Der befristete Arbeitsvertrag Wann sind Befris­tungen des Arbeits­ver­hält­nisses zulässig und was können Arbeit­nehmer gegen unzulässige Befris­tungen tun?

Schät­zungen zufolge ist in Deutschland fast jeder zweite Arbeits­vertrag bei Neuan­stellung befristet. Dies steht in Wider­spruch zur Konzeption des Arbeits­rechts, das von unbefris­teten Arbeits­ver­hält­nissen ausgeht und deren Befristung nur unter bestimmten gesetz­lichen Voraus­set­zungen zulässt. Für Arbeit­nehmer mit einem befris­teten Arbeits­vertrag stellt sich deshalb die Frage, ob ihr Arbeits­ver­hältnis wirksam befristet ist oder ob ein Anspruch auf unbefristete Beschäf­tigung besteht und wie sich dieser Anspruch durch­setzen lässt.

 

Formen der Befristung

Arbeits­ver­hält­nisse können auf zweierlei Weise befristet werden: Zum einen kann eine zeitliche Befristung in den Arbeits­vertrag aufge­nommen werden, so dass der Vertrag zum festge­legten Zeitpunkt endet.

Zum anderen kann der Arbeits­vertrag eine Zweck­be­fristung vorsehen, wonach das Arbeits­ver­hältnis nicht zu einem bestimmten kalen­der­mä­ßigen Zeitpunkt, sondern mit Eintritt eines bestimmten Zwecks oder Ereig­nisses endet, wobei der Zeitpunkt dieses Ereig­nisses zu Vertrags­schluss ungewiss ist. Einen solchen Befris­tungs­zweck kann beispiels­weise die Einstellung eines Arbeit­nehmers zur Vertretung eines auf unbestimmte Zeit erkrankten Mitar­beiters darstellen, so dass der Arbeits­vertrag enden soll, wenn der erkrankte Arbeit­nehmer wieder gesund ist und zur Arbeit erscheint. Gemäß § 15 Absatz 2 TzBfG (Teilzeit‐ und Befris­tungs­gesetz) endet ein solches zweck­be­fris­tetes Arbeits­ver­hältnis frühestens „zwei Wochen nach Zugang der schrift­lichen Unter­richtung des Arbeit­nehmers durch den Arbeit­geber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung“.

 

Sachgrundlose Befristung

 

Befristung von Arbeitsverträgen auf 2 Jahre ist ohne Sachgrund zulässig

Unter welchen Voraus­set­zungen die Befristung eines Arbeits­ver­hält­nisses zulässig ist, regelt das Teilzeit‐ und Befris­tungs­gesetz. Gemäß § 14 Absatz 2 Satz 1 TzBfG ist die kalen­der­mäßige Befristung von Arbeits­ver­trägen bis zur Dauer von zwei Jahren ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes zulässig. 2‑Jahres‐Arbeitsverträge können also ohne Einschränkung abgeschlossen werden. Der sachgrundlos befristete 2‑Jahres‐Arbeitsvertrag ist sicherlich auch der häufigste Fall des befris­teten Arbeits­ver­trags, da Arbeit­geber in vielen Branchen bei Neuein­stel­lungen grund­sätzlich nur noch solche 2‑Jahres‐Verträge anbieten.

Aller­dings ist ein ohne sachlichen Grund befris­teter Arbeits­vertrag nur bis zu dieser Höchst­dauer von zwei Jahren zulässig. Durch Tarif­vertrag kann eine abwei­chende Höchst­dauer vereinbart werden. Bei mehreren befris­teten Arbeits­ver­trägen mit kürzerer Laufzeit ist die Gesamt­dauer der Vertrags­ver­hält­nisse ausschlag­gebend. Wird das Arbeits­ver­hältnis nach der Gesamt­dauer von zwei Jahren fortge­setzt, so wird es automa­tisch zu einem unbefris­teten Arbeits­ver­hältnis – unabhängig davon, was im Arbeits­vertrag steht.

 

Sachgrundlose Befristung nur bei Neueinstellungen möglich

Diese sachgrundlose Befris­tungs­mög­lichkeit gilt gemäß Absatz 2 Satz 2 TzBfG nur für Neuein­stel­lungen und nicht „wenn mit demselben Arbeit­geber bereits zuvor ein befris­tetes oder unbefris­tetes Arbeits­ver­hältnis bestanden hat“. Dieses gesetz­liche Vorbe­schäf­ti­gungs­verbot gilt nach der Recht­spre­chung nur dann nicht, wenn ein früheres Arbeits­ver­hältnis schon sehr lange zurück­liegt, von nur sehr kurzer Dauer war oder es sich um ein ganz anders geartetes Arbeits­ver­hältnis handelte – etwa, wenn die Vorbe­schäf­tigung 20 Jahre zurücklag (Bundes­ar­beits­ge­richt, Urteil vom 21.08.2019, Az. 7 AZR 452/17).

