Frist und Verjährung in der Kündigungsschutzklage

Grund­sätzlich muss nach § 4 Satz 1 KSchG eine Kündi­gungs­schutz­klage innerhalb einer Frist von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung erfolgen. Wird diese Frist nicht einge­halten, ist die Kündigung grund­sätzlich recht­mäßig und gilt als sozial gerecht­fertigt, sofern die Klage nicht ganz ausnahms­weise nachträglich zugelassen wird. Dies gilt auch dann, wenn die Kündigung eigentlich eindeutig sachliche Fehler enthält, die sie unter normalen Umständen nichtig werden ließen. 

 

Zugang

Der Zugang einer Willens­er­klärung oder eines Schrift­stückes ist entscheidend für die Frage, ob eine Frist einge­halten ist oder nicht. Unter Zugang versteht man, dass die Kündigung in verkehrs­üb­licher Weise so in den Macht­be­reich der Gegen­seite gelangt ist, dass unter gewöhn­lichen Umständen davon ausge­gangen werden kann, dass der Empfänger von ihr Kenntnis nehmen kann. Ob der Empfänger auch tatsächlich vom Inhalt der Kündigung Kenntnis nimmt, ist unerheblich.

Regel­mäßig ist eine Zustellung erfolgt, wenn die Kündigung dem Empfänger in die Hand gegeben oder in den Brief­kasten des Empfängers einge­worfen wird. Im Brief­kasten ist die Kündigung dann zugegangen, wenn üblicher­weise mit einer Leerung zu rechnen ist. Wird die Kündigung erst spät abends einge­worfen, gilt sie als am nächsten Tag zugestellt. Ist ein Nachsen­de­antrag gestellt, gilt die Kündigung erst dann als zugestellt, wenn sie den Empfänger am Nachsen­deort tatsächlich erreicht. Wird durch die Post nur eine Benach­rich­ti­gungs­mit­teilung hinter­lassen, dass eine Sendung bereit­liegt, gilt die Kündigung erst bei Abholung der Sendung als zugestellt.

 

Weitere Möglichkeiten der Zustellung

Bei einem Übergabeeinschreiben ist die Zustellung erst erfolgt, wenn die Kündigung dem Empfänger oder einer empfangs­be­rech­tigten Person ausge­händigt ist. Bei einem Einwurfeinschreiben reicht es dagegen aus, wenn es in den Brief­kasten eingelegt wird. Beim Einschreiben mit Rückschein gilt das auf dem Rückschein genannte Datum.

Eine Zustellung per Mail, Fax oder Messen­ger­dienst ist nicht möglich, da eine solche Kündigung nicht dem Schrift­form­erfor­dernis genügen würde und unwirksam wäre. 

Ist der Empfänger nicht anwesend, hat aber einen Empfangs­ver­treter bestellt, genügt es, wenn diesem die Kündigung übergeben oder anders zugestellt wird.

Soll gegenüber einem Minder­jäh­rigen oder einem Geschäfts­un­fä­higem gekündigt werden, muss die Kündigung an den gesetz­lichen Vertreter gerichtet sein.

 

Auch während des Urlaubes kann gekündigt werden

Eine zu vertre­tende Abwesenheit des Empfängers beispiels­weise durch Urlaub schadet der Zustellung selbst dann nicht, wenn der Sender von der Abwesenheit weiß. Es ist in diesem Fall am Empfänger, dafür Sorge zu tragen, dass in seiner Abwesenheit die Post kontrol­liert wird.

 

Frist

Die Klage­frist beginnt mit der Zustellung an den Arbeit­nehmer. Für das Einhalten der Frist wird der Tag der Zustellung nicht mitge­zählt. Die Frist endet drei Wochen später am gleichen Wochentag an dem die Zustellung erfolgte. Die Frist ist einge­halten, wenn die Klage beim Gericht eingeht, das heißt, in den Brief­kasten einge­worfen, zur Nieder­schrift bei der Antrags­stelle des Arbeits­ge­richtes oder durch die Post zugestellt wird. Zudem muss die Klage dann der Gegen­seite demnächst, also innerhalb eines den Umständen angemes­senen Zeitraumes, zugestellt werden. Wie viel Tage dies genau sind, ist nicht festgelegt. Ein Zeitraum zwischen 10 und 20 Tagen kann noch ausrei­chend sein. Dies muss aber für den Einzelfall überprüft werden.

 

Zulassung verspäteter Klagen bei versäumter Frist

Ganz ausnahms­weise können Kündi­gungs­schutz­klagen auch außerhalb der Drei‐Wochen‐Frist zugelassen werden, wenn der Arbeit­nehmer trotz aller zumut­barer Sorgfalt verhindert war, die Klage recht­zeitig frist­gemäß zu erheben.

