Teilkündigung Unzuläs­sigkeit der Kündigung einzelner Teile des Arbeitsvertrages

Der Arbeits­vertrag gibt sowohl dem Arbeit­geber als auch dem Arbeit­nehmer beider­seitig Rechte und Pflichten auf. Mit einer Teilkün­digung möchte sich eine Vertrags­partei einseitig einzelner unlieb­samer Vertrags­be­stand­teile entle­digen oder diese verändern. Eine Teilkün­digung berück­sichtigt dabei nicht, dass die Rechte und Pflichten in vielfachen inneren Bezie­hungen stehen. So kommt es zu einer Störung des verein­barte Ordnungs‐ und Äquiva­lenz­gefüge des Vertrages. Daher ist die Teilkün­digung im Arbeits­ver­hältnis grund­sätzlich unzulässig.

 

Abgrenzung Teilkündigung zur Beendigungskündigung

Im Gegensatz zur „normalen“ Kündigung, die ein Arbeits­ver­hältnis in seiner Gänze beendet, sollen bei einer Teilkün­digung nur einzelne Rechte und Pflichten aus dem Arbeits­ver­hältnis beseitigt werden. Der Arbeits­vertrag im Übrigen soll dagegen weiter bestehen. Wesent­liches Merkmal der Teilkün­digung ist zudem, dass diese Änderung einseitig geschieht, also ohne bzw. gegen den Willen der anderen Vertrags­partei.  BAG, Urteil vom 25. Februar 1988 – 2 AZR 346/87 –

Ist die andere Vertrags­partei einver­standen, liegen also überein­stim­mende Willens­er­klä­rungen der Vertrags­par­teien vor, handelt es sich nicht um eine Teilkün­digung. Vielmehr dürfte es sich dann um einen Änderungs­vertrag handeln, mit dem eine Änderung des Inhalts eines Schuld­ver­hält­nisses nach § 311 Abs. 1 BGB grund­sätzlich möglich ist.

 

Störung des Äquivalenz‐ und Ordnungsgefüges

Derjenige, der durch die Teilkün­digung einseitig eine Loslösung von einem Teil der Vertrags­be­din­gungen wünscht, möchte aller­dings gleich­zeitig, dass sich die andere Vertrags­partei unver­ändert an dessen vertrag­liche Pflichten hält. Dadurch stört eine Teilkün­digung das durch die Arbeits­ver­trags­par­teien ausge­han­delte Äquivalenz‐ und Ordnungs­gefüge. Während der Vertrags­ver­hand­lungen haben beide Parteien die Möglichkeit, ihre Inter­essen und Rechte festzu­legen und bekommen einen Überblick, welche Verpflich­tungen sie zu erwarten und zu leisten haben. Unter wirtschaft­lichem Gesichts­punkt werden die Vertrags­par­teien in den Regelungs­kom­plexen abwägen, ob das Angebot der Gegen­seite zu diesen Bedin­gungen akzep­tiert wird. Dem würde es zuwider­laufen, wenn eine der Vertrags­par­teien im Nachhinein den Vertrag einseitig ändern könnte und unliebsame Klauseln entfernen könnte. Das wären nicht die Voraus­set­zungen unter denen die andere Vertrags­seite zugestimmt hat.

Teilkün­di­gungen ohne Einver­ständnis der Gegen­seite sind daher grund­sätzlich unzulässig.

Im Arbeits­vertrag kann aber ausnahms­weise vereinbart werden, dass es für einzelne Vertrags­be­stand­teile, das Recht zu einer Teilkün­digung geben soll, wenn durch diese Verein­barung kein zwingender Kündi­gungs­schutz umgangen wird. (BAG, Urteil vom 23. März 2011 – 10 AZR 562/09 –)

Dies wird dann aber als Wider­rufs­vor­behalt verstanden.

