.

 

Schlussatz

Eine Schluss­formel – wie beispiels­weise „Wir danken Frau XY für die geleistete Arbeit und wünschen ihr für die weitere beruf­liche und private Zukunft weiterhin alles Gute und viel Erfolg…“ – wird zwar gerne und oft verwendet, ist aber nicht zwingend vorge­schrieben. So entschied das Bundes­ar­beits­ge­richt ein Fehlen der Schluss­formel gefährde nicht die Reali­sierung des Zeugniszweckes. 

Eine Schluss­formel trage nicht zur Reali­sierung des Zeugnis­zwecks bei. Aus ihr ergäben sich für den Zeugnis­leser bei objek­tiver Betrachtung keine über die eigent­liche Leistungs‐ und Verhal­tens­be­ur­teilung hinaus­ge­henden Infor­ma­tionen zur Beurteilung, inwieweit der Arbeit­nehmer für eine zu beset­zende Stelle geeignet sei.

Durch eine Dankes‐ und Wunsch­formel bringe der Arbeit­geber vielmehr nur Gedanken und Gefühle zum Ausdruck, die kein Rückschlüsse auf das Verhalten und die Leistung des Arbeit­nehmers zulasse. 

Ein Arbeit­nehmer sei durch die Erteilung eines Arbeits­zeug­nisses ohne Schluss­formel nur in geringem Maße in seinen grund­rechtlich geschützten Positionen betroffen.

(BAG, Urteil vom 25. Januar 2022 – 9 AZR 146/21 –)

Somit dürfte eine Schluss­formel nur schwer einklagbar sein.

 

Wie komme ich an mein Zeugnis?

Wenn Ihr Arbeits­ver­hältnis noch fortdauert, können Sie von Ihrem Arbeit­geber ein Zwischen­zeugnis verlangen. Das kann Ihnen einen Einblick verschaffen, wie Sie und Ihre Leistung gerade wahrge­nommen werden. Zudem kann ein Zwischen­zeugnis auch genutzt werden, um sich bei einem anderen Betrieb zu bewerben. Aber Vorsicht: Das bemerkt auch Ihr derzei­tiger Arbeitgeber.

Bei Beendigung Ihres Arbeits­ver­hält­nisses können Sie von Ihrem Arbeit­geber die Ausstellung eines Arbeits­zeug­nisses verlangen. Weigert er sich, kann die Erteilung eines quali­fi­zierten Zeugnisses auch vor Gericht einge­klagt werden.

Wenn Sie Ihr Zeugnis vom Arbeit­geber bekommen, lesen Sie es sich gründlich durch und überlegen, ob alle Tätig­keiten und Fähig­keiten richtig wieder­ge­geben wurden. Wenn Ihnen nach ihrer Selbst­ein­schätzung Zweifel aufkommen, versuchen Sie diese in einem Gespräch mit Ihrem Arbeit­geber zu klären. Mitunter lassen sich so bereits kleine Missver­ständ­nisse klären.

Wenn danach weiterhin Uneinigkeit über die Ausstellung oder den Inhalt des Zeugnisses besteht und eine persön­liche Einigung mit dem Arbeit­geber zunächst erfolglos bleibt, sollten Sie sich Hilfe holen. Ein Schreiben vom Anwalt mit konkreten Formu­lie­rungs­vor­schlägen kann schon wahre Wunder bewirken. Sollte der Arbeit­geber aber auch darauf nicht eingehen, kann die Erteilung oder Berich­tigung des Arbeits­zeug­nisses auch vor dem Gericht Ihres gewöhn­lichen Arbeits­ortes einge­klagt werden. Wir helfen Ihnen da gerne weiter.

 

Dienstzeugnisse der Beamten

Bei Beamten verhält es sich etwas anders als bei „normalen“ Arbeit­nehmern. Zwar gibt es auch nach Beamten­recht ein Dienst­zeugnis. Während Beamte aktiv im Dienst­ver­hältnis stehen, haben sie aber grund­sätzlich keinen Anspruch auf die Erteilung eines Dienst­zeug­nisses, da zunächst einmal die dienst­liche Beurteilung ausreicht, um die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung darzu­stellen. Erst wenn der Beamte ein berech­tigtes Interesse nachweisen kann, ist ihm ein einfaches oder quali­fi­ziertes Dienst­zeugnis zu erteilen. Ein berech­tigtes Interesse kann darin bestehen, sich in der Privat­wirt­schaft zu bewerben oder die Bewerbung bei einem anderen Dienst­herren, wobei bei letzterem die letzte Regel­be­ur­teilung ausreichen könnte.

Anders ist die Situation, wenn der Beamte sein Beamten­ver­hältnis beendet. Dann hat er sogar einen Anspruch auf Erteilung eines Dienst­zeug­nisses, wenn er es bei seinem Dienst­vor­ge­setzten beantragt.

Im Übrigen gelten auch hier die Regeln der Wahrheits­pflicht. Auch wenn das Dienst­zeugnis so abgefasst sein soll, dass es der weiteren beruf­lichen Karriere des Beamten nicht im Wege steht, so muss das Zeugnis nicht ideal oder wunsch­gemäß verfasst und besonders günstige Tatsachen hervor­ge­hoben werden. Auch hier gilt, dass der Dienstherr bei einer unter­durch­schnitt­lichen Leistungs­be­ur­teilung beweis­pflichtig ist, der Beamte dagegen Tatsachen darlegen und beweisen muss, wenn er ein überdurch­schnitt­liches Dienst­zeugnis haben möchte. 

Eine Kündigung muss man nicht kampflos hinnehmen!
Rechts­anwaltJan Böhm

Gegen eine Kündigung kann man sich in vielen Fällen wehren!

Eine entspre­chende Kündi­gungs­schutz­klage muss aber innerhalb von drei Wochen beim Arbeits­ge­richt eingehen. Eine Frist­ver­län­gerung ist nur in ganz seltenen Fällen möglich.

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