Unpünktlichkeit sieht niemand gern. Am wenigsten der Arbeitgeber. Zwar kann sich auch der gewissenhafteste Arbeitnehmer einmal aus Versehen verspäten. Dies ist in der Regel noch kein ausreichender Kündigungsgrund. Erscheint ein Arbeitnehmer aber häufig selbstverschuldet unpünktlich zur Arbeit, so kann dies eine Kündigung rechtfertigen.
Inhaltsverzeichnis
- Vorteil Gleitzeit: Arbeitszeiten ergeben sich aus Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Weisung des Arbeitgebers
- Arbeitnehmer muss Zuspätkommen verschuldet haben
- Arbeitnehmer trägt Wegerisiko im Rahmen des Zumutbaren
- Wann rechtfertigt Unpünktlichkeit eine Abmahnung oder Kündigung?
- Kündigung wegen Unpünktlichkeit erst nach Abmahnung des Fehlverhaltens
- Arbeitszeitbetrug kann zur fristlosen Kündigung führen
- Was tun bei Abmahnung wegen Unpünktlichkeit?
- Was tun bei Kündigung wegen Zuspätkommens? – Die Kündigungsschutzklage
Wann ein Arbeitnehmer an seinem Arbeitsplatz zu erscheinen hat, ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag oder dem geltenden Tarifvertrag. Der Arbeitgeber kann die Arbeitszeiten per Weisung innerhalb des arbeitsvertraglichen Rahmens näher bestimmen. Sind für die Arbeitszeiten genaue Uhrzeiten festgelegt, so hat der Arbeitnehmer genau zu diesen Arbeitszeiten an seinem Arbeitsplatz zu sein. Ist die Arbeitszeit beispielsweise fix auf montags bis freitags jeweils von 9 Uhr bis 17 Uhr bestimmt, so haben die Arbeitnehmer spätestens um 9 Uhr am Morgen zu erscheinen. Auch wenige Minuten Verspätung stellen einen Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten dar. Diese Unpünktlichkeit kann vom Arbeitgeber abgemahnt werden.
Vorteil Gleitzeit: Arbeitszeiten ergeben sich aus Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Weisung des Arbeitgebers
Einfacher haben es Arbeitnehmer, für die eine Gleitzeitregelung gilt. Diese können innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens selbst entscheiden, wann sie zur Arbeit kommen. Sie müssen nur sicherstellen, dass sie innerhalb der festgelegten Kernarbeitszeiten am Arbeitsplatz sind. So kann beispielsweise eine Kernarbeitszeit zwischen 10 und 15 Uhr festgelegt werden. Die Arbeitnehmer müssen dann nur beachten, dass sie spätestens um 10 Uhr zur Arbeit kommen und frühestens um 15 Uhr Feierabend machen. Ansonsten sind sie frei in ihrer Arbeitszeitgestaltung, wobei die vereinbarte Arbeitszeit (z.B. pro Arbeitstag 8 Stunden) selbstverständlich eingehalten werden muss.
Arbeitnehmer muss Zuspätkommen verschuldet haben
Ein vorwerfbarer Pflichtenverstoß des Arbeitnehmers liegt vor, wenn die Verspätung auf einem Verschulden des Arbeitnehmers beruht, d.h. mindestens fahrlässig durch ihn verursacht wurde. Kein Verschulden trifft den Arbeitnehmer beispielsweise, wenn er auf dem Arbeitsweg einen Unfall erleidet. Oder wenn er unterwegs einer anderen Person Erste Hilfe leistet. Auch höhere Gewalt in Form eines unvorhergesehenen Naturereignisses kann ein Zuspätkommen entschuldigen.
Allerdings trägt der Arbeitnehmer grundsätzlich das Wegerisiko. Verkehrsbedingte Verzögerungen muss der Arbeitnehmer grundsätzlich vorab einkalkulieren. Es muss so früh zur Arbeit losgefahren werden, dass auch der tägliche Stau im Berufsverkehr nicht zu einem Zuspätkommen führt. Auch angekündigte Streiks in öffentlichen Verkehrsbetrieben oder schlechtes Wetter sind bei der Planung des Arbeitsweges zu berücksichtigen. Entsprechend früher sollte man losfahren. Wird streikbedingt der öffentliche Nahverkehr eingeschränkt, so muss auch ein durch das Umsteigen auf andere Verkehrsrouten oder Verkehrsmittel entstehender längerer Arbeitsweg in Kauf genommen werden. Die Verspätung in Folge eines unangekündigten Streiks wird dem Arbeitnehmer hingegen nicht zugerechnet werden können.