 

Sachgrundlose Befristungen bei Neugründung oder bei Einstellung älterer Arbeitnehmer

Es gibt einige wenige gesetz­liche Ausnahmen, die die sachgrundlose Befristung des Arbeits­ver­trags über zwei Jahre hinaus zulassen.

Gemäß § 14 Absatz 2 a TzBfG können Arbeits­ver­träge in neuen Unter­nehmen bis zu vier Jahre nach Unter­neh­mens­gründung auf bis zu vier Jahre befristet werden. Dies gilt jedoch nicht, wenn es sich lediglich um die recht­liche Neustruk­tu­rierung eines Unter­nehmens oder Konzerns handelt.

Eine weitere Ausnahme gilt gemäß § 14 Absatz 3 TzBfG zur Förderung älterer Arbeit­nehmer. So ist es möglich, Arbeits­ver­träge mit Arbeit­nehmern, die bei Einstellung mindestens 52 Jahre alt sind und unmit­telbar vor Vertrags­beginn mindestens vier Monate arbeitslos waren, Trans­fer­kurz­ar­bei­tergeld bezogen oder an einer öffentlich geför­derten Beschäf­ti­gungs­maß­nahme teilge­nommen haben, auf bis zu fünf Jahre zu befristen.

 

Sachgründe zur Befristung von Arbeitsverhältnissen

Über die Gesamt­dauer von zwei Jahren hinaus ist die Befristung eines Arbeits­ver­hält­nisses nur zulässig, wenn dies durch einen sachlichen Grund gerecht­fertigt ist. § 14 Absatz 1 TzBfG nennt einige Beispiele für zulässige Befris­tungs­gründe. Danach liegt ein ausrei­chender Sachgrund „insbe­sondere“ vor, wenn

  • der betrieb­liche Bedarf an der Arbeits­leistung nur vorüber­gehend besteht,
  • die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeit­nehmers in eine Anschluss­be­schäf­tigung zu erleichtern,
  • der Arbeit­nehmer zur Vertretung eines anderen Arbeit­nehmers einge­stellt ist,
  • die Eigenart der Arbeits­leistung die Befristung rechtfertigt,
  • die Befristung zur Erprobung erfolgt,
  • in der Person des Arbeit­nehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
  • der Arbeit­nehmer aus Haushalts­mitteln vergütet wird, die haushalts­rechtlich für eine befristete Beschäf­tigung bestimmt sind und er entspre­chend beschäftigt wird
  • die Befristung auf einem gericht­lichen Vergleich beruht.
 

Weitere Befristungsgründe

Diese Beispiele sind nicht abschließend, sondern stellen typische Gründe dar, die die Befristung eines Arbeits­ver­hält­nisses recht­fer­tigen. Weitere, nicht genannte Sachgründe kommen aller­dings nur in Betracht, wenn sie den Wertungs­maß­stäben, die sich in den acht Beispiels­fällen zeigen, entsprechen und von gleichem Gewicht sind. Ein anerkannter sonstiger Grund ist der befristete Arbeits­vertrag zur Weiter­bildung des Arbeit­nehmers, sofern innerhalb des Arbeits­ver­hält­nisses besondere Kennt­nisse oder Fertig­keiten erlernt werden sollen, welche über die Möglich­keiten eines normalen Arbeits­platz hinausgehen.

Auch die zeitlich begrenzte Dritt­mit­tel­fi­nan­zierung der in Frage stehenden Arbeits­stelle kann einen zuläs­sigen sonstigen Befris­tungs­grund darstellen.

Einen weiteren gesetz­lichen Befris­tungs­grund nennt § 2 WissZeitVG (Gesetz über befristete Arbeits­ver­träge in der Wissen­schaft) für den Hochschul­be­reich. Danach sind u.a. Befris­tungen bis zu sechs Jahren zur Förderung der wissen­schaft­lichen oder künst­le­ri­schen Quali­fi­zierung bzw. Befris­tungen von Beschäf­tigten, deren Perso­nal­kosten überwiegend aus Dritt­mitteln finan­ziert wird, zulässig.

 

Schriftform der Befristung

Die Befristung des Arbeits­ver­trags muss in Schriftform erfolgen. Genauer gesagt muss sie auf Papier schriftlich fixiert und von Arbeit­geber und Arbeit­nehmer eigen­händig unter­schrieben sein. Alter­nativ kann die Befristung notariell beurkundet werden. Arbeits­ver­träge, deren Befris­tungs­klausel dieses Formerfor­dernis nicht erfüllt, sind hinsichtlich der Befristung unwirksam – mit der Folge, dass das Arbeits­ver­hältnis als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt.

