Größere Unternehmen ab einer Beschäftigtenzahl von in der Regel mehr als 10 in Vollzeit beschäftigten Arbeitnehmern hingegen unterliegen hinsichtlich der Beendigung von Arbeitsverträgen dem Kündigungsschutzgesetz. Bei Arbeitnehmern, die länger als 6 Monate im Betrieb beschäftigt sind muss eine Kündigung daher nach § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt sein. Dies kann der Fall sein, wenn der Grund der Kündigung in der Person des Arbeitnehmers liegt, d.h. in seinen Eigenschaften und Fähigkeiten. Wenn die vertragliche Arbeitsleistung aufgrund einer solchen persönlichen Eigenschaft oder Fähigkeit bzw. ihres Verlustes momentan und voraussichtlich auch zukünftig nicht mehr erbracht werden kann, kann die personenbedingte Kündigung ausgesprochen werden.
Inhaltsverzeichnis
- Umstände, die eine personenbedingte Kündigung begründen
- Schuldhaft oder nicht
- Soziale Rechtfertigung der personenbedingten Kündigung
- Zeitpunkt der Umstände der personenbedingten Kündigung
- Wiedereinstellungsanspruch
- Kündigungsfrist
- Beteiligung des Betriebsrates bei der personenbedingten Kündigung
- Frist für die Kündigungsschutzklage
Eine personenbedingte Kündigung kann begründet sein, wenn Umstände, die aus den persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten des Arbeitnehmers resultieren, dessen Eignung, Einsatzfähigkeit oder Arbeitsleistung nachhaltig negativ beeinflussen. Bei der personenbedingten Kündigung betrifft das insbesondere die Fälle der Kündigung bei einer Krankheit des Arbeitnehmers, die dazu führt, dass die Arbeitsleistung nicht mehr erbracht werden kann. Es kommt bei den beeinträchtigenden Umständen auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung an.
Umstände, die eine personenbedingte Kündigung begründen
Geeignete Umstände können die beruflichen und persönlichen Fähigkeiten des Arbeitnehmers, eine altersbedingte oder gesundheitsbedingte Leistungsminderung oder das Fehlen von berufsrechtlichen Voraussetzungen sein. Denkbar sind Krankheiten, Alkoholsucht, fehlende Arbeitsberechtigung, fehlende Berufsvoraussetzungen, fehlende fachliche Qualifikation oder das Verbüßen einer Haftstrafe.
(Näheres zur Kündigung wegen Krankheit lesen Sie hier und Näheres zu Alkohol als Ursache für eine Kündigung hier.)
Es handelt sich stets um Umstände, die der Arbeitnehmer nicht direkt durch sein Verhalten beeinflussen kann. Sie sind durch den Arbeitnehmer nicht steuerbar. Als Faustformel könnte man sagen: Der Arbeitnehmer will arbeiten, kann aber nicht.
Davon abzugrenzen sind Kündigungsgründe, die durch ein direktes, vertragswidriges Verhalten bedingt sind. Es ist aber denkbar, dass das Verhalten des Arbeitnehmers zur Verschlechterung oder zum Verlust seiner persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten führt. Beispielsweise langjähriger, übermäßiger Alkoholkonsum, der im konkreten Fall zu Alkoholismus geführt hat. Obwohl letztendlich das Verhalten des Arbeitnehmers die Verschlechterung der Arbeitskraft bewirkt, liegt dennoch ein personenbedingter Kündigungsgrund vor, der zu einer Kündigung wegen Alkohol führen kann. Denn zum Zeitpunkt der Kündigung ist der Alkoholkonsum nicht mehr steuerbar.
(Näheres zur Kündigung wegen Alkohol können Sie hier in unserem speziellen Artikel lesen.)
Schuldhaft oder nicht
Für die Rechtmäßigkeit einer personenbedingten Kündigung ist es irrelevant, ob der Arbeitnehmer schuld daran war, dass er seine Arbeitsfähigkeit verliert. Dies könnte beispielsweise durch Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten – etwa durch den Verlust der Fahrerlaubnis bei Kraftfahrern – der Fall sein. Auch Umstände, die der Arbeitnehmer nicht beeinflussen kann, wie Alter oder Krankheiten, können die Arbeitsfähigkeit nachteilig beeinflussen. Für die Rechtmäßigkeit der personenbedingten Kündigung kommt es allein auf die objektive Fähigkeit zur vollen Erbringung der Arbeitsleistung an, nicht darauf, wie leistungsbereit der Arbeitnehmer ist.