Maßgeblich sind hier die indivi­du­ellen Möglich­keiten sorgfäl­tigen Handelns. So gelten für einen leitenden Angestellten höhere Anfor­de­rungen als für einen einfachen Hilfsarbeiter.

Zur Zulassung verspä­teter Kündi­gungs­schutz­klagen müssen innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hinder­nisses, aber spätestens sechs Monate nach Ablauf der Klage­frist ein Antrag gestellt und begrün­dende Tatsachen angegeben werden. Aus diesem Antrag muss schlüssig hervor­gehen, warum den Arbeit­nehmer für die Frist­ver­säumung keine Schuld trifft. Mögliche Beweise wie Zeugen­aus­sagen, Urkunden u.s.w. müssen beigebracht werden. Beweise können dann nur innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hinder­nisses nachge­reicht werden. Beispiele für solche begrün­deten Tatsachen können eine psychische Erkrankung, die eine Klage­ein­rei­chung unmöglich machte, Fehler eines Empfangs­boten, wenn der Arbeit­nehmer längere Zeit urlaubs­be­dingt ortsab­wesend ist oder wirklich unerwartete Probleme beim Brief­versand sein. Ein Grund kann auch dann bestehen, wenn der Arbeit­geber den Arbeit­nehmer arglistig veran­lasst, von einer Kündi­gungs­schutz­klage abzusehen. Dies könnte der Fall sein, wenn der Arbeit­geber erklärt, er mache die Kündigung rückgängig, dies aber solange nicht tut, bis die Drei‐Wochen‐Frist verstrichen ist. Aber Vorsicht: Wenn der Arbeit­geber diese Aussage relati­viert, etwa durch ein „Vielleicht“, kann es an der Arglist fehlen (Landes­ar­beits­ge­richt Köln, Beschluss vom 19. April 2004 – 5 Ta 63/04).

Etwas Beson­deres gilt, wenn eine Arbeit­neh­merin aus nicht vertret­barem Grund erst nach Verstreichen der Klage­frist von Ihrer Schwan­ger­schaft erfährt. Sie hat dann nämlich einen Sonder­kün­di­gungs­schutz nach § 17 MuSchG. Die Schwangere kann dann unver­züglich den Arbeit­geber davon in Kenntnis setzen und innerhalb von zwei Wochen beim Arbeits­ge­richt einen Antrag auf nachträg­liche Zulassung der Kündi­gungs­schutz­klage stellen. (Mehr zum Sonder­kün­di­gungs­schutz bei Schwan­ger­schaft und Elternzeit können Sie hier lesen.)

 

Verjährung

Das Recht, Kündi­gungs­schutz­klage zu erheben als solches verjährt nicht. Es kann aber – wie darge­stellt – verfristet sein.

Aller­dings könnten Ansprüche, z.B. Vergü­tungs­an­sprüche, die sich aus der Kündigung ergeben verjährt sein. So können z.B. Abfin­dungs­an­sprüche aus einem Sozialplan oder Ansprüche aus Annah­me­verzug des Arbeit­gebers verjährt sein, wenn zunächst über eine Kündi­gungs­schutz­klage gestritten wird und erst danach, 4 Jahre nach Aussprache der Kündigung die Abfin­dungs­an­sprüche oder der Annah­me­ver­zugs­schaden einge­klagt werden. Die Kündi­gungs­schutz­klage unter­bricht oder hemmt nicht die Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB (BAG, Urteil vom 24.6.2015 – 5 AZR 509/13). Die regel­mäßige Verjährung beträgt nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB drei Jahre. Danach können Zahlungs­an­sprüche nicht mehr geltend gemacht werden. Diese Wirkung kann aber gehemmt werden. Daher ist es empfeh­lenswert, vor Ablauf der Verjährung z.B. im Wege einer Zahlungs­klage die Verjährung zu hemmen.

Fazit

Das ungenutzte Verstreichen der Drei‐Wochen‐Frist macht eine unwirksame Kündigung doch noch wirksam. Eine Klage ist dann fast nicht mehr zu retten. Daher ist schnelles Handeln geboten, um frist­wahrend eine Kündi­gungs­schutz­klage einzureichen.

Eine Kündigung muss man nicht kampflos hinnehmen!
Rechts­anwaltJan Böhm

Gegen eine Kündigung kann man sich in vielen Fällen wehren!

Eine entspre­chende Kündi­gungs­schutz­klage muss aber innerhalb von drei Wochen beim Arbeits­ge­richt eingehen. Eine Frist­ver­län­gerung ist nur in ganz seltenen Fällen möglich.

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