Der Befris­tungs­grund muss in dem Arbeits­vertrag hingegen nicht zitiert werden. Auch wenn im Arbeits­vertrag ein Sachgrund genannt wird, so kann der Arbeit­geber in einem späteren Rechts­streit, um die Wirksamkeit der Befristung, diese auch auf einen anderen Sachgrund stützen, der nicht im Arbeits­vertrag genannt wurde. Etwas anderes gilt dann, wenn sich Arbeit­geber und Arbeit­nehmer bei Vertrags­schluss einig waren, dass ein bestimmter Sachgrund allei­niger Befris­tungs­grund des Arbeits­ver­trags sein sollte. Die Nennung eines bestimmten Sachgrundes ist für sich genommen noch keine solche (konklu­dente) Verein­barung, kann sie aber indizieren.

 

Kettenarbeitsverträge: Arbeitsgericht prüft nur Befristungsgrund des aktuellen Arbeitsvertrags

Sofern ein Sachgrund gemäß § 14 TzBfG vorliegt, können auch mehrere zeitlich befristete Arbeits­ver­träge hinter­ein­ander abgeschlossen werden. Das Arbeits­recht sieht keine allge­meine zeitliche Obergrenze für die Befristung von Arbeits­ver­trägen vor – solange nur ein gesetz­licher Sachgrund für die Befristung gegeben ist. Es können also grund­sätzlich immer wieder jeweils zeitlich befristete Arbeits­ver­träge abgeschlossen werden, sobald ein Arbeits­vertrag ausläuft (Ketten­ar­beits­ver­träge).

Dabei ist zu beachten, dass das Arbeits­ge­richt lediglich den letzten, aktuellen Arbeits­vertrag auf das Vorliegen einer wirksamen Befristung prüft. Arbeit­nehmer mit einem befris­teten Arbeits­vertrag sollten vor Abschluss eines neuen befris­teten Arbeits­ver­trags deshalb stets sorgfältig prüfen, ob der bislang bestehende Vertrag auch wirklich wirksam befristet ist. Ist dies nicht der Fall, so liegt ein unbefris­teter Arbeits­vertrag vor. Bei Auslaufen des Vertrags kann der Arbeit­nehmer Befris­tungs­kon­troll­klage erheben, um die Unwirk­samkeit der Befristung festzu­stellen. Verein­baren die Vertrags­par­teien hingegen einen neuen – befris­teten – Arbeits­vertrag, so ersetzt dieser den alten Arbeits­vertrag. Der neue Arbeits­vertrag kann auch eine neue, wirksame Befristung zur Geltung bringen.

 

Rechtsmissbrauch bei Kettenbefristungen

Eine Grenze finden Ketten­be­fris­tungen aber in dem Institut des Rechts­miss­brauchs. Dieses kommt bei ausufernden Ketten­be­fris­tungen in Betracht. Laut Bundes­ar­beits­ge­richt indiziert die gravie­rende, alter­native oder kumulative Überschreitung der 2‑Jahres‐Grenze der sachgrund­losen Befristung gemäß § 14 Absatz 2 Satz 1 TzBfG die missbräuch­liche Ausnutzung der an sich eröff­neten Möglichkeit zur Sachgrund­be­fristung. Bei der Prüfung eines möglichen Rechts­miss­brauchs sind die Umstände des Einzel­falls umfassend zu prüfen. Die Indizierung des Missbrauchs durch Überschreiten der 2‑Jahres‐Grenze kann vom Arbeit­geber widerlegt werden (Bundes­ar­beits­ge­richt, Urteil vom 19.02.20114, Az. 7 AZR 260/12).

 

Ist befristeter Arbeitsvertrag vorzeitig kündbar?

Befristete Arbeits­ver­träge sind während der Vertrags­laufzeit nicht ordentlich kündbar. Anders als auf unbestimmte Zeit geschlossene Arbeits­ver­träge, die den Kündi­gungs­fristen des § 622 BGB unter­liegen (wobei die Kündi­gungs­mög­lichkeit für den Arbeit­geber wiederum durch das Kündi­gungs­schutz­gesetz einge­schränkt ist), sind befristete Arbeits­ver­träge nicht ohne Kündi­gungs­grund vorzeitig kündbar. Vielmehr bedarf es für die vorzeitige Kündigung eines außer­or­dent­lichen Kündigungsgrundes.

