Viele Arbeitnehmer sorgen mit der betrieblichen Altersvorsorge für ihren Ruhestand vor. Insbesondere größere Betriebe werben um Mitarbeiter mit großangelegten Betriebsrentenprogrammen als Bonusleistung. Doch was passiert mit Betriebsrenten, wenn das Unternehmen Pleite geht?
Inhaltsverzeichnis
- Betriebsrenten werden bei Insolvenz durch Pensions‐Sicherungs‐Verein gezahlt
- Insolvenzsicherung unverfallbarer Rentenansprüche
- Betriebsrentenansprüche aus Direktversicherung, Unterstützungskasse und Pensionskasse
- Arbeitgeber sollten bei Insolvenz Betriebsrentenansprüche bei Pensions‐Sicherungs‐Verein anmelden
- Abfindung statt monatlicher Rentenzahlung bei kleinen Betriebsrenten
- Betriebsrenten sind sicher – bis sie nicht mehr sicher sind
Forderungen aus Betriebsrenten, die der Arbeitgeber als Direktzusage ohne Rückversicherung (unmittelbare Versorgungszusage) zusichert, sind ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor, an dem sich bereits manch mittelständisches Unternehmen verhoben hat. Dies zeigt etwa das Beispiel des Eisenbahnmodellbauers Fleischmann, der 2015 mit der Begründung Insolvenz anmeldete, dass die im Unternehmen noch verbliebenen 33 Arbeitnehmer nicht die Betriebsrenten von über 600 ehemaligen Mitarbeitern erwirtschaften können.
Unternehmen können aus vielerlei Gründen Pleite gehen. Müssen Arbeitnehmer deshalb um ihre Betriebsrenten bangen?
Betriebsrenten werden bei Insolvenz durch Pensions‐Sicherungs‐Verein gezahlt
Einen Verlust ihrer Betriebsrente müssen Arbeitnehmer bei Insolvenz des Arbeitgebers in der Regel nicht fürchten. Vor einem Verlust der Betriebsrentenansprüche schützt das „Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung“ (kurz: Betriebsrentengesetz – BetrAVG). Danach sind bestimmte Betriebsrenten durch eine gesetzliche Insolvenzsicherung über den Kölner „Pensions‐Sicherungs‐Verein Verein auf Gegenseitigkeit“ (§ 14 Absatz 1 BetrAVG) geschützt. Der Verein unterliegt der Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).
Insolvenzsicherung unverfallbarer Rentenansprüche
Die Insolvenzsicherung greift gemäß § 7 Absatz 1 BetrAVG, wenn unverfallbare Rentenansprüche „aus einer unmittelbaren Versorgungszusage des Arbeitgebers“ aufgrund Eröffnung des Insolvenzverfahrens über dessen Vermögen nicht erfüllt werden. Dann besteht ein direkter gesetzlicher Leistungsanspruch gegenüber dem Pensions‐Sicherungs‐Verein als „Träger der Insolvenzsicherung“.
Die Rentenanwartschaft muss bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens „unverfallbar“ sein. Gemäß § 1 b BetrAVG sind Betriebsrenten unverfallbar, „wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls, jedoch nach Vollendung des 21. Lebensjahres endet und die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt mindestens drei Jahre bestanden hat.
Betriebsrentenansprüche aus Direktversicherung, Unterstützungskasse und Pensionskasse
Gleiches gilt gemäß §§ 1 b Absatz 2 Satz 3, 7 Absatz 1 Nr. 1 BetrAVG für Leistungen aus einer Direktversicherung, wenn der Arbeitnehmer hinsichtlich der Leistungen des Versicherers widerruflich bezugsberechtigt ist oder der Arbeitgeber die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag abgetreten oder beliehen hat und seiner Zahlungspflicht aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht nachkommt.
Auch unverfallbare Versorgungsansprüche, die von einer Unterstützungskasse oder Pensionskasse durchgeführt werden, sind gemäß § 7 Absatz 1 Nr. 2 und 3 BetrAVG insolvenzgeschützt. Arbeitnehmer erlangen im Insolvenzfall einen direkten Leistungsanspruch gegen den Pensions‐Sicherungs‐Verein.
