Die betriebsbedingte Kündigung

Wann ist die Kündigung wirksam und wie können sich Arbeit­nehmer gegen die Kündigung wehren?

Bei der betriebs­be­dingten Kündigung wird das Arbeits­ver­hältnis aufgrund dringender betrieb­licher Erfor­der­nisse gekündigt. Anders als bei der personen‐ oder verhal­tens­be­dingten Kündigung geht es nicht um in der Person oder dem indivi­du­ellen Verhalten des Arbeit­nehmers liegende Kündi­gungs­gründe. Vielmehr fällt der Arbeits­platz, den der betref­fende Arbeit­nehmer bekleidet, in dem Unter­nehmen dauerhaft weg, so dass im Anschluss an die betriebs­be­dingte Kündigung auch keine Neube­setzung der Stelle erfolgt. Die Entscheidung über solche generellen Stellen­strei­chungen aufgrund betrieb­licher Erfor­der­nisse unter­liegt weitgehend der unter­neh­me­ri­schen Organi­sa­ti­ons­freiheit. Wie sich ein Unter­nehmen organi­siert und mit wie vielen Arbeits­kräften es seine Tätigkeit ausübt, entscheidet dies selbst.

 

Was sind Gründe für eine betriebsbedingte Kündigung?

Grund­sätzlich zulässige Stellen­strei­chungen können sowohl auf inner­be­trieb­lichen als auch auf außer­be­trieb­lichen Gründen beruhen. Beispiele für inner­be­trieb­liche Gründe sind die Schließung eines Standorts oder einer Unter­neh­mens­ab­teilung, die Arbeits­re­duktion aufgrund von Produk­ti­ons­be­schrän­kungen oder der Einführung effek­ti­verer und weniger arbeits­in­ten­siver Produk­ti­ons­pro­zesse. Ein weiteres Beispiel für inner­be­trieb­liche Kündi­gungs­gründe ist die Zusam­men­legung von Abtei­lungen, etwa wenn beim Zusam­men­schluss zweier Unter­nehmen Abtei­lungen, die bisher die gleiche Arbeit erledigen, zusam­men­ge­führt werden, um Synergien zu erzielen (z.B. Zusam­men­legung der Buchhal­tungs­ab­tei­lungen bei Zusam­men­schluss zweier Banken).

Außer­be­trieb­liche Gründe können beispiels­weise in einem Auftrags­mangel, in Umsatz­rück­gängen während wirtschaft­lichen Krisen­zeiten oder in verän­derten gesetz­lichen Rahmen­be­din­gungen, die zu höheren Produk­ti­ons­kosten führen, liegen.

 

Hat Arbeitgeber dauerhaft verringerten Arbeitskräftebedarf?

Besteht aufgrund eines solchen inner‐ oder außer­be­trieb­lichen Grundes ein dauerhaft verrin­gerter Arbeits­kräf­te­bedarf im Unter­nehmen, kann dies die betriebs­be­dingte Kündigung recht­fer­tigen. Aller­dings muss die unter­neh­me­rische Entscheidung, aufgrund derer der vermin­derte Arbeits­kräf­te­bedarf besteht, endgültig getroffen worden sein. Bloße Planungen wie z.B. die Überlegung, sich in Zukunft mit einem anderen Unter­nehmen zusam­men­zu­schließen, reichen nicht aus. Vorsorg­liche betrieb­liche Kündi­gungen sind nicht gestattet.

 

Tatsächlicher Wegfall des Arbeitsplatzes

Der Arbeits­platz muss auch tatsächlich – unabhängig von der Person des gekün­digten Arbeit­nehmers – wegfallen. Entpuppt sich die vom Arbeit­geber als Begründung für die Kündigung angeführte Betriebs­still­legung lediglich als Betriebs­übergang, so ist liegt kein betriebs­be­dingter Kündi­gungs­grund vor. Der Arbeit­geber muss nachweisen können, dass die Arbeit, die durch die gestri­chene Stelle nicht mehr erbracht werden kann, tatsächlich wegge­fallen ist (und nicht beispiels­weise anderen Arbeit­nehmern, die bereits in Vollzeit beschäftigt werden, zusätzlich aufge­bürdet und auf sie verteilt wird).

 

Keine unternehmensinterne Weiterbeschäftigungsmöglichkeit

Liegt ein betrieb­liches Erfor­dernis vor, so ist eine weitere Voraus­setzung für die betriebs­be­dingte Kündigung, dass diese dringlich ist. Dringlich ist die Kündigung dann, wenn der betref­fende Arbeit­nehmer an keinem anderem Arbeits­platz in dem Betrieb weiter­be­schäftigt werden kann.

Gibt es hingegen eine dauer­hafte Weiter­be­schäf­ti­gungs­mög­lichkeit, so ist diese zu nutzen und der Arbeit­nehmer entspre­chend betriebs­intern auf den anderen Arbeits­platz zu versetzen. Es ist zu prüfen, ob dem Arbeit­nehmer im Unter­nehmen ein anderer Arbeits­platz angeboten werden kann – auch unter Nutzung zumut­barer Weiterbildungs‐ und Umschulungsmaßnahmen.