Soziale Rechtfertigung der personenbedingten Kündigung
Eine personenbedingte Kündigung muss bei Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes sozial gerechtfertigt sein. Die Rechtsprechung hat dazu eine abgestufte Prüfung entwickelt. Es wird dreistufig geprüft, ob im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung eine negative Prognose bezüglich der Arbeitsleistung des Arbeitnehmersbesteht. Dem Betrieb müssen durch die verminderte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erhebliche Beeinträchtigungen der betrieblichen Interessen entstehen. Diese dürften nach einer Abwägung gegen die Interessen des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber billigerweise nicht mehr hingenommen werden müssen.
Negative Prognose
Es ist eine Prognose darüber anzustellen, ob der Arbeitnehmer seine volle Arbeitsleistung wieder erlangen wird. Die Kündigung wegen eines personenbedingten Grundes ist nur möglich, wenn diese Prognose negativ ausfällt. Es muss ernsthaft zu befürchten sein, dass der Arbeitnehmer im bisherigen Umfang in seiner Arbeitsleistung eingeschränkt bleibt. Der Arbeitgeber muss immer wieder mit unzumutbaren Belastungen des Arbeitsverhältnisses zu rechnen haben. Die Störung darf also nicht nur vorübergehend sein. Wenn eine Wiederherstellung der vollen Arbeitsfähigkeit erst in ferner Zukunft zu erwarten ist, kann dies dennoch zum Zeitpunkt der Kündigung als negative Prognose ausreichen.
Für die negative Prognose ist der Arbeitgeber beweispflichtig.
Erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher oder vertraglicher Interessen
Durch den Arbeitsausfall oder die Minderleistung Arbeitnehmers müssen die betrieblichen oder wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers erheblich belastet werden. Eine solche Beeinträchtigung kann beispielsweise darin liegen, dass
- die anstehenden Aufträge in dem Unternehmen nicht mehr rechtzeitig bearbeitet werden können,
- die Produktion wegen des Arbeitsausfalls eingeschränkt werden muss,
- der Arbeitgeber häufig Entgeltfortzahlungskosten leisten muss und
- zur Vertretung des ausgefallenen Arbeitnehmers weiteres Personal einstellen muss, was mit entsprechenden Personalkosten verbunden ist.
Allerdings muss der Betrieb so organisiert sein, dass kurzfristige Personalausfälle oder Minderleistungen aufgefangen werden können, da mit zumindest kurzen Ausfällen der Mitarbeiter immer zu rechnen ist.
Interessenabwägung, Ultima‐Ratio
Die Kündigung muss ultima ratio, also das letzte Mittel sein, die erheblichen Beeinträchtigungen des Betriebes zu beenden.
Dazu muss bei der personenbedingten Kündigung das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortsetzung überwiegen. Dafür ist eine umfangreiche, einzelfallbezogene Interessenabwägung vorzunehmen. Dabei sind die persönlichen Umstände, wie Alter und Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers, besonders gründlich in die Prüfung einzubeziehen. Denn der personenbedingte Kündigungsgrund muss ja nicht auf einem Verschulden des Arbeitnehmers beruhen. Es ist zu berücksichtigen, wie lange der Arbeitnehmer bereits in dem Betrieb arbeitet und ob schon in der Vergangenheit lange oder häufige Arbeitsausfälle, die aus dem personenbedingten Umstand resultieren, vorkamen. Es soll geprüft werden, ob es mildere Mittel gibt, der geringeren Arbeitsleistung zu begegnen. Denkbar wäre beispielsweise, dass durch eine Verkürzung der Arbeitszeit oder eine Versetzung auf eine andere Stelle im Betrieb bzw. auf eine andere Tätigkeit, den persönlichen Umständen des Arbeitnehmers derart begegnet werden kann, dass künftig eine Minderleistung der Arbeit nicht mehr zu erwarten wäre. Die andere Tätigkeit sollte aber gleichwertig sein. Möglich wären dazu auch Umschulungsmaßnahmen, um den Arbeitnehmer auf eine geeignete Stelle umzusetzen, wenn dieser damit einverstanden wäre.
Im Zuge der Interessenabwägung muss nun beurteilt werden, ob diese Maßnahmen, angesichts der Schwere der erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen, dem Arbeitgeber noch zumutbar sind.
Zeitpunkt der Umstände der personenbedingten Kündigung
Es kommt grundsätzlich auf die objektiven Verhältnisse zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung an. Es gilt das Prognoseprinzip. Danach ist für die soziale Rechtfertigung der Kündigung entscheidend, ob Wiederholungsgefahr besteht und sich der personenbedingte Hinderungsgrund auch dann nachteilig auf den Betrieb auswirkt. Der Arbeitgeber muss bei der Kündigung eine entsprechende Prognose stellen, darf dann aber auch darauf vertrauen. Davon gibt es nur eine, zeitlich begrenzte, Ausnahme.