Arbeitgeber sollten bei Insolvenz Betriebsrentenansprüche bei Pensions‐Sicherungs‐Verein anmelden
Bei Insolvenz des Arbeitgebers sollten Arbeitnehmer, die eine betriebliche Altersversorgung abgeschlossen haben, zunächst einmal ihren Versicherungsvertrag daraufhin prüfen, ob die Betriebsrente von der Insolvenz überhaupt betroffen ist. Denn wie der Arbeitgeber die Betriebsrente durchführt (ob er sie aufgrund Direktzusage selbst auszahlt) oder sie über einen externen Versicherungsträger organisiert, entscheidet alleine der Arbeitgeber.
Handelt es sich um eine Betriebsrente, die gemäß BetrAVG über den Pensions‐Sicherungs‐Verein geschützt wird, so ist zu beachten, dass entweder der Insolvenzverwalter oder die rentenberechtigten Arbeitnehmer selbst ihre gegenüber dem Verein bestehenden Ansprüche bei diesem anmelden müssen. Die Anmeldung kann bis zu 12 Monate rückwirkend erfolgen. Bei verspäteter Anmeldung beginnen die Rentenleistungen durch den Pensions‐Sicherungs‐Verein gemäß § 9 Absatz 1 BetrAVG frühestens „mit dem Ersten des Monats der Anmeldung“.
Abfindung statt monatlicher Rentenzahlung bei kleinen Betriebsrenten
Sowohl der Arbeitgeber (§ 3 BetrAVG) als auch der Pensions‐Sicherungs‐Verein (§ 8 a BetrAVG) können die Betriebsrentenanwartschaft bzw. die laufende Leistung aus der Betriebsrente ohne Zustimmung des Arbeitnehmers abfinden, sofern der Monatsbetrag der Rente 1 % der monatlichen Bezugsgröße gemäß § 18 Viertes Sozialgesetzbuch (SGB IV) nicht übersteigt. Seit 2021 liegt die Bezugsgröße für Westdeutschland bei 3.290 Euro und in den neuen Bundesländern bei 3.115 Euro. Monatliche Betriebsrenten bis 32,90 Euro (West) bzw. 31,15 (Ost) können also ohne Zustimmung des Arbeitnehmers durch eine Einmalzahlung abgefunden werden.
(Mehr zu Abfindungen bei Kündigungen können Sie hier lesen.)
Betriebsrenten sind sicher – bis sie nicht mehr sicher sind
Der Pensions‐Sicherungs‐Verein wird aus Beiträgen der Arbeitgeber, die ihren Arbeitnehmern nach dem BetrAVG vor Insolvenz geschützte Betriebsrenten anbieten und die somit am Sicherungssystem des Vereins teilhaben, finanziert. Gemäß § 10 Absatz 1 BetrAVG sind die Arbeitgeber öffentlich‐rechtlich zur Beitragszahlung verpflichtet. Wie jedes Versicherungssystem funktioniert auch das Sicherungssystem des Pensions‐Sicherungs‐Vereins, wenn eine ausreichend große Zahl an Teilnehmern in der Summe höhere Beiträge bezahlt, als an Versicherungsleistungen ausgegeben werden muss.
Bei einer großen Insolvenzwelle hingegen besteht die Gefahr, dass das System in Schieflage gerät. Das Gesetz schützt hier in einem gewissen Umfang vor einer Auslagerung betriebsrentenbedingter Belastungen im Wege der Unternehmensaufspaltung, bei dem für den „teuren“ Unternehmensteil mit älteren, betriebsrentenberechtigten Arbeitnehmern, Insolvenz angemeldet wird. Denn der Pensions‐Sicherungs‐Verein muss im Fall eines außergerichtlichen Insolvenzverfahrens dem Sanierungsplan zur Abwendung der Insolvenz zustimmen. Kommt es jedoch zu einer größeren Insolvenzwelle einschließlich großer Unternehmen mit überdurchschnittlichen Betriebsrentenlasten, wie dies beispielsweise bei den sehr überdurchschnittlichen Betriebsrenten der Lufthansa der Fall ist, so kann dies auf Dauer zu einer finanziellen Überlastung des Pensions‐Sicherungs‐Vereins führen. Ob dann der Staat noch leistungsfähig genug ist, um seinerseits einzuspringen, wird sich zeigen.