 

Hat Arbeitgeber für die betriebsbedingte Kündigung eine Sozialauswahl getroffen?

Wenn nicht alle Mitar­beiter entlassen werden, muss der Arbeit­geber eine Sozial­auswahl treffen. Hierbei muss geprüft werden, welchem unter mehreren Arbeit­nehmern, auf die der betriebs­be­dingte Kündi­gungs­grund angewandt werden kann, unter sozialen Gesichts­punkten die Kündigung am ehesten zumutbar ist. Gemäß § 1 Absatz 3 KSchG (Kündi­gungs­schutz­gesetz) sind bei der Sozial­auswahl „die Dauer der Betriebs­zu­ge­hö­rigkeit, das Lebens­alter, die Unter­halts­pflichten und die Schwer­be­hin­derung“ des Arbeit­nehmers ausrei­chend zu berücksichtigen.

 

Wie werden soziale Kriterien gewichtet?

Diese sozialen Kriterien stehen grund­sätzlich gleich­rangig neben­ein­ander. Der Arbeit­geber hat sie alle zu berück­sich­tigen, er hat jedoch bei der Sozial­auswahl aufgrund dieser Kriterien einen Beurtei­lungs­spielraum. Das Arbeits­ge­richt kann überprüfen, ob die gesetz­lichen Kriterien bei der Sozial­auswahl Berück­sich­tigung gefunden haben, muss dem Arbeit­geber aber bei der Gewichtung einen Beurtei­lungs­spielraum lassen.

Die Rangordnung der sozialen Kriterien kann jedoch u.a. in einem Tarif­vertrag oder einer Betriebs­ver­ein­barung festgelegt werden. Gemäß § 1 Absatz 4 KSchG kann durch eine solche Verein­barung geregelt werden, „wie die sozialen Gesichts­punkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zuein­ander zu bewerten sind“. Damit wird die Überprüfung der Sozial­auswahl durch das Arbeits­ge­richt auf „grobe Fehler­haf­tigkeit“ beschränkt.

 

Welche Arbeitnehmer werden bei Sozialauswahl miteinander verglichen?

Sehr streit­trächtig und oftmals dem Arbeits­ge­richt zur Überprüfung gestellt ist die Frage, welche Arbeit­nehmer überhaupt bei der Sozial­auswahl zu berück­sich­tigen sind. Dies sind alle Arbeit­nehmer, die aufgrund ihrer Quali­fi­kation und Tätigkeit im Unter­nehmen unter­ein­ander Arbeits­plätze im Unter­nehmen besetzen können, d.h. die auf horizon­taler Ebene mitein­ander vergleichbar sind. Mitein­ander vergleichbar sind sie, wenn sie die Arbeit des jeweils anderen Kündi­gungs­kan­di­daten ausüben können. Besondere Kennt­nisse und Quali­fi­ka­tionen eines Arbeit­nehmers können dazu führen, dass keine Vergleich­barkeit vorliegt.

(Näheres zur Sozial­auswahl können Sie hier in unserem Spezi­al­ar­tikel lesen.) 

 

Beteiligung des Betriebsrats 

Gibt es in dem Unter­nehmen einen Betriebsrat, so muss der Arbeit­geber diesen vor der Kündigung des Arbeit­nehmers anhören. Gemäß § 102 Absatz 1 BetrVG (Betriebs­ver­fas­sungs­gesetz) ist eine Kündigung ohne vorherige Anhörung des Betriebsrats unwirksam und wird, sofern der Arbeit­geber frist­ge­recht Kündi­gungs­schutz­klage erhebt, vom Arbeits­ge­richt aufge­hoben. In einem solchen Fall hat der Arbeit­nehmer mit seiner Kündi­gungs­schutz­klage sichere Aussicht auf Erfolg. Auch wenn der Arbeit­nehmer zu einem gesetzlich besonders geschützten Perso­nen­kreis (z.B. Betriebs­rats­mit­glieder, Schwangere, Schwer­be­hin­derte) gehört, kann der Arbeit­geber nur unter beson­deren gesetz­lichen Voraus­set­zungen wirksam kündigen.

Der Betriebsrat kann in bestimmten Fällen wie etwa bei der unzurei­chenden Berück­sich­tigung sozialer Kriterien der Kündigung wider­sprechen. Auch wenn die Möglichkeit besteht, den Arbeit­nehmer innerhalb des Betriebs auf einem anderen Arbeits­platz im Rahmen seiner Quali­fi­ka­tionen und zumut­baren Weiter­bil­dungs­mög­lich­keiten weiter­zu­be­schäf­tigen, kann der Betriebsrat der Kündigung widersprechen.

