Der Aufhebungsvertrag

Was sollten Arbeit­nehmer bei der Verhandlung eines Aufhe­bungs­ver­trags beachten?

Arbeits­ver­hält­nisse beruhen auf einem einver­nehm­lichen Vertrag zwischen Arbeit­nehmer und Arbeit­geber – dem Arbeits­vertrag. Gegen den Willen des Arbeit­nehmers kann dieser nur unter den engen Vorgaben des gesetz­lichen Kündi­gungs­schutzes wieder beendet werden. In Betrieben mit in der Regel mehr als 10 angestellten Arbeit­nehmern bedeutet dies, dass der Arbeit­geber für die Kündigung eines gesetz­lichen Kündi­gungs­grunds bedarf, der in der Person des Arbeit­nehmers, in dessen Verhalten oder in wichtigen betrieb­lichen Gründen liegt. Und auch dann ist die ordent­liche Kündigung des Arbeit­nehmers nur unter Wahrung der gesetz­lichen oder arbeits­ver­trag­lichen Kündi­gungs­fristen möglich. Die gesetz­lichen Kündi­gungs­fristen sind gestaffelt nach der Dauer der Beschäf­tigung geregelt. Sie reichen gemäß § 622 Absatz 2 BGB Bürger­liches Gesetzbuch von einem Monat zum Ende eines Kalen­der­monats bei Arbeits­ver­hält­nissen bis zu zwei Jahren bis hin zu sieben Monaten zum Ende eines Kalen­der­monats, wenn das Arbeits­ver­hältnis bereits über 20 Jahre bestanden hat.

Auch der Arbeit­nehmer kann – außer bei zur frist­losen Kündigung berech­ti­genden außer­or­dent­lichen Kündi­gungs­gründen –  nicht von heute auf morgen seinen Hut nehmen, sondern ist an die für ihn geltenden Kündi­gungs­fristen gebunden.

Aufhebungsvertrag statt Kündigung

Statt nun den Weg der – jeweils einsei­tigen – Kündigung zu gehen, können Arbeit­geber und Arbeit­nehmer das Arbeits­ver­hältnis einver­nehmlich beenden. Zur Vermeidung langer Kündi­gungs­fristen und Rechts­strei­tig­keiten um Job und Geld können sie einen Aufhe­bungs­vertrag verein­baren, in dem sie sich über die Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses einigen.

Was spricht für den Aufhebungsvertrag?

Zu den Punkten, über die sich Arbeit­geber und Arbeit­nehmer in einem Aufhe­bungs­vertrag verstän­digen können, gehört die Festlegung des Beendi­gungs­zeit­punkts. Wenn beide Parteien einver­standen sind, brauchen keine Kündi­gungs­fristen aus Arbeits­vertrag oder Gesetz beachtet zu werden. Die Parteien können sich darüber hinaus über alle mit der Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses einher­ge­henden regelungs­be­dürf­tigen Modali­täten verstän­digen. Dazu gehört die Frage, ob der Arbeit­nehmer, sofern das Arbeits­ver­hältnis nicht sofort beendet wird, bis zum Beendi­gungs­zeit­punkt von der Arbeit freige­stellt wird.

Soweit der Arbeit­geber ein Interesse daran hat, sich von dem Arbeit­nehmer zu trennen, ist zu bedenken, dass der Aufhe­bungs­vertrag für den Arbeit­geber einen erheb­lichen Vorteil gegenüber der Kündigung darstellt. Denn mit dem Aufhe­bungs­vertrag ist der Arbeit­geber von jedem Rechtfertigungs‐ und Begrün­dungs­zwang hinsichtlich gesetz­licher Kündi­gungs­gründe befreit. Dies bedeutet eine nicht zu unter­schät­zende Rechts­si­cherheit für den Arbeit­geber, die nicht nur in dessen recht­lichem, sondern auch finan­zi­ellen Interesse liegt. Diese Rechts­si­cherheit kann sich der Arbeit­nehmer in dem Aufhe­bungs­vertrag „bezahlen“ lassen, indem eine Abfin­dungs­zahlung vereinbart wird.