Gemäß § 626 BGB ist die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund möglich, wenn „Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündi­genden unter Berück­sich­tigung aller Umstände des Einzel­falles und unter Abwägung der Inter­essen beider Vertrags­teile die Fortsetzung des Dienst­ver­hält­nisses bis zum Ablauf der Kündi­gungs­frist oder bis zu der verein­barten Beendigung des Dienst­ver­hält­nisses nicht zugemutet werden kann“. Beispiele für solche außer­or­dent­lichen Kündi­gungs­gründe sind die beharr­liche Arbeits­ver­wei­gerung durch den Arbeit­nehmer, Straf­taten zulasten des Vertrags­partners oder Arbeits­zeit­betrug. (Mehr zur frist­losen Kündigung können Sie hier lesen.)

 

Was passiert bei unzulässiger Befristung des Arbeitsvertrags?

Gemäß § 16 TzBfG führt die unwirksame Befristung eines Arbeits­ver­trags dazu, dass dieser als für unbestimmte Zeit geschlossen gilt. Dies gilt sowohl für Unwirk­sam­keits­gründe, die auf Formmängeln beruhen (Schriftform der Befris­tungs­ver­ein­barung) als auch für inhaltlich unwirksame Befristungsgründe.

Arbeit­nehmer, die mit dem Ziel der unbefris­teten Beschäf­tigung die Unwirk­samkeit einer Befristung geltend machen wollen, müssen bei Zeitablauf der Befristung unbedingt aktiv werden. Gemäß § 17 TzBfG müssen Arbeit­nehmer, die geltend machen wollen, „dass die Befristung eines Arbeits­ver­trages rechts­un­wirksam ist,“ innerhalb von drei Wochen nach dem verein­barten Ende des befris­teten Arbeits­ver­trags Klage beim Arbeits­ge­richt auf Feststellung erheben, dass das Arbeits­ver­hältnis auf Grund der ungül­tigen Befristung nicht beendet ist.

 

Befristungskontrollklage: 3‑Wochen‐Frist beachten

Diese 3‑Wochen‐Frist für die sogenannte Befris­tungs­kon­troll­klage vor dem örtlich zustän­digen Arbeits­ge­richt darf man unter keinen Umständen verpassen. Andern­falls endet das Arbeits­ver­hältnis mit der im Arbeits­vertrag verein­barten Befristung – auch wenn diese eigentlich unwirksam war.

Maßgeblich für die 3‑Wochen‐Frist ist das verein­barte Ende des befris­teten Arbeits­ver­trags bzw. bei zweck­be­fris­teten Arbeits­ver­trägen das Erreichen des Zwecks und die schrift­liche Unter­richtung durch den Arbeit­geber über die Zweckerreichung.

 

Stillschweigende Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Ende des befristeten Arbeitsvertrags

Wird das Arbeits­ver­hältnis nach Ablauf der Zeit, für die es einge­gangen ist oder nach Zwecker­rei­chung mit Wissen des Arbeit­gebers fortge­setzt, so gilt es gemäß § 15 Absatz 5 TzBfG „als auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn der Arbeit­geber nicht unver­züglich wider­spricht oder dem Arbeit­nehmer die Zwecker­rei­chung nicht unver­züglich mitteilt“. Sobald der Arbeit­geber also Kenntnis davon erlangt, dass der Arbeit­nehmer nach Ende des befris­teten Arbeits­ver­trags weiter­ar­beitet, muss er der Fortsetzung des Arbeits­ver­hält­nisses wider­sprechen. Ansonsten kann sich der Arbeit­nehmer auf das Bestehen eines unbefris­teten Arbeits­ver­hält­nisses berufen.

Begründen Arbeit­geber und Arbeit­nehmer auf diese Weise still­schweigend ein unbefris­tetes Arbeits­ver­hältnis und kündigt der Arbeit­geber dieses zu einem späteren Zeitpunkt, so kann der Arbeit­nehmer innerhalb von 3 Wochen Kündi­gungs­schutz­klage, mit dem Antrag festzu­stellen, dass ein unbefris­tetes Arbeits­ver­hältnis zustande gekommen ist, erheben. Der klagende Arbeit­nehmer muss dann darlegen und beweisen, dass das Arbeits­ver­hältnis mit Wissen des Arbeit­gebers fortge­setzt wurde. Der Arbeit­geber ist hingegen für die Tatsache darlegungs‐ und beweis­pflichtig, dass er gemäß § 15 Absatz 5 TzBfG unver­züglich Wider­spruch gegen die Fortsetzung des Arbeits­ver­hält­nisses eingelegt hat.

SI Rechtsanwaltsgesellschaft mbH