 

Was tun wenn man eine betriebsbedingte Kündigung bekommt? – Die Kündigungsschutzklage

Gekün­digte Arbeit­nehmer können rechtlich gegen die Kündigung vorgehen. Kündi­gungen sind in sehr vielen Fällen rechts­widrig und haben keinen Bestand vor dem Arbeits­ge­richt. Gekün­digte Arbeit­nehmer müssen aber unbedingt beachten, dass sie nur innerhalb einer strikten 3‑Wochen‐Frist gerichtlich gegen eine Kündigung vorgehen können. Innerhalb dieses kurzen Zeitfensters nach Zustellung der Kündigung muss vor dem örtlich zustän­digen Arbeits­ge­richt eine Kündi­gungs­schutz­klage erhoben werden. Geschieht dies nicht, so wird auch eine ursprünglich rechts­widrige Kündigung bestands­kräftig, so dass der Arbeits­platz unwider­ruflich verloren ist. Die Kündi­gungs­schutz­klage wird mit dem Antrag erhoben, die Unwirk­samkeit der Kündigung festzu­stellen und den Arbeit­geber zu verpflichten, das Arbeits­ver­hältnis unver­ändert fortzuführen.

 

Betriebsbedingte Kündigung bei Betrieben mit mehr als 10 Arbeitnehmern

Handelt es sich um eine betriebs­be­dingte Kündigung, ist zu beachten, dass, soweit die Kündigung aus inhalt­lichen Gründen und nicht nur aus formellen Gründen angegriffen wird, sich in Deutschland nur Arbeit­nehmer in Betrieben mit in der Regel mehr als 10 Arbeit­nehmern auf den materi­ellen Kündi­gungs­schutz des § 1 KSchG berufen können. In kleineren Betrieben mit bis 10 Arbeit­nehmern ist die ordent­liche Kündigung des Arbeits­ver­hält­nisses – d.h. die Kündigung innerhalb der ordent­lichen Kündi­gungs­fristen – weitgehend ohne beson­deren Kündi­gungs­grund möglich.

Handelt es sich jedoch um einen größeren Betrieb, so dass das Kündi­gungs­schutz­gesetz greift, ist zu prüfen, ob die Kündigung den Voraus­set­zungen des Kündi­gungs­schutz­ge­setzes gerecht wird und es sich um eine recht­mäßige betriebs­be­dingte Kündigung handelt. Dafür trägt der Arbeit­geber die Darlegungs‐ und Beweislast.

 

Arbeitgeber hat Beweislast für Kündigungsgrund 

Der Arbeit­geber muss also zunächst darlegen und beweisen, dass ein betrieb­licher Kündi­gungs­grund vorliegt. Dieser muss dringlich sein, d.h. es darf kein milderes Mittel zur Kündigung (welches etwa die Versetzung des Arbeit­nehmers auf einen anderen Arbeits­platz in dem Unter­nehmen wäre) zur Verfügung stehen. Der Arbeit­geber muss ferner nachweisen, dass er eine ausrei­chende Sozial­auswahl getroffen hat. Dabei ist zu klären, welche übrigen Arbeit­nehmer bei der Sozial­auswahl zu berück­sich­tigen sind.

 

Frist

Wenn man sich gegen eine betriebs­be­dingte Kündigung zur Wehr setzen will, ist die Dreiwo­chen­frist aus § 4 KSchG unbedingt einzu­halten. Wenn die Kündigung dem Arbeit­nehmer zugegangen ist (in den Brief­kasten geworfen oder als Schrift­stück in die Hand gedrückt) sind nur noch drei Wochen Zeit, um die Kündi­gungs­schutz­klage beim Arbeits­ge­richt einzu­reichen. Verpasst man diese Frist, ist die Kündigung, ungeachtet aller möglichen Fehler, rechtmäßig.

 

Fazit

Wenn Sie eine Kündigung erhalten haben, denken Sie unbedingt an die Frist für die Kündi­gungs­schutz­klage. Diese beträgt drei Wochen. Nur innerhalb dieses Zeitraums können Sie die Kündi­gungs­schutz­klage vor dem Arbeits­ge­richt einreichen. Dabei herrscht kein Anwalts­zwang. Sie können also selbst vor Gericht für sich auftreten und Anträge stellen. Besser ist es aber, wenn Sie sich von einem Rechts­anwalt für Arbeits­recht beraten lassen. Dieser kann die Erfolgs­aus­sichten der Kündi­gungs­schutz­klage einschätzen und Ihnen Ihre recht­lichen Möglich­keiten aufzeigen und diese effektiv umsetzen. Haben Sie dabei keine Angst vor hohen Anwalts­rech­nungen. Ihr Anwalt kann Ihnen vorab die voraus­sicht­lichen Kosten des Verfahrens beziffern. Besteht eine Rechts­schutz­ver­si­cherung, die die recht­liche Strei­tig­keiten über Arbeits­ver­hält­nisse abdeckt, so kann über diese abgerechnet werden. Der finan­zielle Nutzen des Kündi­gungs­schutz­ver­fahrens sollte dessen Lasten, die oftmals weit überschätzt werden, überwiegen.

Eine Kündigung muss man nicht kampflos hinnehmen!
Rechts­anwaltJan Böhm

Gegen eine Kündigung kann man sich in vielen Fällen wehren!

Eine entspre­chende Kündi­gungs­schutz­klage muss aber innerhalb von drei Wochen beim Arbeits­ge­richt eingehen. Eine Frist­ver­län­gerung ist nur in ganz seltenen Fällen möglich.

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