Aufhebungsvertrag: Rechtssicherheit statt Rechtsstreitigkeit

Auch für den Arbeit­nehmer wird mit dem Aufhe­bungs­vertrag Unsicherheit über die Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses, wie sie mit der einsei­tigen Kündigung durch den Arbeit­geber verbunden wäre, vermieden. Für den Arbeit­nehmer stellt sich ohnehin die Frage, ob sich das beruf­liche Glück langfristig in einem Unter­nehmen, das einen gar nicht mehr als Mitar­beiter haben möchte, finden lässt. Die geschickte Verhandlung einer Abfin­dungs­zahlung, eventuell verbunden mit der Freistellung von der Arbeit bis zur endgül­tigen Aufhebung des Arbeits­ver­hält­nisses, ist deshalb eine nahelie­gende Option.

Vorsicht Aufhebungsvertrag: Arbeitgeber kann mit Vertrag Kündigungsschutz umgehen

Zuvor ist der Aufhe­bungs­vertrag jedoch sehr sorgfältig zu prüfen. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn das Vertrags­an­gebot vom Arbeit­geber kommt. Sämtliche Alarm­glocken sollten klingen, wenn der Arbeit­geber zum Gespräch bittet und einen bereits fertigen Aufhe­bungs­vertrag zur Unter­schrift vorlegt. Auch wenn der Arbeit­geber dies in dem Gespräch als alter­na­tivlos darstellt: Es gibt immer eine Alter­native, und die Variante „Aufhe­bungs­vertrag unter­schreiben“ ist für den Arbeit­nehmer in einer solchen Situation nicht immer die beste.

Immerhin stellt der Aufhe­bungs­vertrag, sobald beide Seiten ihn unter­schrieben haben, die (in der Regel) wirksame und unwider­ruf­liche Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses dar. Anders als eine Kündigung durch den Arbeit­geber können Aufhe­bungs­ver­träge nicht vor dem Arbeits­ge­richt angefochten werden. Mit dem Aufhe­bungs­vertrag erklärt sich der Arbeit­nehmer bereit, freiwillig das Unter­nehmen zu verlassen. Der Arbeit­geber benötigt dann keinen Kündi­gungs­grund mehr, um sich von dem Arbeit­nehmer zu trennen.

Aufhebungsvertrag muss schriftlich vereinbart werden

Für Aufhe­bungs­ver­träge gilt das gesetz­liche Schrift­form­erfor­dernis gemäß § 623 BGB. Der Vertrag auf Papier muss von beiden Parteien „eigen­händig durch Namens­un­ter­schrift oder mittels notariell beglau­bigten Handzei­chens unter­zeichnet“ sein (§ 126 Absatz 1 BGB). Die elektro­nische Form (z.B. E‑Mail) reicht beim Aufhe­bungs­vertrag nicht aus.

Welche Regelungen gehören in den Aufhebungsvertrag?

Der Aufhe­bungs­vertrag muss ausrei­chend bestimmt sein. Dazu gehört neben der klaren und eindeu­tigen Bezeichnung der Vertrags­partner der genaue Zeitpunkt, zu dem das Arbeits­ver­hältnis enden soll.

Bei der Verhandlung des Beendi­gungs­zeit­punkts müssen Arbeit­nehmer unbedingt an die drohende Sperrzeit bei der Bundes­agentur für Arbeit denken. Arbeit­nehmern, die ohne wichtigen Grund aus einem laufenden Arbeits­ver­hältnis ausscheiden, kann das Arbeits­lo­sengeld für drei Monate gesperrt werden.

Anders liegt der Fall, wenn der Arbeit­geber das Arbeits­ver­hältnis ohnehin beenden will und einen ausrei­chenden Kündi­gungs­grund gegen den Arbeit­nehmer vorweisen kann oder – insbe­sondere im Fall von kleinen Betrieben, in denen der gesetz­liche Kündi­gungs­schutz nach dem Kündi­gungs­schutz­gesetz nicht greift – gar keines ordent­lichen Kündi­gungs­grunds bedarf. Für die Bundes­agentur für Arbeit stellt es einen wichtigen Grund dar, wenn der Arbeit­geber das Arbeits­ver­hältnis ohnehin beenden will und ihm dies rechtlich möglich ist. Um eine Sperrzeit des Arbeits­lo­sen­geldes zu vermeiden, sollte deshalb eine Formu­lierung in den Aufhe­bungs­vertrag aufge­nommen werden, in der klarge­stellt wird, dass der Arbeit­geber das Arbeits­ver­hältnis bei Nicht­zu­stan­de­kommen des Vertrags ohnehin gekündigt hätte. Die gesetz­liche Kündi­gungs­frist sollte mit dem Aufhe­bungs­vertrag nicht unter­schritten werden.