Denkbar ist eine Teilkün­digung ausnahms­weise auch dann, wenn sich ein Gesamt­vertrag aus mehreren Teilver­trägen zusam­men­setzt. Die Teilver­träge müssen dann jeweils für sich als selbständig lösbar aufge­fasst werden können. (BAG 14. November 1990 – 5 AZR 509/89 - BAG, Urteil vom 13. März 2007 – 9 AZR 612/05 –)

 

Widerrufsvorbehalt

Bei einem Wider­rufs­vor­behalt hat der Arbeit­nehmer einen Anspruch auf eine Leistung. Der Arbeit­geber behält sich aber bei Vertrags­schluss die Möglichkeit vor, die Leistung einseitig zu ändern. Die Verein­barung eines Wider­rufs­vor­be­haltes muss dem Arbeit­nehmer zumutbar sein. Dies ist dann der Fall, wenn der Widerruf nicht willkürlich, sondern nur aus einem bestimmten, festge­legten, Grund erfolgen darf. Der Wider­rufs­vor­behalt muss recht­mäßig und ausdrücklich vereinbart sein. Zudem muss bei der Entscheidung, ob der Widerruf dann auch ausgeübt wird, eine einzel­fall­be­zogene Abwägung der beider­sei­tigen Inter­essen erfolgen.

 

Änderungskündigung

Vertrags­än­de­rungen gegen den Willen einer Vertrags­partei sind durch eine Änderungs­kün­digung möglich. Die Änderungs­kün­digung ist von der Teilkün­digung dadurch abzugrenzen, dass sie auf den Abschluss eines neuen Arbeits­ver­hältnis zu teilweise anderen Vertrags­be­din­gungen gerichtet ist. Die  Änderungs­kün­digung ist eine Kombi­nation einer Kündigung des bishe­rigen Arbeits­ver­hält­nisses und dem Angebot eines neuen Arbeits­ver­hält­nisses zu neuen Bedin­gungen. Eine Änderungs­kün­digung beendet das Arbeits­ver­hältnis, falls der Arbeit­nehmer das neue Vertrags­an­gebot ausschlägt. Insofern muss bei der Änderungs­kün­digung deutlich zum Ausdruck kommen, dass das bisherige Arbeits­ver­hältnis beendet werden soll, wenn die andere Vertrags­partei das Angebot nicht annehmen sollte. Bezieht sich die Änderung nur auf einen Aspekt, beispiels­weise die Lohnhöhe, lässt aber nicht erkennen, dass das Arbeits­ver­hältnis sonst beendet sein soll, dürfte, bei fehlendem Einver­ständnis der Gegen­seite eine Teilkün­digung vorliegen.

(Näheres dazu können Sie im Artikel zur Änderungs­kün­digung hier lesen.)

 

Teilkündigung bei Betriebsvereinbarungen

Auch Betriebs­ver­ein­ba­rungen, also normative Verträge zwischen Arbeit­gebern und dem Betriebsrat zur Regelung von Rechten und Pflichten für den Betrieb, können gekündigt werden. Dafür ist, sofern keine andere Verein­barung besteht, nach § 77 Abs. 5 BetrVG eine Frist von 3 Monaten einzu­halten. Aus demselben Paragrafen ergibt sich aber auch das Recht, andere Verein­ba­rungen über die Kündigung einer Betriebs­ver­ein­barung treffen zu können. Dies schließt auch die Teilkün­digung mit ein.

Die Teilkün­digung einer Betriebs­ver­ein­barung ist regel­mäßig zulässig, wenn der gekün­digte Teil einen selbstän­digen Regelungs­komplex betrifft, der ebenso in einer eigen­stän­digen Betriebs­ver­ein­barung geregelt werden könnte. Wollen die Betriebs­par­teien in einem solchen Fall die Teilkün­digung ausschließen, müssen sie dies in der Betriebs­ver­ein­barung deutlich zum Ausdruck bringen.

 (BAG, Urteil vom 6. November 2007 – 1 AZR 826/06 –)

Es ist auch hier zu prüfen, ob eine Teilkün­digung als einseitige Ausübung eines Gestal­tungs­rechts einer Betriebs­partei zu einer Störung des Ordnungs‐ und Äquiva­lenz­ge­füges führt. Dann wäre sie unzulässig.

(BAG, Urteil vom 6. November 2007 – 1 AZR 826/06 –)

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