Arbeitnehmer trägt Wegerisiko im Rahmen des Zumutbaren
Reist der Arbeitnehmer mit einem eigenen Fahrzeug an, so muss er dafür Sorge tragen, dass es auch einsatzfähig ist. Er muss das Fahrzeug ausreichend in Stand halten bzw. sich um alternative Anfahrtsmöglichkeiten kümmern, wenn das Fahrzeug kaputt geht.
Die Maßnahmen, die der Arbeitnehmer zu ergreifen hat, um sein pünktliches Erscheinen am Arbeitsplatz zu ermöglichen, müssen allerdings zumutbar sein. Fallen aufgrund einer Naturkatastrophe beispielsweise sämtliche öffentliche Verkehrsmittel aus, so kann, sofern kein Auto verfügbar ist und der Arbeitsweg auch zu lang ist, um ihn zu Fuß oder mit einem vorhandenen Fahrrad zu bestreiten, es unzumutbar sein, ein teures Taxi zu nehmen.
Auch Zuspätkommen wegen eines unvorhersehbaren, besonders langen Staugeschehens – etwa im Zuge eines Verkehrsunfalls – ist dem Arbeitnehmer nicht zuzurechnen.
Wann rechtfertigt Unpünktlichkeit eine Abmahnung oder Kündigung?
Zuspätkommen ist nicht gleich Zuspätkommen. Nicht jede Unpünktlichkeit kann sogleich mit einer Abmahnung oder Kündigung sanktioniert werden. Pünktliches Erscheinen am Arbeitsplatz ist eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht. Wer in einem bereits seit längerer Zeit bestehenden Arbeitsverhältnis einmal fünf Minuten zu spät kommt, kann deshalb in der Regel weder gekündigt noch abgemahnt werden. Bei einem lange andauernden, bislang ungestörten Arbeitsverhältnis rechtfertigen erst mehrere kurze Verspätungen eine Abmahnung. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine nicht fristgebundene Arbeit verrichtet wird – etwa wenn ein Sachbearbeiter im Büro Akten bearbeitet, ohne dass es dabei darauf ankommt, zu welcher Uhrzeit dies genau geschieht. Ob die Arbeit um 9 Uhr morgens oder um 12 Uhr mittags erledigt wird, ist oftmals irrelevant, solange die Arbeit erledigt wird.
Bei fristgebundenen Arbeiten, bei Mitarbeitern mit Kundenkontakt in Betrieben mit festen Öffnungszeiten oder bei angesetzten Terminen kann die Sache anders aussehen. Wenn beispielsweise ein Supermarktkassierer erst eine Stunde nach Öffnung des Supermarktes erscheint und deshalb die Kasse nicht besetzt werden kann und sich lange Warteschlangen bilden oder Kunden gar nicht bedient werden, so wird durch das Zuspätkommen der Betriebsablauf erheblich gestört. Gleiches gilt für z.B. einen Architekten, der zu spät zu der Baubesprechung mit dem Bauherrn und dem Bauunternehmer erscheint. Oder für den Anwalt, der zu spät zu einem Gerichtstermin erscheint und deshalb ein Verfahren verliert.
Kündigung wegen Unpünktlichkeit erst nach Abmahnung des Fehlverhaltens
Abgesehen von extremen Ausnahmefällen ist eine verhaltensbedingte Kündigung aufgrund von zu spätem Erscheinen am Arbeitsplatz erst nach Erteilung einer bzw. mehrerer Abmahnungen möglich. Ob eine Kündigung berechtigt ist und wie viele Abmahnungen zunächst erfolgen müssen, hängt stets von der Ausgestaltung und den Einzelheiten des Arbeitsverhältnisses, sowie der durch die Unpünktlichkeit verursachten Störungen ab. Mehrere kurze Verspätungen in einem ansonsten ungestörten langjährigen Arbeitsverhältnis sind anders zu beurteilen. Hier können allenfalls erst eine ganzen Reihe von Abmahnungen, in denen der Arbeitnehmer darauf hingewiesen wird, dass der Arbeitgeber nicht bereit ist, das Fehlverhalten länger hinzunehmen, zur Kündigung führen. Anders verhält es sich bei mehrfachem unentschuldigten Zuspätkommen um mehrere Stunden in einem frischen Arbeitsverhältnis. Ganz entscheidend ist auch, ob der Betriebsablauf im Unternehmen durch das Zuspätkommen gestört wird.