Abfindungszahlung im Aufhebungsvertrag vereinbaren

Das Arbeits­recht regelt keinen generellen Abfin­dungs­an­spruch bei Beendigung des Arbeits­ver­trags. Jedoch können Arbeit­nehmer oftmals mit guten Gründen eine Abfin­dungs­zahlung im Aufhe­bungs­vertrag durch­setzen. Immerhin nehmen sie mit der Verein­barung eines Aufhe­bungs­ver­trags erheb­liche Nachteile in Kauf. Sie geben freiwillig ihren Arbeits­platz auf. Sie verzichten auf eine recht­liche Klärung ihrer Ansprüche vor dem Arbeits­ge­richt. Und sie setzen sich der Gefahr einer Sperrzeit ihres Arbeits­lo­sen­geldes aus. Dies sind starke Argumente, um im Gegenzug auf eine angemessene Abfindung zu bestehen. Die Abfin­dungshöhe sollte im Vertrag genau beziffert werden. Im Aufhe­bungs­vertrag ist auch genau anzugeben, wann die Abfindung auszu­zahlen ist. Dabei sind verschiedene Regelungen denkbar. 

So kann beispiels­weise vereinbart werden, dass die Abfindung umso höher ausfällt, je früher der Arbeit­nehmer aus dem Arbeits­ver­hältnis ausscheidet und den im Aufhe­bungs­vertrag festge­legten Beendi­gungs­zeit­punkt vorzieht. Dies kann für beide Seiten sinnvoll sein. Für den Arbeit­nehmer, wenn dieser schon früh eine neue Arbeits­stelle findet und antreten kann. Für den Arbeit­geber, der dann zwar eine höhere Abfindung zahlt, anderer­seits aber Lohn‐ und Sozial­ab­gaben einspart. Wichtig ist, dass auch für diesen Fall genau festgelegt wird, wie hoch die Abfindung jeweils ausfällt.

Sonderzahlungen und Lohnfortzahlung

Noch ausste­hende Lohnan­sprüche, Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld sollten im Aufhe­bungs­vertrag ebenfalls geregelt werden. Insbe­sondere variable Sonder­zah­lungen wie leistungs­ab­hängige oder an bestimmte Stichtage geknüpfte Bonus­zah­lungen sollten thema­ti­siert und klar beziffert werden. Auch der Anspruch auf Lohnfort­zahlung sollte im Aufhe­bungs­vertrag geregelt werden.

Freistellung des Arbeitnehmers bis zur endgültigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Mit der Frage des Beendi­gungs­zeit­punkts ist auch eine eventuelle Freistellung des Arbeit­nehmers bis dahin zu disku­tieren. Die Freistellung kann für beide Seiten sinnvoll und ein Gebot der Fairness sein. So vermeidet auf der einen Seite der Arbeit­geber, einen wegen des bevor­ste­henden Arbeits­endes mögli­cher­weise ohnehin wenig motivierten Arbeit­nehmer im Haus zu haben, und zum anderen benötigt dieser vielleicht die Zeit, die er dadurch gewinnt, um einen neuen Arbeits­platz zu suchen und sich zu bewerben.

Urlaub und Überstunden

Noch nicht genommene Urlaubstage und unaus­ge­gli­chene Überstun­den­konten sind ebenfalls im Aufhe­bungs­vertrag zu regeln. Urlaubstage und Überstunden können entweder bis zur Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses genommen bzw. mit der Freistellung abgegolten werden oder es kann eine Vergütung in Geld vereinbart werden. Bei einer Vergütung sollten Höhe und Auszah­lungs­datum klar bestimmt werden.

Arbeitszeugnis

Für den Arbeit­nehmer wichtig ist die Ausstellung eines guten, quali­fi­zierten Arbeits­zeug­nisses. Auch diesbe­züglich können im Aufhe­bungs­vertrag Regelungen getroffen werden. So kann festgelegt werden, welchen Inhalt das Arbeits­zeugnis haben soll, welcher Note das Zeugnis entsprechen soll und wann der Arbeit­nehmer das Arbeits­zeugnis spätestens erhalten soll. Hier ist im Hinblick auf anste­hende Bewer­bungs­pro­zesse ein möglichst früher Zeitpunkt zu verein­baren. Es ist sogar möglich, das Arbeits­zeugnis bereits voll ausfor­mu­liert in den Aufhe­bungs­vertrag mit aufzu­nehmen. (Mehr zu Form und Inhalt eines Zeugnisses können Sie hier lesen.)

SI Rechtsanwaltsgesellschaft mbH