Um kurzzeitige Personalengpässen zu begegnen oder vorübergehende Projekte zu betreuen, werden gerne freie Mitarbeiter oder sogenannte „Freelancer“, „Freischaffende“ oder „Honorarkräfte“ eingesetzt. Denn diese können hinsichtlich der Art der Arbeitsleistung, des Arbeitsortes und der Arbeitszeit flexibler eingesetzt werden als Arbeitnehmer. Freie Mitarbeiter unterliegen nicht der Sozialversicherungspflicht, haben keinen gesetzlichen Urlaubsanspruch und keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Zudem findet auf freie Mitarbeiter das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung. Eine Kündigung freier Mitarbeiter kann daher, unter Umständen, einfacher sein, als bei fest angestellten Mitarbeitern. Insofern kann es personalwirtschaftlich reizvoll sein, statt einer Erweiterung der Stammbelegschaft auf freie Mitarbeiter zu setzen. Es muss aber aufgepasst werden, dass kein Fall der Scheinselbständigkeit vorliegt.
Abgrenzung freier Mitarbeiter, arbeitnehmerähnlichen Personen und Arbeitnehmern
Ob eine für einen Auftraggeber tätige Person nun freier Mitarbeiter oder Arbeitnehmer ist, hängt von der tatsächlichen Durchführung des Vertragsverhältnisses ab, nicht von der Bezeichnung im Vertrag (BAG, Urteil vom 25. September 2013 – 10 AZR 282/12). Selbst wenn in einem zugrundeliegenden Vertrag von freier Mitarbeit die Rede ist, kann ein Arbeitsverhältnis vorliegen, wenn die Tätigkeit tatsächlich so durchgeführt wird, dass Merkmale einer Arbeitnehmereigenschaft erfüllt sind. Eine abhängige Beschäftigung nach § 7 SGB IV liegt vor, wenn die Betätigung unselbständig ausgeführt wird. Anzeichen dafür sind:
- wirtschaftliche Abhängigkeit,
- Weisungsrecht des Auftraggebers in Hinsicht auf Arbeitsort, Arbeitszeit, Arbeitsdauer und Art und Weise der Ausführung,
- Eingliederung des Beauftragten in die Arbeitsorganisation des Betriebes.
Freie Mitarbeiter
Freie Mitarbeiter sind meistens aufgrund eines Honorarvertrages, eines Dienstvertrages oder eines Werkvertrages tätig. Sie sind wirtschaftlich von einem Auftraggeber unabhängige Selbstständige. Freie Mitarbeiter sind nicht persönlich vom Auftraggeber abhängig und nicht in die Arbeitsorganisation seines Betriebes eingegliedert. Sie gestalten ihre Tätigkeit und ihre Arbeitszeit im Wesentlichen frei. Sie können selbständig über ihre Arbeitskraft verfügen.
Wirtschaftliche Abhängigkeit bedeutet, dass der Beauftragte von diesem Unternehmen bzw. diesem Auftraggeber ein festes, fixes Gehalt bekommt. Der Beauftragte darf höchstens in geringem Umfang für andere Unternehmen tätig sein. Wird der Beauftragte nach dem jeweiligen Auftrag mit einem Honorar bezahlt, das er auch versteuern muss, besteht keine wirtschaftliche Abhängigkeit.
Persönliche Abhängigkeit meint, dass der „Chef“ bestimmen kann, auf welche Art und Weise die Arbeit durchgeführt wird. Auch die Arbeitszeit, die Arbeitsdauer und den Arbeitsort kann der Auftraggeber bestimmten, beispielsweise durch einen Dienstplan. Der Beauftragte darf dies nicht unabhängig entscheiden. Im Gegensatz dazu können freie Mitarbeiter diese Faktoren selbst bestimmen. Der Auftraggeber gibt nur die Ziele der Tätigkeit vor, überlässt es aber dem freien Mitarbeiter, wie er diese erreicht.
Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Betriebes liegt vor, wenn der Auftraggeber ein persönliches Weisungsrecht hat und der Beauftragte in ein betriebliches Unterordnungssystem, in eine betriebliche Hierarchie, eingeordnet ist. Weitere Hinweise auf eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation sind die vorgeschriebene Verwendung von Geschäftsbriefköpfen und Visitenkarten des Auftraggebers. Auch wenn der Beauftragte keine eigene Werbung betreibt, sondern das Marketing des Auftraggebers nutzt, kann dies auf eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Betriebes hindeuten. Weitere Indizien können die durch den Auftraggeber angewiesene oder vertraglich bestimmte Bindung an einen bestimmten Arbeitsort oder an bestimmte Arbeitsmittel sein.
Arbeitnehmerähnliche Personen oder „Fester freier Mitarbeiter“
Von freien Mitarbeiter abzugrenzen sind arbeitnehmerähnliche Personen, die zwar ebenfalls persönlich unabhängig vom Auftraggeber im Hinblick auf Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit sind, aber dennoch wirtschaftlich von diesem abhängig und sozial schutzbedürftig sind. Sie werden gelegentlich auch als „Feste freie Mitarbeiter“ bezeichnet. Wirtschaftlich abhängig sind sie, wenn ein Beauftragter mit einem bestimmten Projekt zeitlich über einen längeren Zeitraum ausgelastet ist oder im Wesentlichen nur Aufträge für diesen einen Auftraggeber erfüllt, so dass er darüber hinaus keine wesentlichen Einnahmequellen aus anderen Tätigkeiten hat.
Arbeitnehmerähnliche Personen haben einen Anspruch auf Mindesturlaub und auch bestimmte Tarifverträge können auf sie Anwendung finden. Sie können daraus Rechte vor dem Arbeitsgericht einklagen. Das Kündigungsschutzgesetz findet auf sie allerdings ebenso wenig Anwendung, wie bei freien Mitarbeitern. Arbeitnehmerähnliche Personen sind rentenversicherungspflichtig.
Arbeitnehmer
Im Gegensatz zu freien Mitarbeitern und arbeitnehmerähnlichen Personen sind Arbeitnehmer nicht selbständig und persönlich sowie wirtschaftlich vom Arbeitgeber abhängig. Sie sind in Bezug auf den Arbeitsort und die Arbeitszeit dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterworfen und in die Arbeitsorganisation eingebunden. „Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann“ (BAG, Urteil vom 25. September 2013 – 10 AZR 282/12 –, BAGE 146, 97–108, Rn. 16) Sie sind gegen ein Arbeitsentgelt beschäftigt.
Scheinselbständigkeit
Wenn eine als „freier Mitarbeiter“ bezeichnete Person zu den Bedingungen eines Arbeitnehmers arbeitet, kann eine Scheinselbständigkeit vorliegen. Der Beschäftigte wäre dann als Arbeitnehmer zu behandeln. Dazu muss im Einzelfall geprüft werden, ob trotz eines anders lautenden Vertrages, der Beschäftigte in Wirklichkeit nach dem tatsächlichen Erscheinungsbild ein in die Betriebsorganisation eingegliederter, wirtschaftlich und persönlich abhängiger Arbeitnehmer ist. Im Falle einer Scheinselbständigkeit wäre das Kündigungsschutzgesetz nämlich anwendbar.
Wenn Unsicherheit darüber besteht, welchen Status der mit einer Tätigkeit Beauftragte hat, kann bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung ein Feststellungsverfahren nach § 7a SGB IV beantragt werden. Diese ist die Entscheidungsstelle für die Frage, ob eine Person abhängig beschäftigt ist oder als selbständig einzustufen ist. Den Antrag kann sowohl der Beauftragte, als auch der „Arbeitgeber“ stellen.
Wird eine Scheinselbständigkeit festgestellt, müssen der Arbeitgeber und der abhängig Beschäftigte Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen, alle Rechnungen berichtigen und im schlimmsten Fall eine Geldbuße nach § 8 SchwarzArbG zahlen.