Wiedereinstellungsanspruch
Wenn sich nach Zugang einer personenbedingten Kündigung aber vor Ende der Kündigungsfrist der Gesundheitszustand des Arbeitnehmers unvorhergesehen zum Positiven ändert oder sich die Prognose des Arbeitgebers aus anderen Gründen im Nachhinein als nicht zutreffend erweist, bewirkt das allein nicht die Rechtswidrigkeit der Kündigung. Allerdings kann eine Veränderung der Umstände zu einem Wiedereinstellungsanspruch führen. Dazu bedarf es
- einer positiven Prognose, dass die Arbeitsfähigkeit bzw. Arbeitsleistung wieder voll hergestellt werde.
- Diese Änderung muss vor Ende der Kündigungsfrist eintreten.
Die Wirksamkeit einer Kündigung wird nach den objektiven Verhältnissen zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bewertet. Liegen zu diesem Zeitpunkt alle Voraussetzungen vor, so ist die Kündigung rechtmäßig. Sie kann nicht durch eine nachträgliche Veränderung der Verhältnisse unwirksam werden. Nur wenn der Arbeitnehmer darlegen und beweisen kann, dass die bei Ausspruch der Kündigung begründete Prognose des Arbeitgebers nicht mehr gerechtfertigt ist, kommt ein Wiedereinstellungsanspruch in Frage. Ein Anzweifeln erneuter erheblicher Beeinträchtigungen reicht nicht. Eine erneute Beeinträchtigung des Betriebes durch den personenbedingten Arbeitsausfall des Arbeitnehmers muss auszuschließen sein. Dem Wiedereinstellungsanspruch könnten zudem auch noch berechtigte Arbeitgeberinteressen entgegenstehen, insbesondere wegen zwischenzeitlicher anderweitiger Dispositionen, etwa durch neu eingestellte Ersatzkräfte.
Nach Ende der Kündigungsfrist erkennen die Gerichte keinen Wiedereinstellungsanspruch an, da dann allenfalls nachvertraglicher Vertrauensschutz besteht.
Kündigungsfrist
Für die personenbezogene Kündigung gelten, sofern durch den Arbeitsvertrag oder einen Tarifvertrag nichts anderes vereinbart wurde, die allgemeinen Kündigungsfristen nach § 622 BGB.
Beteiligung des Betriebsrates bei der personenbedingten Kündigung
Gibt es in dem Unternehmen einen Betriebsrat, so muss der Arbeitgeber diesen gemäß § 102 Absatz 1 BetrVG vor Ausspruch der Kündigung des Arbeitsvertrages anhören, damit sie nicht unwirksam ist. Sofern der Arbeitgeber fristgerecht Kündigungsschutzklage erhebt, würde bei ausgebliebener Anhörung die Kündigung vom Arbeitsgericht aufgehoben werden. In einem solchen Fall hat der Arbeitnehmer mit seiner Kündigungsschutzklage sichere Aussicht auf Erfolg. Auch wenn der Arbeitnehmer zu einem gesetzlich besonders geschützten Personenkreis (z.B. Betriebsratsmitglieder, Schwangere, Schwerbehinderte) gehört, kann der Arbeitgeber nur unter besonderen gesetzlichen Voraussetzungen wirksam kündigen.
Der Betriebsrat kann in bestimmten Fällen wie etwa bei der unzureichenden Berücksichtigung sozialer Kriterien der Kündigung widersprechen. Auch wenn die Möglichkeit besteht, den Arbeitnehmer innerhalb des Betriebs auf einem anderen Arbeitsplatz im Rahmen seiner Qualifikationen und zumutbaren Weiterbildungsmöglichkeiten weiterzubeschäftigen, kann der Betriebsrat der Kündigung widersprechen.
Frist für die Kündigungsschutzklage
Wenn man sich gegen eine personenbedingte Kündigung zur Wehr setzen will, ist die Dreiwochenfrist aus § 4 KSchG unbedingt einzuhalten. Wenn die Kündigung dem Arbeitnehmer zugegangen ist (in den Briefkasten geworfen oder als Schriftstück in die Hand gedrückt) sind nur noch drei Wochen Zeit, um die Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einzureichen. Verpasst man diese Frist, ist die Kündigung, ungeachtet aller möglichen Fehler, rechtmäßig.
Eine Kündigung muss man nicht kampflos hinnehmen!
Gegen eine Kündigung kann man sich in vielen Fällen wehren!
Eine entsprechende Kündigungsschutzklage muss aber innerhalb von drei Wochen beim Arbeitsgericht eingehen. Eine Fristverlängerung ist nur in ganz seltenen Fällen möglich.
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