Je nach Einzelfall kann deshalb bereits beim zweiten unpünktlichen Erscheinen, nachdem das erste Zuspätkommen abgemahnt wurde, eine verhaltensbedingte Kündigung berechtigt sein. In anderen Fällen kann erst das häufige Zuspätkommen und nachdem mehrere Abmahnungen ausgesprochen wurden, zu einer rechtmäßigen Kündigung führen. Wichtig ist dabei auch, wie viel Zeit zwischen den einzelnen Verstößen verstrichen ist. Sind seit der ersten abgemahnten Unpünktlichkeit mehrere Jahre vergangen, so wird bei einer erneuten Unpünktlichkeit in der Regel zunächst eine weitere Abmahnung erforderlich sein, bevor im Wiederholungsfall die Kündigung ausgesprochen werden kann.
(Mehr zur verhaltensbedingten Kündigung können Sie hier lesen.)
Arbeitszeitbetrug kann zur fristlosen Kündigung führen
Einem aber sollten Arbeitnehmer, die zu spät zur Arbeit kommen, wiederstehen: Dem Arbeitszeitbetrug. Wer zu spät kommt, sollte dies dem Vorgesetzten gegenüber ehrlich zugeben und sich entschuldigen. Wer aber falsche Angaben zu seiner Anwesenheit am Arbeitsplatz macht – etwa indem falsche Arbeitszeiten aufgeschrieben werden – kann unter Umständen fristlos gekündigt werden. Je nach Fallgestaltung geht das sogar ohne eine vorherige Abmahnung. Dann verbleibt nicht mal die Chance, das Arbeitsverhältnis durch künftiges Wohlverhalten zu retten.
Was tun bei Abmahnung wegen Unpünktlichkeit?
Wer eine Abmahnung oder Kündigung wegen Zuspätkommens erhält, hat verschiedene Möglichkeiten, zu reagieren. Auf eine Abmahnung hin kann beispielsweise das Gespräch mit dem Arbeitgeber gesucht werden, der Betriebsrat eingeschaltet werden, eine Gegendarstellung geschrieben werden oder Klage auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte vor dem Arbeitsgericht eingereicht werden. Wie Sie sich im Fall einer Abmahnung am besten verhalten, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Lesen Sie hierzu hier unseren Artikel zur Abmahnung.
Was tun bei Kündigung wegen Zuspätkommens? – Die Kündigungsschutzklage
Werden Sie wegen Zuspätkommens gekündigt, haben Sie nur zwei Möglichkeiten: Sie können nichts tun und damit die Kündigung akzeptieren, oder Sie können eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht mit dem Ziel, dass die Unwirksamkeit der Kündigung und damit das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses festgestellt wird, erheben. Der Arbeitgeber muss dann konkret darzulegen und zu beweisen, wann der Arbeitnehmer zu spät gekommen ist und ob es entsprechende Abmahnungen gab. Das Gericht entscheidet im Rahmen der Kündigungsschutzklage darüber, ob die Vorwürfe eine Kündigung rechtfertigen – insbesondere, ob sie verhältnismäßig sind. Gerade an der Frage der Verhältnismäßigkeit scheitern viele Kündigungen. Lassen Sie sich von Ihrem Anwalt für Arbeitsrecht zu den Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage beraten.
Eine Kündigung muss man nicht kampflos hinnehmen!
Gegen eine Kündigung kann man sich in vielen Fällen wehren!
Eine entsprechende Kündigungsschutzklage muss aber innerhalb von drei Wochen beim Arbeitsgericht eingehen. Eine Fristverlängerung ist nur in ganz seltenen Fällen möglich.
Buchen Sie jetzt eine kostenlose, unverbindliche Erstberatung!