Beendigung des Dienstverhältnisses freier Mitarbeiter
Vielfach arbeiten freie Mitarbeiter auf Grundlage von Dienstverträgen oder vereinzelt Werkverträgen. Diese Verträge können auch Details zur Kündigung freier Mitarbeiter enthalten. Grundsätzlich gilt für freie Mitarbeiter aber, dass das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar ist. Ein unbefristetes Dienstverhältnis eines freien Mitarbeiters kann daher jederzeit fristgemäß gekündigt werden.
Dafür gelten nicht die beim Vertrag mit einem Arbeitnehmer üblichen Kündigungsfristen. Vielmehr bemisst sich die Kündigungsfrist hier nach § 621 BGB. Danach ist die Kündigungsfrist von der Zeitspanne abhängig, für die die Vergütung bestimmt ist. Bei einer Vergütung pro Tag kann an jedem Tag zum Ablauf des folgenden Tages gekündigt werden. Ist die Vergütung pro Woche vereinbart, kann spätestens am ersten Werktag einer Woche für den Ablauf des folgenden Samstags gekündigt werden. Ist die Vergütung nach Monaten bemessen, kann am 15. des Monats oder zum Monatsende gekündigt werden. Wird die Vergütung nicht nach Zeitabschnitten bemessen, ist eine Kündigung freier Mitarbeiter jederzeit möglich. Allerdings ist eine Kündigungsfrist von zwei Wochen einzuhalten, wenn der Dienstverpflichtete von der Arbeit vollständig oder hauptsächlich in Anspruch genommen wird. Längere Kündigungsfristen können natürlich im Dienstvertrag vereinbart werden.
Ist ein Dienstvertrag mit einer befristeten Laufzeit geschlossen worden, muss die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung ausdrücklich vereinbart sein. Ansonsten gilt dieser bis zum Fristablauf, wenn nicht vorher fristlos gekündigt wird. Außerordentliche, also fristlose, Kündigungen sind auch bei freien Mitarbeitern möglich, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und eine weitere Zusammenarbeit bis zum Ende der, ohnehin schon kurzen, Kündigungsfrist nicht zumutbar ist.
Da die allgemeinen und besonderen Kündigungsschutzvorschriften für freie Mitarbeiter nicht gelten, besteht für eine Kündigung auch kein Schriftformerfordernis nach § 623 BGB. Das bedeutet, auch mündliche Kündigungen sind möglich.
(Näheres zum grundsätzlichen Schriftformerfordernis einer Kündigung können Sie hier lesen.)
Vor welchem Gericht kann geklagt werden?
Besteht zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter Uneinigkeit darüber, ob er ein freier Mitarbeiter, ein Arbeitnehmer oder wenigstens arbeitnehmerähnliche Person ist, genügt es, wenn der Mitarbeiter behauptet, Arbeitnehmer zu sein, um vor dem Arbeitsgericht klagen zu können. Auch hier ist wieder unbedingt die Drei‐Wochen‐Frist seit Zugang der Kündigung einzuhalten, in der die Klage beim Arbeitsgericht eingegangen sein muss. Ansonsten ist die Kündigung jedenfalls rechtmäßig.
Stellt sich allerdings heraus, dass der Mitarbeiter doch nicht Arbeitnehmer ist, wird die Klage als unbegründet abgewiesen.
Fazit:
Die Kündigung freier Mitarbeiter ist weniger strengen Regeln unterworfen als bei der Kündigung von Arbeitnehmern. Die Kündigungsfristen richten sich nach der Zeitspanne der Vergütung oder nach individualvertraglichen Bestimmungen. Ob der Beauftragte ein freier Mitarbeiter oder vielleicht doch ein abhängig beschäftigter Arbeitnehmer ist, bemisst sich anhand einer Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände nach der tatsächlichen Durchführung der Tätigkeiten. Es sollte darauf geachtet werden, dass keine Scheinselbständigkeit vorliegt.
Eine Kündigung muss man nicht kampflos hinnehmen!
Gegen eine Kündigung kann man sich in vielen Fällen wehren!
Eine entsprechende Kündigungsschutzklage muss aber innerhalb von drei Wochen beim Arbeitsgericht eingehen. Eine Fristverlängerung ist nur in ganz seltenen Fällen möglich.
Buchen Sie jetzt eine kostenlose, unverbindliche Erstberatung!